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Merkel in Japan

Dagmar Engel10. März 2015

Ein Besuch in Japan ist für die deutsche Bundeskanzlerin ein Besuch bei Freunden - eine einfache Sache und für den Normalbürger kein aufregendes Ereignis. Eigentlich. Dagmar Engel war auf der Reise dabei.

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Angela Merkel besichtigt ein Mitsubishi-Werk in Kawasaki (Foto: Reuters/T. Peter)
Bild: Reuters/T. Peter

Am Ende ihres kurzen Japantrips besucht die Bundeskanzlerin noch die Daimler-Tochter Mitsubishi Fuso Truck and Bus Corporation in Kawasaki, schaut sich die Fertigung an, eine Wirtschaftsdelegation begleitet sie, Manager und Arbeiter sind aufgeregt und stolz, alles wie üblich bei einem Arbeitsbesuch der deutschen Regierungschefin in einem befreundeten Land. Alles wie üblich?

Nicht ganz. Gelabelt als abschließendes Vorbereitungstreffen für den G7-Gipfel im Juni in Elmau – bei den anderen fünf Staats- beziehungsweise Regierungschefs der illustren Runde war Angela Merkel bereits in den vergangenen Wochen und Monaten -, wird daraus ein überraschend denkwürdiger Besuch. Und das eigentlich nur, weil die Kanzlerin über Deutschland spricht, über einige Besonderheiten.

Umgang mit der Vergangenheit…

Am deutlichsten schlägt der Umgang der Deutschen mit ihrer Geschichte, mit der Nazi-Vergangenheit, mit dem Holocaust, mit der Anerkennung der Schuld durch. Nur so, sagt Angela Merkel, sei das Vertrauen der Nachbarn, das Vertrauen der Welt in Deutschland zu gewinnen gewesen. Japan diskutiert derzeit, ob es sich auf der internationalen Bühne stärker engagieren soll. Premierminister Abe hat es zu seinem Ziel erklärt, die Verfassung im Punkt Pazifismus zu ändern. Angesichts der vielen Brandherde in der Welt stößt Abe damit durchaus auf Wohlwollen, die unmittelbaren Nachbarn China und Korea aber sehen die Entwicklung mit Sorge: Denn 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs hat Japan seine Vergangenheit, hat seine Kriegsverbrechen, seine Schuld noch nicht aufgearbeitet. Shinzo Abe zöge gern einen Schlussstrich. Sie sei, sagt Angela Merkel, nicht nach Japan gekommen, um zu belehren. Doch Lernstoff bietet sie. "Do mention the war" ("Sprich über den Krieg"), titelt der britische Guardian anerkennend.

…mit den Frauen…

Über die frisch vom Bundestag verabschiedete Frauenquote spricht sie mit einer Hingabe, als wäre es ihre eigene Idee gewesen. Ein extra angesetztes Frühstück mit Frauen in Führungspositionen signalisiert ebenfalls: Die Bundeskanzlerin findet das Thema wichtig. Shinzo Abe hat im Rahmen seiner "Womenomics" die Wiederbelebung einer 30-Prozent-Frauenquote in Aufsichtsräten bis 2020 angekündigt, im Unterschied zu den Deutschen hofft er allerdings auf Freiwilligkeit. Frauen in der Arbeitswelt zu stärken, ist einer der Schwerpunkte auf der G7-Agenda. Alle Industrienationen leiden unter dem demografischen Wandel und dem damit einhergehenden Mangel an Fachkräften, erst damit hat die alte Gleichstellungsdebatte neuen Schwung aus ungewohnten Ecken bekommen. Deutschland hängt noch im hinteren Teil der Rangliste, verglichen mit Japan aber sieht es plötzlich ganz gut aus: Japan belegt den letzten Platz unter den Industrienationen, da bieten die Schilderungen der Bundeskanzlerin von Kitaplatz bis Quotenregelung Anschauungsmaterial.

Angela Merkel mit japanischen Frauen (Foto: Reuters/T. Peter)
Das Gespräch mit Frauen ist Merkel wichtigBild: Reuters/T. Peter

…und der Atomenergie

Die Energiewende in der Erkenntnis der Kanzlerin fand ihren Ursprung hier in Japan: In der Erdbebenkatastrophe, dem folgenden Tsunami und dem GAU im Atomkraftwerk Fukushima vor vier Jahren. Am Anfang ging Japan den Weg in den Ausstieg aus der Atomenergie mit, jetzt, unter der Regierung Abe, werden die ersten Reaktoren wieder angefahren, neue Anlagen geplant. Die Bedingungen Japans als Ressourcen-armer Inselstaat seien anders, erkennt Angela Merkel an, sie sei auch nicht hier, um zu belehren, aber der Atomausstieg und das Stärken der erneuerbaren Energien sei der richtige Weg. Für Deutschland, fügt sie dann noch hinzu. Die Mehrheit der Menschen in Japan ist immer noch gegen die Nutzung der Atomenergie. Von Japan aus sieht Deutschland wunderbar aus.

Fukushima-Reaktor (Foto: CC BY-SA 2.0/IAEA/David Osborn)
Fukushima: Der Beginn der EnergiewendeBild: CC BY-SA 2.0/IAEA/David Osborn