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Mücken gegen Dengue

Vanessa Dreier21. August 2014

Brasilien ist das Land mit den meisten Dengue-Erkrankungen weltweit. Seit 2000 wurden sieben Millionen Fälle verzeichnet. Eine neue Waffe soll im Kampf gegen das Tropenfieber helfen: Die gentechnisch veränderte Mücke.

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Aedes Mücke Überträger des Dengue Fiebers Gelbfiebermücke (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Weltweit infizieren sich zwischen 50 und 100 Millionen Menschen jährlich mit Dengue. Die Infektion äußert sich durch Fieber, Kopf- und Gelenkschmerzen. In schweren Fällen treten infektiöse Fiebererkrankungen mit Blutungen auf - ein Prozent der an Dengue-Erkrankten stirbt daran. Dengue-Fieber ist laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die sich am schnellsten verbreitende von Moskitos übertragene Krankheit weltweit.

Das Dengue-Virus wird durch die Weibchen der Mückenart Aedis aegypti übertragen, die zuvor das Blut einer infizierten Person gesaugt haben. Zwischen Januar und Juli sind allein in Brasilien 249 Menschen an dem Virus gestorben.

Das größte südamerikanische Land setzt jetzt auf genetisch veränderte Mücken, mit dem Ziel die Anzahl der Dengue-Mücken erheblich zu reduzieren. Forscher des britischen Biotechnologie-Unternehmens Oxitec fügen den männlichen Stechmücken zwei zusätzliche Gene ein.

Sobald die genetisch veränderten Mückenmännchen ausgewachsen sind werden sie freigelassen, um sich mit den naturbelassenen Weibchen zu paaren. Die Nachkommen des Weibchens sind aufgrund der veränderten Gene nicht überlebensfähig - sie sterben bereits im Larvenstadium.

Gezüchtet werden die Labormücken in einer Fabrik in der Stadt Campinas im Bundesstaat São Paulo. Bis zu zehn Millionen Gentech-Mücken können pro Monat herangezogen werden.

Infografik über Dengue-Fieber in Lateinamerika 2013
Dengue-Fieber in Südamerika 2013

Mit Gentechnik gegen das Virus

Die brasilianische Biosicherheitskommission (CTNBio) hat bereits im April den Einsatz der Oxitec-Mücken bewilligt. Es war das erste Mal, dass die Aufzucht von einem genetisch veränderten Insekt in Brasilien zugelassen wurde. Mit diesem Status wird die neue Mücke als sicher für Umwelt, Mensch und Tier eingestuft.

Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die genetisch veränderten Insekten großflächig eingesetzt werden. Auf Anfrage bestätigte das Gesundheitsamt ANVISA, dass derzeit Fragen zu Sicherheit und Wirksamkeit der genmanipulierten Mücken überprüft werden. Wann die endgültige Genehmigung erteilt werden soll, steht noch nicht fest.

"Mit steigender Anzahl von genetisch veränderten Mücken, könnte die Wildpopulation komplett ausgelöscht werden", sagt der Mikrobiologe Anthony A. James der Universität von Kalifornien in Irvine. Das Ergebnis von Freilandtests ist beeindruckend: Im Forschungsgebiet im nordöstlichen Bundesstaat Bahia verringerte sich die Wildpopulation der Dengue-Mücken um bis zu 90 Prozent.

Genetisch modifizierte Dengue-Mücken werden in Bahia freigelassen (Foto: Imprensa/MOSCAMED)
Genetisch modifizierte Dengue-Mücken werden in Bahia freigelassenBild: Imprensa/MOSCAMED

Weniger Mücken, weniger Infektionen

"Negative Auswirkungen durch den Einsatz der genmanipulierten Mücken sind nicht bekannt", erklärt der Mikrobiologe James. Das Risiko sich mit Dengue zu infizieren stehe in direktem Verhältnis zur Anzahl der Mücken, denen der Mensch ausgesetzt sei. "Weniger Bisse durch Mücken bedeuten eine geringere Übertragung von Dengue", so der Wissenschaftler.

Doch es gibt auch kritische Stimmen gegenüber der gentechnisch veränderten Mücke. Jonas Schmidt-Chanasit, Virologe am Bernhard-Nocht Institut für Tropenmedizin in Hamburg, verweist auf mögliche ökologische Folgen, die durch die Dezimierung der Mückenart Aedes aegypti verursacht werden können.

"Die Labormücke übt enormen Druck auf das Dengue-Virus aus, es können Mutationen entstehen", betont der Forscher. "Der Krankheitserreger könnte sich an andere Stechmückenarten anpassen." Eine solche Mutation konnte bereits bei anderen Viren beobachtet werden. Es ist nicht auszuschließen, dass das Dengue-Virus später von anderen Mückenarten übertragen wird.

Brasilien als Pionier

Dengue tritt vor allem in tropischen und subtropischen Regionen auf. Laut WHO hat die Übertragung in den letzten Jahren überwiegend in Städten stattgefunden. Die Erkrankung entwickelt sich zu einem riesigen internationalen Gesundheitsproblem.

Auch Länder im asiatischen und afrikanischen Raum haben mit steigenden Dengue-Infektionen zu kämpfen. Der Verlauf des Vorreiter-Projekts in Brasilien ist für die Regionen von hoher Bedeutung. "Es besteht international großes Interesse, aber über den Einsatz muss von Land zu Land entschieden werden, da die Ausgangssituationen sehr unterschiedlich sind", sagt der Virologe Schmidt-Chanasit.

Der Einsatz der genmanipulierten Mücke hat seinen Preis: Zwischen 670.000 und 1,6 Millionen Euro müsste eine Stadt mit 50.000 Einwohnern investieren. In den Folgejahren fallen weitere 300.000 Euro an, um die Zahl der Mücken dauerhaft zu reduzieren. Bei positivem Testverlauf wäre dies eine große Herausforderung für die Entwicklungs- und Schwellenländer.

Stadtansicht Niteroi Rio de Janeiro Vorort
Für etwa 10 Millionen Euro wäre die Stadt Niteroi ihre Mücken los - erstmalBild: imago/Kai Bienert