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Die Gesetze gegen rechten Terror reichen aus

Hans Pfeifer29. März 2012

Warum konnten in Deutschland drei Neonazis jahrelang unentdeckt morden? Experten erklären vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages: An den bestehenden Regelungen ist die Aufklärung nicht gescheitert.

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Baden-Wuerttemberg/ Ein Fahnungsplakat mit Fots der mutmasslichen Terroristen Uwe Boehnhardt (v.l.), Uwe Mundlos und Beate Zschaepe haengt am Donnerstag (01.12.11) in Karlsruhe bei einer Pressekonferenz zum Stand der Ermittlungen gegen die rechtsextreme Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) an einem Aufsteller. Das BKA ruft die Bevoelkerung bei den Ermittlungen gegen die NSU die Taeter der Neonazi- Mordserie zur Hilfe auf (Foto: dapd)
BKA fahndet mit Plakat nach RechtsterroristenBild: dapd

Für die Sicherheit seiner Bürger hat Deutschland einen riesigen Verwaltungsapparat aufgebaut. Um rassistische Schläger verhaften und hasserfüllte Neonazis verdeckt beobachten zu können, gibt es allein 36 Sicherheitsbehörden. Die besprechen sich in dutzenden Gremien und verfügen über eine Flut von gemeinsamen Datensammlungen.

Bei der Aufdeckung der Straftaten von drei rechtsextremen Terroristen hat der ganze Apparat dann versagt. Das Trio des selbsternannten "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) konnte zwischen 1998 und 2011 untertauchen und zehn Menschen ermorden. Und das, obwohl Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos schon vorher als Bombenbastler und Hassprediger aufgefallen waren. Woran ist die Aufklärung also gescheitert? Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages bemüht sich seit einigen Wochen darum, die Mängel im deutschen Behördendschungel aufzudecken. Nun hatten die Politiker des Ausschusses die Expertise der Rechtsgelehrten geladen. Und deren Urteil war einhellig: Die deutsche Gesetzgebung reicht für einen erfolgreichen Kampf gegen rechte Terroristen aus.

Das Problem liegt in den Köpfen

Der Leiter des Rechtsterror-Untersuchungsausschusses, der SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy (4.v.r.), der stellvertretende Vorsitzende und Bundestagsabgeordnete Stephan Stracke (CSU, 3.v.r.), Ausschusssekretär Harald Georgii (SPD), die Bundestagsabgeordnete Eva Högl (SPD, r.) und weitere Mitglieder des Ausschusses während einer Sitzung (Foto: dapd)
Wer hat versagt? Seit Februar sucht der NSU-Untersuchungsausschuss Antworten auf drängende FragenBild: dapd

Die Wissenschaftler sehen das Problem vielmehr in den Köpfen der zuständigen Beamten und Politiker. Sie hätten wichtige Informationen entweder falsch bewertet oder aber nicht ausreichend weitergeleitet. "Ich bin nicht überzeugt, dass überhaupt alle Informationen zum 'Nationalsozialistischen Untergrund' in den Dateien waren", kritisiert der Bielefelder Rechtsprofessor Christoph Gusy. Schon im Anfangsstadium scheiterten die Beamten also daran, die Mordtaten zu verhindern: bei der Beschaffung und Bewertung von Informationen.

Das Versagen ging nach Einschätzung der Experten dann nahtlos weiter: Die Strategien der Staatsschützer seien damals schon veraltet gewesen und in Thüringen, der Heimatregion des Mördertrios, hätten es Neonazis geschafft, im Amt für Verfassungsschutz eigene Strukturen aufzubauen. Dagegen hätten auch keine Gesetze geholfen. Der Apparat, die Hardware sozusagen, war also da - das Scheitern lag in den Köpfen der Zuständigen. Ein Softwarefehler also.

Am Ende liegt der wichtigste Beitrag der Rechtsgelehrten ganz außerhalb ihres Expertengebiets. Sie geben der Politik einen Ratschlag als Staatsbürger: Nur wenn die ganze Gesellschaft ein Bewusstsein für die Gefahr von rechts habe, könne der Kampf gegen Rassisten und Hassprediger gewonnen werden.