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Die Erde in 3-D

Dirk Lorenzen10. Dezember 2012

Zwei deutsche Satelliten kreisen im Formationsflug um die Erde. Aus 500 Kilometern Höhe kartieren sie die Erde dreidimensional auf zwei Meter genau. Dafür waren sie für den Deutschen Zukunftspreis 2012 nominiert.

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Eine Computersimulation, die die Radarsatelliten TerraSAR-X und TanDEM-X in engem Formationsflug im Weltall zeigt. (Simulation: Astrium GmbH)
Bild: picture-alliance/dpa

Sie sind das Traumpaar unter den Satelliten: Fünfzehnmal am Tag umrunden TerraSAR-X und TanDEM-X die Erde in einem Formationsflug der besonderen Art. Die beiden Satelliten, jeder etwas größer als ein VW Golf, kreisen in fünfhundert Kilometern Höhe um unseren Planeten und sind dabei nur wenige hundert Meter voneinander entfernt.

Im Gleichschritt tasten sie mir ihren Radarpulsen die Erdoberfläche ab. Motto: Getrennt fliegen, vereint vermessen, erklärt Alberto Moreira, Direktor am Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen: "Wir haben eine Technologie entwickelt, die es erlaubt, zwei Radarsysteme im engen Formationsflug zum Einsatz zu bringen, so dass man in der Lage ist, eine dreidimensionale Abbildung der Erdoberfläche zu erzeugen." Nie zuvor haben die Ingenieure Satelliten auf so raffiniert aufeinander abgestimmte Bahnen gesetzt. Um die gewünschten Daten über die Erde zu bekommen, durften die Satelliten nicht zu dicht und nicht zu weit voneinander entfernt sein.

3D-Blick aus der Umlaufbahn

Durch den etwas unterschiedlichen Blickwinkel der beiden Satelliten erfassen die himmlischen Späher das irdische Gelände in drei Dimensionen - ähnlich wie uns Menschen erst zwei Augen das räumliche Sehen ermöglichen. "Die gesamte Landmasse der Erdoberfläche, das sind 150 Millionen Quadratkilometer, wird zweimal komplett kartiert", erklärt Manfred Zink, Projektleiter TanDEM-X beim DLR in Oberpfaffenhofen.

Die Radargeräte nehmen jeweils Bereiche von typischerweise zwanzig mal vierzig Kilometern Kantenlänge auf - die Erdoberfläche wird so wie ein großer Flickenteppich allmählich komplett abgedeckt. Seit zwei Jahren funken die Satelliten ihre Radardaten zum Boden. Ende kommenden Jahres soll die Hauptarbeit erledigt sein. "Wir brauchen dann noch einmal sechs Monate, um schwierige Gebiete, zum Beispiel Gebirge oder steiles Gelände zu erfassen.“

spitzenforschung

Hightech-Satelliten vom Bodensee

Die beiden Radarsatelliten sind Technologie Made in Germany. Sie wurden im Auftrag des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt bei Astrium in Friedrichshafen gebaut und kreisen seit 2007 bzw. 2010 um die Erde, gestartet jeweils mit russisch-ukranischen Dnepr-Raketen von Baikonur aus. Eckard Settelmeyer, Astrium-Direktor für Erdbeobachtung und Wissenschaft, erklärt, warum man sich für Radarsatelliten entschieden hat: “Der Vorteil von Radar ist ganz einfach: Man ist unabhängig von Wolkenüberdeckungen und Beleuchtungsbedingungen.“

Egal ob es hell oder dunkel ist, klar oder bewölkt - das Satellitendoppel hat die Erde immer perfekt im Blick. Wenn andere Erdbeobachtungssatelliten wegen Dunkelheit oder Nebels den Betrieb einstellen müssen, arbeiten die deutschen Radarsatelliten ungerührt weiter. Das Radarteam strebt eine Präzision der Beobachtungen an, von der man bisher kaum zu träumen gewagt hat, betont Manfred Zink: "Das Ziel der TanDEM-X-Mission ist ein homogenes globales Höhenmodell, wobei auf einem Raster von jeweils zwölf mal zwölf Metern jeweils ein Höhenpunkt geliefert wird - und zwar besser als auf zwei Meter genau."

Viele kommerzielle Anwendungen

Für die Wissenschaftler und Ingenieure bedeutet das viel Arbeit. Denn die Auswertung der Radardaten ist sehr aufwändig. Zudem müssen die Flugbahnen der Satelliten millimetergenau bekannt sein – und das bei einer Geschwindigkeit von etwa 27.000 Kilometern pro Stunde. Lohn der Mühe wird der erste hoch genaue 3D-Globus der Erde sein.

Die Höhendaten lassen sich für viele Zwecke nutzen, etwa für Städte- und Landschaftsplanung, Navigation, den Bau von Überlandleitungen für Strom, Öl und Gas oder für die Einsatzplanung in Katastrophengebieten. Die Daten dienen zudem Wissenschaftlern, um beispielsweise Gletscher, Erdbebenregionen oder Vulkangebiete zu erforschen. Und auch das Militär wird sich für solche Daten brennend interessieren. Die himmlischen Radaraugen ermöglichen dem Team um Manfred Zink buchstäblich einen ganz neuen Blick auf unsere Erde. "Tandem-X ist eine einmalige Kombination aus wissenschaftlicher, technischer Herausforderung und einem Produkt, das die gesamte Menschheit betrifft."

Die öffentlich-private Partnerschaft geht in die nächste Runde

Weil allen Beteiligten von Anfang an klar war, dass man mit diesen Daten viel Geld verdienen kann, ist die Tandem-X-Mission im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft entstanden. An den Kosten von mehr als 200 Millionen Euro hat sich zu etwa einem Viertel die Firma Astrium beteiligt. Im Gegenzug für diesen Beitrag übernimmt die Firma die kommerzielle Vermarktung der Radardaten. Weil so viele Interessenten die Daten nutzen, denkt das Tandem-X-Team bereits an eine Nachfolgemission nach.