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Dick im Geschäft

Daniel Scheschkewitz, Washington DC8. Mai 2003

Im Vorfeld des Irak-Krieges war viel darüber spekuliert worden, welchen Nutzen die US-Ölindustrie aus einem Regimewechsel im Land ziehen könnte. Doch erst jetzt verlassen die wahren Kriegsgewinnler die Deckung.

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Dick Cheney als Kriegsgewinnler?Bild: AP

Im Abgeordnetenbüro von Henry Waxmann, einem Kongressmitglied der Demokratischen Partei aus Kalifornien, schrillten die Alarmglocken: Ausgerechnet das Unternehmen Halliburton sollte im Irak mit einem voluminösen Reparaturauftrag für die Kriegsschäden in der Ölindustrie bedacht werden? Warum gerade Halliburton und nicht andere? Und war der Auftrag überhaupt ordnungsgemäß ausgeschrieben worden? Der Abgeordnete schrieb an den Ingenieurstab der US-Armee im Irak, der den Auftrag vergeben hatte, und erhielt eine bemerkenswerte Antwort.

Auftrag als "Notmaßnahme"

Der Auftrag an die Halliburton–Tochter KBR umfasse Reparaturarbeiten an der irakischen Öl–Infrastruktur sowie die anschließende Inbetriebnahme und Verteilung des geförderten Rohstoffs. Der Auftrag an KBR sei deswegen nicht ausgeschrieben worden, weil es sich um eine Notmaßnahme gehandelt habe. Der Auftrag, der schon Ende März erteilt wurde, könnte Halliburton bis zu sieben Milliarden US-Dollar im Laufe der nächsten beiden Jahre einbringen. Waxmann fordert nun eine Untersuchung des Vorgangs. Der Kongressabgeordnete aus Kalifornien verwies auch darauf, dass der langfristige Vertrag für die Übernahme der Ölförderung durch eine US-Firma im Widerspruch zu den wiederholten Beteuerungen der US-Regierung stehe, das irakische Öl gehöre dem irakischen Volk.

Waxman hatte bereits zuvor kritisiert, dass Halliburton seit den 80er Jahren Geschäfte mit Iran, Irak und Libyen mache und damit gegen das von Washington verhängte Embargo verstoßen habe. Diese Beziehungen hätten auch zwischen 1995 und 2000 bestanden, als der heutige Vizepräsident Dick Cheney das Unternehmen führte, und sie dauern "offenbar heute noch an", wie der Politiker in einem Brief an US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld schrieb.

Regierungssprecher unbeeindruckt

Der Sprecher des Weißen Hauses, Ari Fleischer, zeigt sich unterdessen unbeeindruckt: "Es gibt kaum einen Republikaner, gegen den Waxmann nicht Untersuchungen einleiten will. Ich muss das nicht ernst nehmen", lautet sein schnöder Kommentar. So einfach lässt sich der Vorwurf gegen Cheney jedoch nicht von der Hand weisen.

Der US–Vizepräsident war in der Vergangenheit immer wieder wegen seiner engen Verbindungen zur amerikanischen Ölindustrie in die Kritik geraten. Trotzdem will Cheney, der chronisch herzkrank ist, laut eigener Ankündigung auch bei den Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr wieder als "running mate" (Kandidat für die Vizepräsidentschaft) von Präsident George Bush ins Rennen gehen. Seine Sprecherin bemühte sich inzwischen zu versichern, dass er keine Verbindung mehr zur Ölindustrie habe.

Paradoxe Situation

Im Irak werden derzeit nur etwa 130.000 Barrel (jeweils 159 Liter) Rohöl pro Tag gefördert. Die Fördermenge lag vor dem Krieg bei 2,5 Millionen Barrel täglich. Inzwischen hat sich die US-Besatzungsmacht sogar dazu entschlossen, für die nächsten dreißig Tage raffiniertes Öl zu importieren, um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Diese Situation ist in gewisser Weise paradox. Denn die Rohöltanks im Irak, dem Land mit den zweitgrößten Erdölreserven der Welt nach Saudi-Arabien, sind voll. Aber weil es keine international anerkannte Regierung im Irak gibt, können derzeit keine Exportverträge geschlossen werden.