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Auslandsschulpreis

Gaby Reucher11. Januar 2015

Immer mehr Schulen kümmern sich um die berufliche Bildung und die Integration von Schülern mit Behinderung. Das Auswärtige Amt hat jetzt deutsche Schulen im Ausland für ihre innovativen Projekte ausgezeichnet.

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Das Bild zeigt Julian mit zwei Schulkameraden
Bild: DSP

Seit fünf Jahren ist Julian auf der deutschen Schule in Pretoria. Er ist der Liebling aller Lehrer und seine Klassenkameraden mögen ihn nicht missen. "Dass wir Julian damals an unserer Schule aufgenommen haben, war ein voller Erfolg", sagt Schulleiter Norbert Klevenz. Julian ist ein Kind mit Behinderung, er hat das sogenannte "Down-Syndrom". Als der Junge an die Schule kam, stand plötzlich das Wort "Inklusion" im Raum. Wie integriert man ein Kind in eine Klasse, das andere Lernbedürfnisse hat als seine Mitschüler? "Damals, als wir Julian aufgenommen haben, hatten wir in dieser Hinsicht noch keine ausgebildeten Lehrer. Wir wollten nur helfen", sagt Klevenz.

Gemeinsam leben und lernen

Die Geschichte von Julian hat die Schule in einem Film verarbeitet, um ihre – mittlerweile fortgeschrittene - Inklusionsarbeit vorzustellen und beim Auswärtigen Amt für den Auslandsschulpreis einzureichen. Im Rahmen der Tagung der Leiter deutscher Auslandsschulen wurden in diesem Jahr sieben innovative Projekte ausgezeichnet. Es ging um die Themen Inklusion und Berufsförderung an deutschen Auslandsschulen. Die Inklusionsarbeit der "Deutschen Schule Pretoria" hat das Auswärtige Amt mit dem zweiten Preis gewürdigt. Nicht zuletzt, weil an dieser Schule Eltern, Lehrer und Schüler gemeinsam überlegen, wie man Schüler mit Behinderung am besten integrieren kann.

Die Arbeit mit allen Beteiligten ist auch Sybille Rohrmann wichtig. Sie ist die Leiterin des deutschen Zweigs an der "Escola Alema Corcovado", der Deutschen Schule Rio de Janeiro, die den ersten Preis für ihre Inklusionsarbeit bekam. Schon seit langem hat man hier versucht, Schüler mit Lernschwierigkeiten aufzufangen. In Brasilien gibt es allerdings seit 2006 auch ein Inklusionsgesetz, dass die Schulen verpflichtet Rahmenbedingungen für den Unterricht mit behinderten Kindern zu schaffen. Die deutsche Schule hat deshalb ein Inklusionsbüro eingerichtet. "Wir haben drei Sonderpädagogen, die bereits frühzeitig Diagnosen erstellen können, die den Fortbildungsbedarf der Lehrkräfte koordinieren und die Lehrpläne entsprechend anpassen", erläutert Sybille Rohrmann.

Mehr als deutsche Sprache lernen

140 privat geführte deutsche Auslandsschulen gibt es mittlerweile in 71 Ländern auf allen Kontinenten. Sie unterrichten nicht nur Schüler deutscher Abstammung, sondern auch einheimische Schüler ohne einen Bezug zu Deutschland. Hinzu kommen 1100 Schulen, die das deutsche Sprachdiplom anbieten. Dabei geht es um mehr als die Vermittlung der deutschen Sprache. Eine große Aufgabe der Schulen ist neben der Inklusion auch zunehmend die berufliche Bildung. In Deutschland gibt es einen Fachkräftemangel. Die Auslandsschulen sollen ihre Schüler deshalb auch für Beruf und Studium in Deutschland interessieren.

Nicht gerade einfach ist das in Argentinien. Die jungen Absolventen sind sehr familiengebunden. "Sie sind auch von ihrem Land sehr überzeugt, weshalb sollen sie dann nach Deutschland gehen?", sagt Agaton Nachtigall, Leiter des Berufsbildungszentrums Buenos Aires. Sieben Schüler der "Deutschen Schule Instituto Ballester" aus Buenos Aires konnten im letzten Jahr zu Ausbildung oder Studium nach Deutschland vermittelt werden. "Für uns ist das ein großer Erfolg", freut sich Agaton Nachtigall. Dabei gehe es gar nicht darum, die Schüler auf Dauer abzuwerben, sondern sie im Austausch einige Monate bei deutschen Firmen schnuppern zu lassen.

Gruppenbild der Preisträger
Leonit (links außen) ist bei der Preisverleihung dabeiBild: Dirk Enters

Beruf macht Schule

Für das Konzept der Schule mit eigenem Berufsbildungszentrum gab es den ersten Preis. Nach ihrem regulären Schulabschluss können die Schüler eine duale Ausbildung anschließen, auch in Zusammenarbeit mit deutschen Firmen, die in Argentinien ansässig sind. Die Berufsschule ist ein Teil der deutschen Schule und bietet drei Ausbildungsberufe im kaufmännischen Bereich an. "Unsere Aufgabe ist es, den Schülern die duale Ausbildung näher zu bringen, sie zu beraten und zu motivieren", sagt Berufsschullehrer Nachtigall.

Schüler für eine Berufsausbildung oder ein Studium in Deutschland zu gewinnen ist am Loyola-Gymnasium in Prizren im Kosovo kein Problem. Die einheimische Schule bietet das deutsche Sprachdiplom an und hat einen guten Ruf. Trotzdem finden die Schulabgänger oft keine geeigneten Ausbildungsmöglichkeiten auf dem albanischen Arbeitsmarkt. "Es gibt wenige Firmen, die Maschinenbau oder eine technische Ausbildung anbieten. Im Studium ist es deshalb viel Theorie und wenig Paxis", sagt Julian, der als einer der wenigen Schüler an der Preisverleihung teilgenommen hat. Immerhin hat seine Schule den zweiten Preis für ihre Berufsförderung bekommen.

Auszubildende für deutsche Betriebe

In Deutschland werden Ingenieure gesucht und auch die Ausbildung in technischen Berufen ist kein Problem. Gerade strukturschwache Regionen wie Ost-Westfalen oder auch Sachsen bemühen sich deshalb auch um Auszubildende aus dem Ausland. Genau da setzt die Ausbildungsinitiative des Loyola-Gymnasiums an. So gibt es schon lange eine Kooperation mit der Drahtweberei Haver & Boecker aus Oelde in Westfalen, wo auch Julian seit zwei Jahren Industriemechaniker lernt.

Die Ausbildungsinitiative der Sprachdiplomschule wurde in den letzten Jahren immer weiter ausgebaut. Ausbildungsleiter Richard Purschwitz sieht den wachsenden Erfolg: "Immer mehr Betriebe springen auf den Zug auf. Es hat sich rumgesprochen, dass die Schüler gut sind." Die Motivation der Berufsanfänger ist groß. "Wer zum Praktikum in einen Betrieb nach Deutschland eingeladen wird, hat seinen Ausbildungsplatz schon so gut wie in der Tasche", sagt Purschwitz. Den Besten winkt außerdem ein Platz an der Fachhochschule Südwestfalen, dort hat auch Leonit jetzt ein duales Studium begonnen. "Ein Mitschüler ist fast fertig mit dem Studium und kann für Tochterfirmen in Kanada und in den USA arbeiten", schwärmt er und hofft natürlich auch, dass Deutschland ihm das Tor zur weiten Welt öffnen wird.