1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Deutscher berät Papst zum Judentum

Martin Rademacher24. Februar 2014

Gregor Maria Hoff berät den Papst in Fragen des Judentums. Der deutsche Theologe lehrt in Salzburg. Im DW-Interview spricht er über das katholisch-jüdische Verhältnis.

https://p.dw.com/p/1BEOH
Deutscher Theologe Gregor Maria Hoff berät Papst zum Judentum
Bild: privat

DW: Herr Professor Hoff, hat Sie die Ernennung zum Papstberater überrascht?

Gregor Maria Hoff: Solche Ernennungen werden natürlich vorbereitet, das hat seinen Vorlauf und nimmt den Weg über die Deutsche Bischofskonferenz. Erste Gespräche gab es hier schon Mitte letzten Jahres, insofern hat mich das nicht komplett überrascht. Aber der Zeitpunkt war überraschend, weil der Papst ja derzeit Kommissionen und Ämter der Kurie neu sortiert.

Welche Aufgaben hat die Kommission für die Beziehungen zum Judentum?

Die Kommission berät den Papst wie zum Beispiel bei der Vorbereitung der Israelreise Benedikts XVI.. Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe von bedeutenden Dokumenten, die von der Kommission veröffentlicht werden. Diese Texte entstehen innerhalb der Kommission und bringen die Positionen der Kirche, von Papst und Vatikan zum Judentum zum Ausdruck.

Als Fundamentaltheologe sind Sie Experte für den Dialog zwischen katholischer Kirche und anderen Religionen. Wo sehen Sie Schwerpunkte, insbesondere in Bezug auf das Judentum?

Als Fundamentaltheologe ist man Generalist. Ich bin ursprünglich kein Experte für die Israeltheologie gewesen, sondern ich betreibe Fundamentaltheologie in einem ganz breiten Themenspektrum. In den letzten zehn Jahren ist dieser Themenbereich dazugekommen. Zum Beispiel geht es um die Frage, ob die Missionierung der Juden für die Kirche ein Thema sein kann. Die katholische Kirche betreibt ja keine Judenmission. Papst Franzsikus betont in seinem ersten Lehrschreiben "Evangelii Gaudium", dass Gott weiterhin im Volk des alten Bundes, also dem von ihm zuerst erwählten, jüdischen Volk Israel wirkt. Eine weitere Frage ist die nach Dreifaltigkeit und Monotheismus. Ich bin also für die harten theologischen Themen mit zuständig.

Wie ist das Verhältnis zwischen Judentum und katholischer Kirche?

Im nächsten Jahr findet das fünfzigjährige Jubiläum der Konstitution "Nostra Aetate" (der Erklärung des Zweiten Vatikanischen Konzils über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen, Anm. d. Red.) statt, die ja einen ganz großen Einschnitt bedeutete. Seitdem haben sich die Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und dem Judentum massiv verändert. Gerade in Deutschland sind die Beziehungen sehr gut und intensiv, das wird auch von jüdischer Seite so gesehen. Aber es hat in den letzten Jahren auch Irritationen gegeben. Eine war die Neuformulierung der Karfreitags-Fürbitte für den tridentinischen Ritus durch Benedikt XVI.. In der gegebenen Fassung halte ich diese Fürbitte für problematisch. Ich würde mir von Franziskus erhoffen, dass er diese Formulierung noch einmal überdenkt.

Das stellt aber keine wirkliche Belastung dar, sondern es zeigt, dass die Beziehungen so gut sind, dass man auch solche Irritationen miteinander austragen kann. Insgesamt würde ich sagen, dass die Beziehungen sehr, sehr gut sind.

Welche Baustellen im Verhältnis Kirche-Judentum gibt es?

Eine wichtige Frage ist die nach der Bedeutung des Staates Israel in seiner Existenz angesichts der theologischen Bedeutung des Landes und der Erwählung des jüdischen Volkes einerseits und des politischen Abgleichs andererseits. Dazu gehört auch die Frage nach dem Existenzrecht des Staates Palästina sowie die Menschenrechtsfragen, die damit verbunden sind. Das ist eine ganz sensible Materie, die zum Teil theologische Fragestellungen berührt, aber auch weitere Implikationen hat. Papst Franziskus wird ja im Mai nach Israel reisen, dabei wird sich zeigen, welche Themen er selbst setzen wird. Franziskus wird den katholisch-jüdischen Beziehungen sicher gut tun, er hat ja auch persönlich sehr starke Beziehungen zu der jüdischen Gemeinde in Buenos Aires.

Was erwarten Sie von der Israelreise des Papstes?

Papst Franziskus wird bestimmt noch einmal einen ganz eigenen Ton und ein bestimmtes Klima in die Gespräche bringen. Darüber hinaus kann ich mir vorstellen, dass er eine programmatische, kurze Ansprache hält mit der Aussage: Gott wirkt weiterhin im Volk des alten Bundes. Und drittens darf man hoffen, dass man zumindest intern auch über brisante Fragen ins Gespräch kommen wird.

Sollte Papst Franziskus im Nahostkonflikt eine bestimmte Haltung einnehmen?

Nein. Einfach deshalb, weil sich hier nicht nur religiöse und theologische Fragen auftun. Der Konflikt ist so sehr politisch durchwoben, dass er sich mit jeder politischen Aussage, die über ein klares Plädoyer für Menschenrechte hinausgeht, in die Brennnesseln setzen würde – dafür hat er keine Expertise.

Was ändert sich im katholisch-jüdischen Dialog gegenüber dem Pontifikat von Benedikt?

Man muss von Franziskus jetzt nicht erwarten, dass hier grundstürzend Neues passiert. Wenn Franziskus den Weg weiter geht, den Johannes Paul II. eingeschlagen hat und dem auch Benedikt XVI. gefolgt ist, dann sind wir gut unterwegs.

Gregor Maria Hoff (50) ist neuer Berater in der päpstlichen Kommission für die Beziehungen im Judentum. Hoff, der aus Mönchengladbach stammt und derzeit den Lehrstuhl für Fundamentaltheologie und Ökumenische Theologie an der Universität Salzburg innehat, folgt damit dem Aachener Theologen Hans Hermann Henrix (72) nach.

Das Interview führte Martin Rademacher.