1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Deutsche Welle beschließt Weichenstellungen

20. Januar 2014

Die Deutsche Welle setzt den Umbau zum globalen Informationsanbieter fort. Im Mittelpunkt stehen Veränderungen bei Sprachangeboten und TV-Magazinen sowie die Einführung neuer Kommentar- und Dialogformate.

https://p.dw.com/p/1AtbO
Peter Limbourg, seit 1. Oktober 2013 Intendant der Deutschen Welle
Intendant Peter LimbourgBild: DW/M. Magunia

„Um unsere Ziele für die kommenden vier Jahre zu erreichen, müssen wir jetzt die programmlichen Voraussetzungen schaffen“, sagte der Intendant am 20. Januar vor Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Berlin und Bonn. Die Geschäftsleitung hatte sich am 17. Januar auf notwendige programmliche Maßnahmen verständigt. „Sie schaffen den Rahmen, in dem wir unsere Vorstellungen von kreativem und modernem Journalismus verwirklichen und uns als globaler Informationsanbieter aus Deutschland positionieren können“, so Limbourg.

Vorgesehen ist die Konzentration auf Englisch und auf erfolgreiche Regionalsprachen. Englisch soll zum journalistischen „Flaggschiff“ und somit zu einem international wettbewerbsfähigen Angebot ausgebaut werden. Die DW will ihre Potenziale in der Zielgruppe der globalen Entscheider und Teilnehmer am politischen Meinungsbildungsprozess ausschöpfen. Gleichzeitig werden im deutschen TV-Kanal die Nachrichtenflächen erweitert und das Programm klarer strukturiert. Der DW-Intendant: „Deutsch bleibt eine wichtige Sprache für die DW.“ Im Online-Bereich wird eine deutschsprachige Community auf dw.de aufgebaut und die Deutschkurse werden ausgebaut.

Für die Neuausrichtung werde die DW intern finanzielle Mittel in die künftigen Schwerpunktvorhaben umschichten, kündigte Limbourg an. Damit werde im Laufe dieses Jahres schrittweise begonnen. „Wir betreiben keinen Kahlschlag, sondern haben ein verantwortungsvolles, intelligentes Konzept entwickelt, das uns ermöglicht, unsere Ziele zu verwirklichen und die hervorragende Regional- und Sprachkompetenz der DW zu erhalten.“

Regionale Prioritäten und prioritäre Sprachen

Die Planungen sehen vor, dass die DW künftig weltweit mit einem starken englischen Angebot präsent ist. Regional konzentriert sie sich auf Asien mit Afghanistan, China und Iran als Schwerpunkte, Afrika, die arabische Welt, Russland, Lateinamerika, die Türkei sowie europäische Krisenländer.

Auf der Grundlage dieser Entscheidungen wird das lineare Fernseh- und Online-Angebot auf Englisch deutlich ausgebaut. Im Fernsehen werden die Informationsflächen erheblich erweitert und die Nachrichtenfrequenz erhöht. Die Zahl der eigenproduzierten Sendungen wird reduziert, die Qualität der verbleibenden Formate gesteigert. Für alle Zielregionen bietet die DW im Fernsehen regionalisierte Inhalte an und erhöht die Anzahl entsprechender Beiträge. Für Asien und Afrika werden inhaltlich Schwerpunkte gesetzt, beispielsweise durch ein Wirtschaftsmagazin für Asien. Die erforderliche Regionalkompetenz wird durch Übernahme von Redakteuren reduzierter beziehungsweise eingestellter Sprachangebote gesichert. Die Social-Media-Aktivitäten in englischer Sprache werden intensiviert, die Radioproduktion wird auf Afrika beschränkt und auf UKW-Partner ausgerichtet.

Auch weiterhin bietet die DW originär produzierte Inhalte in Fernsehen und Internet auf Deutsch an. Allerdings wird hier der Aufwand reduziert und zugleich die Kooperation mit ARD-Landesrundfunkanstalten, ZDF und Deutschlandradio intensiviert. Mit ihrem deutschsprachigen Angebot leistet die DW eine Grundversorgung für alle, die im Ausland leben und die deutsche Sprache sprechen, also auch für die Deutschen und Deutschstämmigen.

Dialogisches Kommentar-/Blog-Format in Regionalsprachen
In mehreren Regionalsprachen stellt die DW das Online-Angebot auf ein personalisiertes, dialogisches Kommentar- beziehungsweise Blog-Format um, das für die mobile Nutzung optimiert wird. Intendant Limbourg: „Wir wollen profilierten Journalismus mit Haltung und suchen den direkten Meinungsaustausch mit unseren Zielgruppen.“ Die derzeitige thematische Breite der Online-Auftritte mit umfassenden aktuellen und hintergründigen Informationen werde aufgegeben zugunsten meinungsstarker Kommentare aus deutscher Perspektive.

„In vielen Ländern sind vielfältige Informationen über Deutschland verfügbar, allerdings fehlt es an Einordnung und Kommentierung. Das ist es, was die Menschen dort vom Auslandssender Deutschlands erwarten. Über pointierte Kommentare zu relevanten globalen, regionalen oder bilateralen Ereignissen und Entwicklungen vermitteln wir unseren Zielgruppen deutsche Positionen und treten in einen Dialog“, so der Intendant. Die DW bleibe damit als journalistische Marke im Zielgebiet verankert und könne ihr Engagement bei Bedarf – etwa im Krisenfall – flexibel ausweiten. Die Regionalkompetenz dieser fremdsprachigen Bereiche bleibt erhalten und wird auch für die englischen Angebote nutzbar gemacht.

Bündelung der Europa-Kompetenzen

Die bisher in einzelnen Redaktionen vorhandene Regionalkompetenz für Europa wird gebündelt. Eine neue Europa-Redaktion wird zum einen regionalisierte Inhalte für die Euro-Krisenländer erarbeiten, zum anderen am Standort Bonn ein bildstarkes, emotional ansprechendes politisches TV-Europa-Magazin produzieren. Es ist Adaptionsvorlage für alle Europa-Sprachen der DW.

Für die weltweiten Zielgebiete wird die DW ihre Aktivitäten regional differenzieren und die Angebote entsprechend verändern.

Strukturell gleichbleibende Angebote

Zahlreiche Regionalsprachen der DW bleiben von strukturellen Veränderungen im Wesentlichen unberührt. Allerdings wird hier weiter daran gearbeitet, die Qualität der Angebote und ihre Nutzung in der Zielgruppe zu steigern. Beispielsweise werden die Social-Media-Aktivitäten weiterentwickelt, mehr Video angeboten und die mobile Nutzung ausgebaut. Dies betrifft bei weitgehend gleichbleibenden Etats die Sprachen Dari, Paschtu, Farsi und Chinesisch, Kisuaheli, Haussa und Amharisch, Arabisch, Spanisch, Portugiesisch für Brasilien, Russisch, Ukrainisch sowie Türkisch, Griechisch und Polnisch.

Strukturell reduzierte Angebote

Für mehrere Sprachen ergeben sich strukturelle Änderungen: Die Online-Angebote auf Albanisch, Bosnisch, Bulgarisch, Kroatisch, Mazedonisch, Rumänisch und Serbisch werden auf ein personalisiertes, dialogisches Kommentar-/Blogformat umgestellt. Die TV-Europa-Magazine in diesen Sprachen bleiben erhalten. Das Radio-Angebot auf Albanisch und Kroatisch wird eingestellt.

Die Zielgruppen in Indien und Pakistan wird die DW künftig vor allem auf Englisch ansprechen. Das TV-Wissenschaftsmagazin Manthan auf Hindi wird beibehalten, die Hindi-Webseite eingestellt. Das Radio-Angebot auf Urdu wird auf das Bildungsprogramm Learning by Ear konzentriert, die Abendschiene im Radio jedoch vorerst beibehalten. Die Radioausstrahlung über Kurzwelle wird ebenso eingestellt wie der Online-Auftritt in Urdu.

Das TV-Wissenschaftsmagazin Inovator auf Indonesisch wird zunächst beibehalten. Geprüft wird die Möglichkeit, Teile des neuen englischen TV-Kanals indonesisch zu untertiteln. Auch hier wird der Aufwand für Online auf ein personalisiertes, dialogisches Kommentar-/Blogformat reduziert. Dies gilt ebenso für die Webseite von Französisch für Afrika. Die Produktion französischer Radiosendungen wird auf UKW-Formate für ausgewählte Partnersender in Afrika zurückgefahren.

Auslaufende Angebote

Einstellen wird die DW ihre Angebote auf Bengalisch und Portugiesisch für Afrika. Allerdings wird die DW die vorhandene Regionalkompetenz sichern und einen Teil der Bengalisch-Mitarbeiter einsetzen, um das englischsprachige TV- und Online-Angebot für Asien zu verstärken. Die Regionalkompetenz des Bereichs Portugiesisch für Afrika bleibt erhalten, indem Mitarbeiter das englischsprachige Angebot für Afrika verstärken. Die Sprachkompetenz wird eingebracht in die Europa-Redaktion und gegebenenfalls in das Angebot Portugiesisch für Brasilien.

Veränderungen bei TV-Magazinen

Auch alle für den linearen Kanal eigenproduzierten TV-Sendungen hat die Geschäftsleitung der DW auf den Prüfstand gestellt. Hauptkriterien waren, wie die Magazine zur Profilbildung der DW beitragen und welches Reichweiten-Potenzial sie besitzen. Im Ergebnis wurde entschieden, künftig auf die Sendungen PopXport, Agenda, World Stories, Germany Today, Insight Germany, People & Politics, Kino, Talking Germany zu verzichten. Dies gilt jeweils für alle Ausgaben dieser Sendungen - im linearen Fernsehens sendet die DW auf Englisch, Deutsch, Spanisch und Arabisch. Die dort behandelten Themen werden zum Teil in anderen Programmflächen behandelt. Grundlegend überarbeitet beziehungsweise neu gestaltet werden das Wirtschaftsmagazin Made in Germany und das Talk-Format Quadriga.

In allen derzeitigen Sprachfassungen erhalten bleiben die Sendungen Euromaxx, Tomorrow Today, Global 3000, In Focus, In Good Shape, Drive it, Shababtalk, On the Pulse, Discover Germany, Shift, Kick Off / Kick Off Countdown, Europe in Concert, European Journal, Arts.21, Business Brief, The New Arab Debates, Claves, Treasures of the World, Close-Up, Faith Matters.

Um die TV-Aktivitäten zu stärken, werden die Einführung interaktiver Formate und eine profilbildende Talkshow angestrebt. Geprüft wird, welche innovativen Ideen und Vorschläge, die aus der Mitarbeiterschaft entwickelt wurden, sich für den linearen TV-Kanal realisieren lassen.

Weitere Schritte

Die Eckpunkte der neuen Strategie und die damit verbundenen Maßnahmen fließen in die Aufgabenplanung 2014 bis 2017 der Deutschen Welle ein. Die Umsetzung wird spätestens beginnen, wenn der Rundfunkrat die Aufgabenplanung formal verabschiedet hat.

In den kommenden Wochen wird die DW im Einzelnen die finanziellen und personellen Konsequenzen der geplanten Maßnahmen klären. In einzelnen Bereichen wie etwa dem Englischen Programm wird es zu einem Personalaufwuchs kommen. In welcher Größenordnung möglicherweise ein Abbau von Personal zu erwarten ist, kann derzeit nicht gesagt werden, da noch unklar ist, wie hoch der Bundeszuschuss an die DW ausfallen wird. Die Geschäftsleitung wird alles unternehmen, so viele Beschäftigte wie möglich zu halten.

20. Januar 2014
06/14