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Die verweigerte Wahl im Kosovo

8. Juni 2014

Von den 1,8 Millionen Wahlberechtigten im Kosovo hat weniger als die Hälfte ihre Stimme abgegeben. Hat sich die große Mehrheit der Wahl verweigert - oder zeigen sich hier die Tücken der manipulierten Wählerlisten?

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Wahl im Kosovo (Foto: DW)
Bild: DW/B. Shehu

Die Parlamentswahl endete um 19.00 Uhr (MESZ). Mit ersten Ergebnissen wird ab Mitternacht gerechnet. Die Wahlbeteiligung lag nur bei gut 43 Prozent, teilte die staatliche Wahlkommission in Pristina mit. In den Gebieten der serbischen Minderheit im Norden des Landes sei sie noch deutlich geringer gewesen, berichtet die Serbische Liste als aussichtsreichste Partei. In ersten Kommentaren wird die Wahlverweigerung mit der wirtschaftlichen und sozialen Misere sowie mit der alles beherrschenden Korruption im Land begründet.

Ministerpräsident Thaci hofft auf einen Sieg und damit auf eine dritte Amtszeit im Kosovo. Doch seine Beliebtheitswerte sinken, die Opposition holte auf. In den letzten Umfragen vor derWahl lag Hashim Thacis sozialdemokratische PDK-Partei nur sehr knapp vor der größten Oppositionspartei. Etwa fünf Prozentpunkte trennten sie von den liberal-konservativen Demokraten der LDK, denen ein Stimmenanteil von 25 Prozent vorausgesagt wurde. Die PDK ist belastet von Korruptionsvorwürfen, zahllosen Affären und mutmaßlichen Verbindungen zur Mafia. Zudem gilt das Kosovo, der jüngste europäische Staat, als das Armenhaus Europas.

Ministerpräsident Hashim Thaci im DW-Interview (Foto: DW)
Ministerpräsident Hashim Thaci im DW-InterviewBild: DW/B. Shehu

Der 46-jährige Regierungschef Thaci steht außerdem unter Verdacht, während des Kosovokonflikts 1998/99 Kriegsverbrechen an serbischen Gefangenen begangen zu haben. Der frühere Untergrundkämpfer weist die Vorwürfe zurück. Ein internationales Gericht soll bald Licht ins Dunkel bringen.

Minderheit gegen Mehrheit - und umgekehrt

Ein weiteres großes politisches und gesellschaftliches Problem im mehrheitlich von Albanern bewohnten Kosovo ist der Umgang mit der serbischen Minderheit. Diese hatte zunächst angekündigt, die Wahl zu boykottieren. Auf Druck Belgrads nahm sie die Drohung vor kurzem jedoch zurück.

Die serbische Minderheit, die weniger als zehn Prozent der Bevölkerung im Kosovo stellt, erkennt den seit acht Jahren selbstständigen Staat nicht an. Sie betrachtet ihn weiterhin als südliche Provinz Serbiens.

1,8 Millionen Wahlberechtigte bei 1,8 Millionen Einwohnern?

Ein direktes Problem für die Wahl stellte Experten zufolge die Manipulation dar. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Parteien in der Regel von einigen wenigen Oligarchen abhängig sind. Diese versuchen, durch Stimmenkauf größeren Einfluss auf den Wahlausgang zu nehmen.

Nach Darstellung der staatlichen Wahlkommission waren knapp 1,8 Millionen Bürger stimmberechtigt. Das entspricht ungefähr auch der Einwohnerzahl. Doch auch im Kosovo dürfen beispielsweise Kinder nicht wählen. Beobachter gehen deshalb davon aus, dass die Wählerlisten massiv manipuliert wurden.

Auch die Kommunalwahl war im vergangenen November von Einschüchterungen und Gewalttaten serbischer Extremisten überschattet worden. Zur Sicherung des Friedens in der ehemaligen serbischen Provinz ist die deutsche Bundeswehr als Teil der Nato-Truppe KFOR weiterhin mit knapp 700 Soldaten präsent. Es ist der zweitgrößte Einsatz der Bundeswehr nach Afghanistan.

sosa/rb (rtr, dpa, afp)