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Deutschlands jüngste Bürgermeisterin

Vivien Pieper4. Oktober 2005

In Weilerbach weht frischer Wind ins Rathaus. Dort zieht die 25-jährige Anja Pfeiffer als Deutschlands jüngste Bürgermeisterin ein.

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Anja Pfeiffer, ab Dezember Bürgermeisterin in der Verbandsgemeinde WeilerbachBild: presse

Frauen sind in der deutschen Politik rar. Vor allem Frauen, die so jung sind wie Anja Pfeiffer. Dennoch wurde die 25 Jährige nun zur Bürgermeisterin ihrer Heimatgemeinde Weilerbach bei Kaiserslautern (Rheinland-Pfalz) gewählt. Auch wenn einige Bürger bezweifeln, dass sie ausreichend Lebenserfahung sammeln konnte: Die CDU-Politikerin setzte sich gegen ihre Konkurrenz durch. Damit ist sie ab Dezember die jüngste hauptamtliche Bürgermeisterin Deutschlands.

Lokale Berühmtheiten

Das Dorf Weilerbach hat gerade mal 4500 Einwohner. 500 von ihnen sind Amerikaner, die auf der US-Airbase Rammstein in der Nähe des Dorfes stationiert sind. Da kennt jeder jeden. Obwohl die CDU-Politikerin ihr Amt als Bürgermeisterin erst im Dezember antritt, ist sie im Dorf eine Prominente. Selbst wenn sie es eilig hat: Im Supermarkt oder beim Bäcker wird sie mit Fragen bombardiert. Da wundert sie sich, wie andere Bürgermeister noch zum Einkaufen kommen: "Wahrscheinlich macht das da immer die Frau. Dieses typische Rollenverständnis ist da noch zu Hause, anders als bei mir."

Pfeiffer will keine Hausfrau sein. Ihr Freund Frank Matheis, Rechtsanwalt und Dozent an der Universität, ist zu ihr nach Weilerbach gezogen, in die Einlegerwohnung der Familie Pfeiffer. Er ist stolz auf seine Freundin. Für die Männer in der Dorfkneipe liefert das Paar jedoch ein Menge Gesprächsstoff. Frank Matheis erzählt, dem beißenden Spott entgegne er, indem er sich selbst als "Prinz Phillip" bezeichne. "Der läuft ja bekanntlich immer zwei Schritte hinter der Queen. Vor allem darf er sich rausnehmen, mal die eine oder andere Torheit zu äußern. Mit der Berufung darauf kann ich das eben auch mal tun."

Überraschte Bürger

Einige Weilerbacher müssen sich erst noch an die neue Bürgermeisterin gewöhnen. Die meisten Politiker sind schließlich männlich und haben graue Haare. Auch im Gemeinderat Weilerbachs. Dennoch: Pfeiffer hat sich mit 54 Prozent der Stimmen gegen ihren einzigen Gegner, einen 50-jährigen SPD-Kandidaten, durchgesetzt. Ab Ende des Jahres ist sie für die Verbandsgemeinde Weilerbach, mit ihren insgesamt acht Ortsgemeinden und 18500 Einwohnern verantwortlich.

Der jetzige Bürgermeister, Anton Jung von der SPD, hat aus Altersgründen nicht mehr kandidiert. Er ist seit 18 Jahren im Amt und findet es wichtig, dass mehr Frauen in die Politik gehen. Aber dass eine so junge Frau seine Nachfolge antritt, das sieht er mit gemischten Gefühlen. Die Wahl von Anja Pfeiffer sei für alle seine Gesprächspartner eine Überraschung gewesen, sagt Jung. "Weil die Bürger gesagt haben: Mit 25 Jahren - kann man da eine so verantwortungsvolle Tätigkeit ausüben? Und da denke ich mal, dass viele nicht geglaubt haben, dass die Frau Pfeiffer das schafft."

Amerikanische Freunde zur Kasse bitten

Pfeiffer ist sich sicher, dass sie es sogar gut schaffen wird. Sie lehnt sich entspannt zurück, fährt mit der Hand durch ihr schwarz gefärbtes Haar. Im Wahlkampf ist die zierliche Frau von Tür zu Tür gezogen. Sie kenne die Zweifel der Bürger, habe sie aber dennoch mit ihrem Wahlprogramm überzeugt, sagt sie selbstsicher. Die Hauptpunkte: Sie will den Tourismus in der Region fördern und mehr Kindergartenplätze schaffen.

Außerdem will sie die Privilegien der Amerikaner, die in der Gemeinde wohnen, beschneiden. Obwohl die Angehörigen der amerikanischen Armee keine Steuern in Deutschland zahlen müssen, schicken sie ihre Kinder in Weilerbach in den Kindergarten. Pfeiffer will durchsetzen, dass sie künftig mehr für die Kinderbetreuung zahlen müssen.

Wie sie ihre politischen Ziele durchsetzen kann, hat sie gelernt. Seit sechs Jahren sitzt Anja Pfeiffer im Gemeinderat. Außerdem fühlt sie sich durch ihr Politikstudium und durch die Arbeit bei einer Bundestagsabgeordneten gut auf das Amt der Bürgermeisterin vorbereitet. Woanders mache es etwa ein Automechanikermeister oder ein ehemaliger Verwaltungsangestellter. "Es ist zwar sicherlich einerseits ein Vorteil, wenn man aus der Verwaltung kommt. Andererseits hat man aber auch diese Verwaltungsbrille auf."

Die Zukunft ist offen

Anja Pfeiffer will frischen Wind ins Weilerbacher Rathaus bringen. Die nächsten acht Jahre ist sie als Bürgermeisterin an den Ort gebunden. Die Herausforderungen, die sich ihr stellen werden, nimmt sie gerne an. Ob sie nach den acht Jahren in die große Politik einsteigen wolle? "Darüber mache ich mir jetzt keine Gedanken. Ich bin jetzt Verbandsbürgermeisterin und mache das jetzt sehr gerne. Etwas anderes zu machen kann ich mir im Moment nicht vorstellen."