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Deutschlands TV-Kommissare

Katrin Schlusen2. Juni 2013

Kommissar zu sein ist ein Beruf mit Zukunft - zumindest gilt das für TV-Ermittler, die jung sind, bodenständig, sportlich oder aus Skandinavien kommen. Eine Betrachtung der deutschen Fernsehlandschaft.

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tatort © WoGi
Symbolbild Kriminalität MordBild: Fotolia

Sie sind überall und auf fast jedem deutschen Fernsehsender zu finden. Sie arbeiten in einer "SoKo" (Sonderkommission) oder alleine. Ihre Einsatzorte liegen überall zwischen der Ostseeküste und den Alpen. Dazu kommen noch ihre Kollegen aus dem Ausland, aus Schweden, den USA, aus London und der Provinz "Midsummer". Sie alle sind TV-Ermittler. Und die Fernsehsender lassen sich ihre Arbeit so einiges kosten - die Produktion einer Folge aus der "Tatort"-Reihe kostet laut Branchenmagazin "Funkkorrespondenz" durchschnittlich 1,27 Millionen Euro.

"Tatort" - dieser Titel steht im deutschen Fernsehen seit über 40 Jahren für den Krimi zur besten Sendezeit am Sonntagabend. "Das Wochenende ist schon fast vorbei, aber noch nicht ganz", erklärt Professor Stefan Scherer vom Karlsruher Institut für Technologie. Die Menschen seien dann entspannt und in bester Fernsehlaune. Tatort, ausgestrahlt im Ersten (dem gemeinsamen Programm der ARD-Anstalten), zeigt in loser Reihenfolge Kommissare in unterschiedlichen Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Im Durchschnitt erreiche jede der Folgen sechs bis zehn Millionen Zuschauer, so Scherer.

Til Schweiger als Hauptkommissar Tschiller im "Tatort". Foto: dpa
Til Schweiger als "Tatort"-Kommissar Nick TschillerBild: picture-alliance/dpa

Der Tatort als Fernsehritual

Tatort schauen ist zum Ritual geworden: In Kneipen und in Kinos werden "Public Viewings", öffentliche Vorstellungen, gezeigt. Der neuste Trend ist das sogenannte "Social TV“" - die Zuschauer tauschen sich bei Facebook zu der aktuellen Folge aus. Fast jeden Sonntagabend zählt der Tatort zu den beliebtesten Gesprächsthemen bei Twitter in Deutschland.

Die Macher der Reihe setzen zunehmend auf Komik, und das kommt beim Publikum gut an. Der jüngste Tatort aus Münster, mit Axel Prahl als dem bodenständigen Kommissar Thiel und Jan Josef Liefers in der Rolle des hochnäsigen Rechtsprofessor Boerne, hatte fast 13 Millionen Zuschauer. Ihre komischen Wortgefechte kommen gut an - so dass jetzt auch der Saarländische Rundfunk (SR) auf das Konzept Humor setzt und David Striesow als komischen Kauz, den Kommissar Stellbrink, inszeniert.

Zuletzt wagten sich auch die Tatort-Macher des Norddeutschen Rundfunks (NDR) an ein neues Konzept. Ihr neuer Kommissar bringt Action-Elemente ins Format: Schon in den ersten Minuten erschießt Schauspieler Til Schweiger einen Verdächtigen, springt in fahrende Autos. Nebenbei gesagt: Til Schweiger ist einer der bekanntesten Schauspieler Deutschlands.

Nur wenig Erfolg im Ausland

So erfolgreich die Reihe in Deutschland ist, so schwierig ist ihr Verkauf ins Ausland. Während die ZDF-Krimireihe "Derrick", die zwischen 1973 und 1997 gedreht wurde, in etwa 100 Länder exportiert wurde, ist Tatort dem ausländischen Publikum oft zu regional. Wer nicht aus Deutschland komme, interessiere sich nicht für Niedersachsen oder das Saarland, meint Professor Scherer.

Im Gegensatz dazu gibt es Regionen, von denen die deutschen Zuschauer nicht genug bekommen können: Alle Krimis, die in Skandinavien spielen und oft sehr viel Brutalität zeigen, sind potentielle Publikumserfolge. Im Februar 2013 wurde im ZDF die dritte Staffel der Reihe "Kommissarin Lund - das Verbrechen" ausgestrahlt, ein Import aus Dänemark. "Das Besondere ist, dass sich die Handlung über fünf Folgen erstreckt", erklärt Scherer. "Die Spannung muss aufrecht erhalten werden." Das trauen sich deutsche Drehbuchautoren Scherers Einschätzung nach bislang nicht. Bei "Lund" oder auch dem Mehrteiler "Die Brücke" sei zudem auch die Politik unmittelbar involviert, so Scherer. Das sei bei deutschen Produktionen nicht denkbar.

Kommissarin Lund (Sofie Gråbøl). Copyright: ZDF
Sofie Gråbøl in der dänischen Krimiserie "Kommissarin Lund"Bild: ZDF/Tine Harden

Die Ordnung der Dinge wieder herstellen

Ebenso wenig denkbar ist die Art von manchen britischen Kommissaren, die jetzt auch im deutschen Fernsehen zu sehen sind, wie etwa "Scott und Bailey", deren Ermittlungen im "British Crime Monday" des Digitalsenders ZDFneo laufen. Die beiden Polizistinnen aus Manchester sind alles andere als Sauberfrauen und erzählen auch ihren Liebhabern von vertraulichen Ermittlungen. "Luther" setzt da noch eins drauf: Der Inspektor arbeitet selbst mit einer Mörderin zusammen, wenn es ihm hilft, den Fall zu lösen. Die Grenze zwischen Gut und Böse ist hier fließend.

John Luther (Idris Elba), Copyright: BBC 2010
Hauptdarsteller Idris Elba aus der britischen Krimiserie "Luther"Bild: ZDF/BBC 2010

Wieso geht es nicht ohne Krimi im Fernsehen? "Der Krimi ist ein Sinnbild der bürgerlichen Gesellschaft", erklärt Scherer. Das Verbrechen und die Suche nach dem Täter befriedige den Voyeurismus der Zuschauer und zeige das Monströse. "Die Ordnung der Dinge muss wieder hergestellt und Abweichungen müssen bestraft werden."