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Zurück im Menschenrechtsrat

Claudia Witte, Genf24. Februar 2013

Neues Jahr, neue Mitglieder: Die Bremser China und Russland verlassen das UN-Gremium, Deutschland zieht erneut ein. Beobachter erhoffen sich eine wirkungsvollere Arbeit des Rates.

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UN-Menschenrechtsrat in Genf Foto: Denis Balibouse
Bild: Reuters

Deutschland rückt vor. Mit der ersten Sitzung des UN-Menschenrechtsrats im neuen Jahr am Montag (25.02.2013) haben deutsche Diplomaten ihre Plätze ganz vorn im Halbrund des Menschenrechtssaals im Genfer Palais des Nations eingenommen. Das sind die Plätze, die für die 47 Mitgliedsstaaten des Menschenrechtsrats reserviert sind. Alle übrigen Staaten müssen sich als Beobachter mit den hinteren Rängen begnügen.

Zur Ratssitzung war auch Deutschlands Bundespräsident Joachim Gauck eingeladen. In seiner Rede rief er dazu auf, die Verletzung von Menschenrechten weltweit anzuprangern - offen und ohne falsche Rücksichten. Menschenrechtsverletzungen seien unabhängig von Größe und Gewicht eines Landes zu kritisieren, sagte Gauck dem Rat - "auch wenn das manchmal bedeutet, Nachbarn und Freunde zu kritisieren."

Die Tatsache, dass Deutschland nach einer ersten Mitgliedschaft von 2006 bis 2009 jetzt erneut für drei Jahre im Menschenrechtsrat sitzt, ist keine Selbstverständlichkeit. Sie ist das Ergebnis eines spannenden Wahlkampfs innerhalb der westeuropäischen Ländergruppe. Fünf Länder hatten sich um drei frei werdende Plätze beworben. Deutschland ging mit einem Glanzresultat aus dieser Wahl hervor. "Ich meine, dass das hohe Stimmergebnis ein eindeutiger Vertrauensbeweis war, dass Deutschland gerade zwischen den Interessen der verschiedenen Regionen und Regionalgruppen als ein unparteiischer Mittler gesehen wird", sagt Hanns Schumacher, der deutsche Botschafter bei den Vereinten Nationen in Genf.

Fesselungsspuren an den Handgelenken eines 15-jährigen Syrers Foto: Save the Children Deutschland e.V. (dpa)
Menschenrechtsverletzungen in Syrien: Fesselungsspuren an den Handgelenken eines 15-JährigenBild: picture-alliance/dpa

Der Syrien-Test

Die Wahl in den Menschenrechtsrat darf nach Ansicht von Beobachtern als Anerkennung für das aktive Engagement der deutschen Diplomaten in Genf gewertet werden. Deutschland habe sich seinen Platz verdient und befinde sich im aktuellen Menschenrechtsrat in guter Gesellschaft, meint Julie de Rivero, die Direktorin des Genfer Büros der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch: "Wir haben dieses Jahr eine gute Zusammensetzung der Mitgliedschaft. Eine große Zahl von Ländern im Rat bekennt sich zu den Menschenrechten", freut sie sich und formuliert gleichzeitig konkrete Erwartungen: "Damit könnten sich dieses Jahr Möglichkeiten ergeben, die es in der Vergangenheit nicht gab. Deutschland ist hier mit einem sehr guten Team von Diplomaten vertreten, die viel bewirken könnten."

Einen ersten Test hat der neu zusammengesetzte Rat in der Syrien-Frage zu bestehen. Seit Ausbruch der Krise haben Russland und China jeden Versuch einer geschlossenen, resoluten Botschaft des Menschenrechtsrats an die Assad-Regierung mit ihren Nein-Stimmen torpediert. Beide Länder sind 2013 nicht mehr in dem UN-Gremium vertreten.

In seiner neuen Zusammensetzung habe der Menschenrechtsrat die Chance, sich als eine Art Frühwarnsystem für den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu etablieren, meint Beate Rudolf, die Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte in Berlin.

Beate Rudolf Foto: S. Pietschmann (Deutsches Institut für Menschenrechte)
"Frühwarnsystem" Menschenrechtsrat: Beate RudolfBild: Deutsches Institut für Menschenrechte/S. Pietschmann

Deutschland sollte hier eine führende Rolle übernehmen: "Es kann sich dafür einsetzen, dass bei Ländersituationen, die sich problematisch entwickeln, der Menschenrechtsrat schnell Resolutionen verabschiedet und schnell Untersuchungskommissionen einsetzt." Damit könnte dann der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York verstärkt unter Druck stehen, zu handeln.

Drei deutsche Schwerpunkte

Allerdings sieht das Auswärtige Amt in Berlin andere Prioritäten für Deutschland im Menschenrechtsrat. Nach dem Willen der Bundesregierung sollen die deutschen Diplomaten bei ihrem Engagement in Genf drei Schwerpunkte setzen: Und zwar beim Recht auf Wasser und Sanitärversorgung, beim Thema Kindersoldaten und in Sachen Menschenhandel.

"Mit diesen Anliegen könne man nicht viel falsch machen, urteilen Menschenrechtsorganisationen und mahnen mehr Mut zu unbequemen Themen an. "Wir hoffen, dass Deutschland sich im Menschenrechtsrat auch bei Ländersituationen einsetzt", sagt Human-Rights-Watch-Direktorin Julie de Rivero. Wir möchten, dass Deutschland aus seiner Wohlfühlzone mit Themen wie Wasser und Menschenhandel rauskommt." Es seien zweifellos hehre Ziele, die Deutschland verfolge. "Aber die große Herausforderung besteht darin, im Menschenrechtsrat zu konkreten Situationen Stellung zu beziehen."

Julie de Rivero Foto: Claudia Witte (DW)
Möchte, dass Deutschland Stellung bezieht: Julie de RiveroBild: Claudia Witte

Wenn es um Syrien, Nordkorea, Myanmar und Sri Lanka geht, müsse der Rat mit Entschlossenheit reagieren, fordern Nichtregierungsorganisationen. Deutschland solle sein neues Verhandlungsgewicht als Mitglied nutzen, das Gremium zum Handeln zu mobilisieren.

Der deutsche UN-Botschafter Schumacher versichert, dass sich die Bundesrepublik im Menschenrechtsrat aufgeschlossen zeigen wird und auch mit solchen Ländern den Dialog sucht, die ein anderes Verständnis von Menschenrechten haben. "Wir Europäer dürfen nicht als diejenigen erscheinen, die mit festgefasster Meinung zu einem bestimmten Thema anderen ihren Willen aufdrängen", ist er überzeugt. Das sieht auch Beate Rudolf vom Deutschen Institut für Menschenrechte so: "Für die Menschenrechte ist es wichtig, dass sie von Staaten aus aller Welt unterstützt werden."