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Deutsch-Türkische Jugendbrücke gestartet

Friedel Taube21. Juni 2014

Jugendprojekte zwischen Deutschland und der Türkei gibt es viele. Jetzt sollen sie in der "Jugendbrücke" zentral koordiniert und ausgebaut werden. In Istanbul gab Außenminister Frank-Walter Steinmeier den Startschuss.

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Deutsch-türkische Jugendbrücke Istanbul Steinmeier (Foto: DW/F. Taube)
Bild: DW/F. Taube

Deutsch-türkische Jugendbrücke

Die Arme locker auf den Tisch gestützt, immer ein Lachen auf den Lippen - der Termin in Istanbul machte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sichtlich Spaß. Gemeinsam mit Mädchen und Jungen aus Deutschland und der Türkei gab der SPD-Politiker am Samstag (21.06.2014) den Startschuss zur "Deutsch-Türkischen Jugendbrücke" - einer Initiative, mit der die beiden Länder den Jugendaustausch fördern wollen. Wer in Zukunft ein Projekt mit jungen Menschen aus beiden Ländern plant, kann sich ab sofort bei der Jugendbrücke um eine Förderung bewerben.

Austausch verfünffachen

"Das Verständnis füreinander kann man nur entwickeln, wenn man weiß, wo der andere herkommt", sagte Steinmeier zum Auftakt in der Sommerresidenz des Generalkonsulats direkt am Bosporus. Zwar gäbe es bereits zahlreiche kleinere Initiativen, durch die sich junge Menschen aus Deutschland und der Türkei begegnen würden - die Jugendbrücke jedoch habe jetzt das Potenzial, die Bemühungen zu bündeln und zu einem "weiteren Leuchtturmprojekt" der Beziehungen zur Türkei zu werden.

Die deutsche Stiftung Mercator hat die Jugendbrücke initiiert - und sich ambitionierte Ziele gesetzt. Besuchen derzeit pro Jahr nur rund 2000 Jugendliche aus Deutschland und der Türkei das jeweils andere Land, will die Stiftung bis 2018 dafür sorgen, dass sich diese Zahl verfünffacht. 2,5 Millionen Euro wendet sie dafür auf - der Rest kommt von privaten, aber auch öffentlichen Stellen aus beiden Ländern.

Mehr als nur Sprachurlaub

Was solche Jugendprogramme bewirken können, zeigten die Jugendlichen, die bei der Feier zum Start dabei waren - so zum Beispiel die 17-jährige Ann-Sophie Popp. Sie verbrachte ein ganzes Schuljahr in der Türkei. Dass sie ausgerechnet in die Türkei wollte, lag nicht nur daran, dass sie eine neue Sprache lernen wollte: Ihr war aufgefallen, dass sie viele türkischstämmige Menschen in ihrem Umfeld kannte, ohne das Land wirklich zu kennen.

Deutsch-türkische Jugendbrücke Istanbul Ann-Sophie Popp (Foto: DW/F. Taube)
Ann-Sophie PoppBild: DW/F. Taube

Der Aufenthalt in der Nähe von Ankara habe ihr Leben auf jeden Fall verändert: "Ich glaube, dass ich offener geworden bin Neuem gegenüber", so Ann-Sophie Popp zur DW. "Ich habe gelernt, Herausforderungen zu meistern, nicht aufzugeben." Denn: Das Heimweh war bei der damals erst 15-Jährigen stark, wegen Visabestimmungen konnte sie die Türkei während des Aufenthaltes aber nicht verlassen.

Türkische Feste

Dass es in der Türkei die gewohnten christlichen Feiertage nicht gibt - auch das sei ihr schwergefallen. Aber, so Ann-Sophie Popp weiter: "Ich habe dafür so viele andere Dinge gesehen. Ich durfte mit meiner Gastfamilie das Opferfest feiern, was großartig war. Ich habe ganz andere Traditionen kennengelernt, die auf jeden Fall eine Bereicherung waren. Dafür verzichtet man auch mal auf Weihnachten".

Türkisch spricht Ann-Sophie Popp inzwischen fließend - bei der Stiftung Mercator hat die Schülerin deshalb mitgeholfen, die Jugendbrücke aus der Taufe zu heben. Ihre Aufgabe ist es dabei vor allem, mit ihrer ganz persönlichen Geschichte bei Gleichaltrigen für die Türkei zu werben.

Deutsch-türkische Band

Doch nicht nur den Schulaustausch hat die Jugendbrücke im Blick. Gefördert werden zum Beispiel auch Musikprojekte. Wie das aussehen kann, zeigte Marie Gleißner, Sängerin der deutsch-türkischen Band "Vira". Die Bandmitglieder hatten sich 2013 bei einem deutsch-türkischen Musikworkshop in Trabzon kennen gelernt. Ihren Song "Das ist Musik" performte die Band zum Startschuss der Jugendbrücke in Istanbul.

Deutsch-türkische Band Vira (Foto: Vira/M. Gleißner)
Die deutsch-türkische Band ViraBild: Vira/M. Gleißner

Die Gruppe besteht aus sechs Mitgliedern und koordiniert ihre Arbeit hauptsächlich über das Internet. Sängerin Marie Gleißner ist die einzige Deutsche neben fünf Türken. "Es geht gar nicht darum, immer gleicher Meinung zu sein oder die gleiche Sprache zu sprechen", so die 16-Jährige zur DW, "der Hauptpunkt ist es, tolerant zu sein und die andere Person anzunehmen, so wie sie ist."

Selbstbewusstsein tanken in der Türkei

Durch das Projekt sei sie aber auch selbstbewusster geworden, sagt Marie Gleißner: "Wenn man weg ist von Zuhause, in einem fremden Land, da kann man einfach mal so sein, wie man sein will. Die anderen Leute kennen dich nicht, haben keine Vorbehalte. Du kannst dich selbst ganz neu entdecken, sehen, wer Du wirklich bist".

Das Musikcamp dauerte zwar nur eineinhalb Wochen. Aber später will Marie Gleißner auch gerne mal länger ins Ausland - vielleicht wird das dann in der Türkei sein. Jetzt hofft sie für die nähere Zukunft erstmal auf neue Gelegenheiten, mit ihren Bandkollegen aus der Türkei aufzutreten oder an neuen Songs zu schreiben. Vielleicht sogar irgendwann auf Türkisch.

Steinmeier: Türkei-Freund der ersten Stunde

Außenminister Steinmeier erzählte den Jugendlichen noch von seinen ganz persönlichen ersten Erfahrungen mit der Türkei. Am Anfang seines Studiums war das, da lernte er einen Türken kennen, der schon bald ein sehr guter Freund wurde und durch den er bereits lange vor seinem Politikerleben das Land am Bosporus kennen und schätzen lernte. Darum gab er den jungen Leuten mit auf den Weg, neugierig zu bleiben: "Manchmal", so Steinmeier, "ergeben sich Begegnungen nämlich ganz zufällig". Die Deutsch-Türkische Jugendbrücke soll dem Zufall dabei in Zukunft etwas auf die Sprünge helfen.