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Deutsche Fotografin in Afghanistan getötet

Waslat Hasrat-Nazimi4. April 2014

Die deutsche Foto-Reporterin Anja Niedringhaus ist einen Tag vor den Präsidentschaftswahlen von einem Attentäter erschossen worden, ihre kanadische Kollegin Kathy Gannon wurde schwer verletzt.

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Zerstörtes Auto der Kriegsfotografin Anja Niedringhaus nach dem Attantat (Foto: DW)
Bild: DW/F.Zahir

Das Attentat ereignete sich nach Angaben des Polizeisprechers der östlichen Provinz Chost, Mubarez Mohammad Zadran, auf dem Gelände eines Kontrollpostens der Polizei. Ein Polizist eröffnete das Feuer auf beiden Journalistinnen, die für die Nachrichtenagentur AP unterwegs waren, während sie im Auto auf dem Rücksitz (s. Artikelbild) saßen. Der Täter hat sich Agenturberichten zufolge gestellt und wird verhört. Das Auto der beiden Frauen gehörte zu einem Konvoi mit weiteren Fahrzeugen, die Wahlzettel an Wahllokale ausliefern sollten, wie der Vizegouverneur der Provinz, Abdul Wahed Pathan, der Deutschen Welle bestätigte.

Der Attentäter habe nach eigener Aussage Rache nehmen wollen für einen Angriff der internationalen Truppen vor einem Jahr im Bezirk Ghorband in Parwan, der Heimat des Polizisten. Der Vizegouverneur äußerte die Vermutung, dass es sich jedoch nicht um einen isolierten Racheakt gehandelt habe, sondern dass die extremistische Haqqani-Gruppe dahinter stecke.

Journalisten in großer Gefahr

Der Übersetzer der Journalistinnen, Arifullah, sagte gegenüber der Deutschen Welle, er habe die Frauen gut gekannt, sie seien sich der heiklen Sicherheitslage immer bewusst gewesen. "Wir wollten heute in den Bezirk Tanai fahren, um die Wahlvorbereitungen zu fotografieren", so Arifullah. "Als wir an einem Polizeistützpunkt warteten, stieg ich aus dem Auto aus und hörte auf einmal Schüsse. Ich drehte mich um und sah, wie die Frauen bluteten", berichtete Arifullah der DW. Er habe mit den beiden Frauen bereits andere Provinzen wie Helmand oder Paktia bereist.

Anja Niedringhaus 2008 bei einer Preisverleihung in Hamburg (Foto: dpa)
Anja Niedringhaus 2008 bei einer Preisverleihung in HamburgBild: picture-alliance/dpa

Der bekannte Journalist und Gründer der ältesten afghanischen Journalistenvereinigung, Fahim Dashty, erklärte gegenüber der DW, die Arbeit von Journalisten in Afghanistan sei immer gefährlich. "Vor allem afghanische Journalisten haben keinen Schutz und sind oft gefährlichen Situationen ausgeliefert. Sie müssen jetzt besonders auf der Hut sein, weil sie ein einfaches Ziel für Angriffe und Anschläge sind."

Tauhidi Seddiqullah von der afghanischen Organisation NAI Media Watch bestätigt das: "Je näher die Wahlen rücken, desto gefährlicher wird es für Journalisten, ihre Arbeit zu tun. Allein seit Beginn 2014 sind drei afghanische und zwei ausländische Journalisten getötet worden." Journalisten seien für den Wahlprozess von großer Bedeutung. Nicht umsonst würden sie von den Taliban bedroht und aufgefordert, keine Berichterstattung über die Wahlen zu machen.

"Gezeigt, was der Krieg für die Menschen bedeutet"

Der deutsche Journalist Thomas Wiegold, der sich vor allem mit Sicherheitspolitik beschäftigt, sagte als Reaktion auf den gewaltsamen Tod seiner Kollegin: "Anja hat auch der deutschen Öffentlichkeit gezeigt, was der Krieg in Afghanistan bedeutet, für die deutschen Soldaten ebenso wie für die Zivilbevölkerung. Ihren Namen werden hier wahrscheinlich nicht viele kennen, aber ihre Bilder. Sie hat nicht den anonymen Krieg fotografiert, sondern Menschen, die sich mit diesem Krieg arrangieren müssen. Das wird fehlen."

Mädchen hilft Bruder von einer Sicherheitsbarriere in Chost (Foto: AP/Niedringhaus)
Einen Tag vor ihrer Ermordung fotografierte Anja Niedringhaus diese Szene in ChostBild: picture-alliance/AP

Anja Niedringhaus war eine der bekanntesten Kriegsfotografinnen und hatte in vielen Ländern, vom Irak bis zum ehemaligen Jugoslawien, gearbeitet, in den vergangenen Jahren vor allem in Afghanistan. 2005 bekam sie den Pulitzerpreis für ihre Berichterstattung aus dem Irak.