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Die Katholiken und ihr Verhältnis zum Sex

Stefan Dege5. September 2014

In Kürze schart Papst Franziskus Bischöfe aus aller Welt um sich. Strittiges Thema: die katholische Lehrmeinung zu Ehe und Familie. Schon jetzt melden sich Reformer und Bewahrer zu Wort. Hat der "Kampf um Rom" begonnen?

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Symbolbild Liebe
Bild: picture-alliance/dpa

Die von Papst Franziskus angestoßene Debatte über die katholische Morallehre ist, nach jüngsten Äußerungen führender Kirchenmänner, wieder voll entbrannt. Im Kern geht es um die Kluft zwischen kirchlicher Lehrmeinung einerseits und dem gelebten Verhalten von Gläubigen andererseits. Empfängnisverhütung, Ehescheidung, Wiederheirat – an vielen solcher Fragen reiben sich Kirche und Kirchenvolk bis heute. Auf Gemeindeebene geht es da längst verständiger zu: Bei Sakramenten etwa für wiederverheiratete Geschiedene drücken viele Pfarrer ein Auge zu.

Reinhard Marx Archivbild
Sexualmoral ec cathedra? Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal MarxBild: picture-alliance/dpa

Neues Öl ins Feuer gießt jetzt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx. In einem Interview der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bekräftigt er das katholische Verständnis von der Unauflöslichkeit der Ehe. Die Kirche sei in dieser Frage an das Wort Jesu gebunden, so der Erzbischof von München und Freising, eine sakramentale Anerkennung somit "ausgeschlossen". Zugleich räumt Marx ein: "Kirche muss sich der Tatsache stellen, dass Ehen scheitern und Familien zerbrechen."

Papst Franziskus setzt auf Demokratisierung

Marx macht auch deutlich: Er will der von Papst Franziskus einberufenen Weltbischofssynode zu Fragen von Ehe und Familie nicht vorgreifen. Im Herbst treffen sich die Bischöfe im Vatikan. Offizieller Titel: „Die pastoralen Herausforderungen im Hinblick auf die Familie im Kontext der Evangelisierung“. Eine zweite Zusammenkunft ist dann im kommenden Jahr vorgesehen. Der Diskussionsprozess dürfte eine wichtige Station bei der Reform der Katholischen Kirche sein. Beobachter gehen davon aus, dass Papst Franziskus auf eine Demokratisierung der Weltkirche setzt.

Eine vernichtende Bilanz der kirchlichen Lehre seit Papst Paul VI zieht unterdessen Johan Bonny, der Bischof von Antwerpen. In einer Denkschrift, die der Deutschen Welle vorliegt, hält der amtierende Bischof den Päpsten Paul VI. und Johannes Paul II. vor, in Fragen von Ehe, Sexualität, Familie und Beziehung mit der Kollegialität von Papst und Bischofskollegium gebrochen zu haben, wie sie auf dem II. Vatikanischen Konzil praktiziert worden sei. So habe beispielsweise Papst Paul VI. 1968 in seinem Lehrschreiben "Humanae Vitae" die Empfängnisverhütung verboten -"quer zum Votum der Expertenkommission, die er selbst ernannt hatte, der Kardinals- und Bischofskommission, die sich mit dieser Frage befasst hatte, des Weltkongresses der Laien von 1967, der großen Mehrheit der Moraltheologen, Ärzte, Wissenschaftler sowie der meisten engagierten Katholiken."

Denkschrift für den Oberhirten

Bischof Bonny, der seit 2009 das Bistum Antwerpen leitet, war zuvor Mitarbeiter des deutschen Kurienkardinals Walter Kasper im Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen. Der Enzyklika "Humanae vitae" wie auch dem Schreiben "Familiaris consortio" (1981) von Johannes Paul II. (1978-2005) wirft Bonny vor, in ihnen nehme die Kirche ihre eigene Tradition nicht ernst, wenn sie für Gewissensentscheidungen keinen Raum lasse und die Lehre von der Eucharistie als "Mittel der Gnade" ignoriere. Bonnys gut 30-seitige Denkschrift soll einem FAZ-Bericht zufolge in den kommenden Tagen Papst Franziskus zugänglich gemacht werden.

Papst Franziskus in Gebet 18.04.2014
Möchte die Kirche demokratisieren: Papst FranziskusBild: Getty Images

Im Vorfeld der Familien-Synode hat der Papst eine Fragenliste an alle Bischöfe und Interessenten verschickt. Die Umfrage wurde weltweit als großer Fortschritt bewertet.