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Deutscher Staat macht Plus

1. September 2014

16,1 Milliarden Euro Überschuss hat der deutsche Staat erwirtschaftet, weil der Arbeitsmarkt brummt. Doch nun trübt sich die Konjunktur ein.

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Wolfgang Schäuble Finanzminister
Bild: picture-alliance/dpa

Finanzminister Wolfgang Schäuble (im Bild) darf sich freuen: Es könnte das dritte Jahr in Folge werden, dass der deutsche Staat mehr Geld einnimmt als ausgibt. Denn Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherungen erzielten im ersten Halbjahr 2014 einen Überschuss von 16,1 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Dies entspricht 1,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP).

Derart viel Geld in der Staatskasse gab es zuletzt im zweiten Halbjahr 2000. Damals verdankte Finanzminister Hans Eichel die Geldschwemme der Versteigerung der UMTS-Mobilfunklizenzen. Unter Wolfgang Schäuble handelt es sich bei dem Überschuss allerdings nicht um einen Sondereffekt.

Zu verdanken sei das Plus "einer sehr günstigen Beschäftigungssituation". Die Arbeitslosenzahlen waren im August zwar etwas mehr gestiegen als in diesem Sommermonat üblich. Die Bundesagentur für Arbeit führte dies aber auf die Ferien zurück, welche dieses Jahr in vielen Bundesländern besonders spät begonnen hatten und im August noch andauerten. In Deutschland sind momentan 6,7 Prozent der Menschen im erwerbsfähigen Alter ohne Job.

Durch den relativ robusten Arbeitsmarkt stiegen die Einnahmen aus der Lohnsteuer und den Beiträgen für die Sozialversicherung kräftig. Besonders der Bund konnte davon profitieren: Er lag in den ersten sechs Monaten mit 4 Milliarden Euro im Plus, und zwar erstmals seit 1991.

Krisen machen sich bemerkbar

Auf längere Sicht könnte der Arbeitsmarkt aber unter Druck geraten, weil die internationalen Krisen wie der Nahost-Konflikt und die Ukraine-Krise das Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal gebremst haben. Das BIP sank im Vergleich zum Vorquartal um 0,2 Prozent.

Erschwerend hinzu kommt, dass allein der Konsum die Wirtschaft belebte. Investitionen jedoch, die vor allem für langfristiges Wachstum sorgen können, gingen zurück. Außerdem bremste der Außenhandel die Konjunktur.

Zur schwachen Investition passt, dass der Maschinenbau auf der Stelle tritt, weil die Inlandsnachfrage nach Maschinen zurückging. Das Neugeschäft stagnierte nach Angaben des Branchenverbandes VDMA im letzten Monat. Die Nachfrage nach Maschinen aus dem Inland sank im Juli im Vergleich zum Vorjahr um sechs Prozent, Auslandsaufträge hingegen stiegen um vier Prozent.

Neue Regeln für die EU

Dank des starken Jahresauftaktes ist das deutsche BIP im gesamten ersten Halbjahr jedoch um 0,8 Prozent gegenüber der zweiten Jahreshälfte 2013 gestiegen.

Erstmals wendete das Bundesamt neue europäische Regeln an, um das BIP zu berechnen. Damit wird die Leistung einer Volkswirtschaft nun auch durch illegale Geschäfte wie Drogenhandel, Zigarettenschmuggel oder Waffenkäufe erhöht. Die wichtigste Änderung betrifft Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Sie gelten nicht mehr als Vorleistungen, sondern als Investitionen und werden somit nicht mehr von der Produktion abgezogen.

Da die Statistiker ihre gesamte Zahlenreihe seit 1991 nach den neuen EU-Regeln aktualisierten, veränderten sich zwar die absoluten Zahlen, nicht aber die Relationen und damit auch nicht die Wachstumraten.

Die neuen Regeln sind vom 1. September an für die Staaten der Europäischen Union verbindlich.

jw/der (dpa, rtrd)