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Der FIFA-Sumpf – Afrika mittendrin?

Antonio Cascais29. Mai 2015

Wenn an diesem Freitag der künftige FIFA-Präsident gewählt wird, hat der Amtsinhaber die Stimmen Afrikas schon sicher: Der Chef von Afrikas Fußballverband garantiert Joseph Blatter alle 54 Stimmen seines Kontinents.

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Joseph Blatter und Issa Hayatou (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/Messara

Mit der afrikanischen Zusage, die schon mehr als die Hälfte der nötigen Stimmen bedeutet, und dazu den meisten Stimmen aus Asien und Südamerika dürfte der Schweizer seine Wiederwahl gesichert haben - trotz des Korruptionsskandals um die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaften 2018 und 2022. Während in Europa UEFA-Chef Michel Platini auf den Rücktritt Blatters drängt, stellt sich der afrikanische Fußballverband CAF mit seinem Präsidenten Issa Hayatou (im Artikelbild links) gegen Rufe nach einer Verschiebung der Wahl.

Der Internationale Fußballbund sei "eine der respektiertesten und bestorganisierten Institutionen weltweit", sagte Aminu Maigari der Deutschen Welle. Bis 2014 war er Präsident des nigerianischen Fußballbunds NFF. Von den aktuellen Vorwürfen wolle er nichts mehr hören. "Was sich unter den FIFA-Funktionären abspielt, ist unglücklich. Ich hoffe, dass sich das in der Geschichte des Weltfußballs niemals wiederholt."

Fußball Nationalmannschaft Kapverden (Foto: DW/Daniel Almeida)
Die kapverdische Nationalmannschaft spielt auf FIFA-RasenBild: DW/Daniel Almeida

Ein Herz für afrikanischen Fußball?

Was macht Joseph Blatter für Afrikaner so unwiderstehlich? Der Kapverdische Sportjournalist Daniel Almeida hat für das große Ansehen, das Blatter in Afrika auch bei den afrikanischen Sportreportern genießt, eine einfache Erklärung: "Viele von uns sind der Meinung, dass die internationale Aufwertung des afrikanischen Fußballs in den vergangenen Jahren vor allem Blatter zu verdanken ist. Denn schließlich wurde in der Blatter-Ära die Zahl der afrikanischen Teilnehmer an den Weltmeisterschaften erhöht. Es wurde auch viel in die Verbesserung der Qualität des afrikanischen Fußballs investiert."

Almeida betont im Gespräch mit der DW, dass sich Blatter vor allem auch für den kapverdischen Fußball eingesetzt habe. Wie die meisten anderen afrikanischen Fußballnationen hätten die Kapverden im Rahmen des sogenannten "Gol"-Programms der FIFA viel Entwicklungshilfe für neue Infrastrukturen bekommen: "Bis 2007 gab es auf den Kapverden keinen einzigen Rasenplatz. Und heute haben wir 17 Fußballplätze mit Kunstrasen, allesamt von der FIFA mitfinanziert und zertifiziert."

TV-Dokumentation: Die Spur der Korruption führt nach Afrika

Tatsächlich werden Infrastrukturprojekte in Afrika von der FIFA großzügig finanziert. Doch ein Teil der Gelder fließt offenbar nicht in Trainingsplätze und Ausbildungsprojekte, sondern in die Taschen afrikanischer Verbandsfunktionäre. So "kaufe" sich Blatter die Unterstützung der Afrikaner. Das ist das Fazit einer ARD-Dokumentation mit dem Titel "Der verkaufte Fußball". Der Film beschreibt, wie ein Teil der Entwicklungshilfegelder der FIFA von afrikanischen Verbandsfunktionären veruntreut wird. Belastet wird unter anderen der kenianische Verbandspräsident Sam Nyamweya.

Auch der ehemalige FIFA-Direktor Guido Tognoni weiss, wie sich Verbandspräsident Blatter "mit der Vergabe der Entwicklungshilfegelder" eine große Loyalität von den afrikanischen Verbänden bei den Wahlen sichert: "Dass vieles mit diesen Entwicklungshilfegeldern im Argen liegt, dass nicht jeder Dollar oder jeder Euro auf dem Fußballplatz landet, ist offensichtlich."

WAFU-Präsident Amos Adamu (Foto: Reuters)
Von der FIFA wegen Korruptionsverdachts suspendiert: Amos AdamuBild: Getty Images/AFP/K. Sia

Blatters loyale "Stimmenfänger" in Afrika

In Europa und den USA ist Blatters Reputation am Nullpunkt angelangt. In Afrika jedoch scheint sie weitgehend intakt zu sein. Der FIFA-Präsident kann sich vor allem auf die Verbandsfunktionäre verlassen, allen voran auf den kamerunischen FIFA-Vize und Präsidenten des afrikanischen Fußballverbands: Issa Hayatou machte beim vorangegangenen UEFA-Kongress deutlich, dass Blatter "in Afrika nie auf fremdem Gebiet" sei: "Blatter ist in Afrika zu Hause."

Der FIFA-Chef habe zudem die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 nach Südafrika aktiv angeschoben. Dafür sei man ihm in Afrika heute noch dankbar.

WM 2010: Südafrika weist Bestechungsvorwürfe zurück

Auch bei der WM-Vergabe an Südafrika soll es nicht mit rechten Dingen zugegangen sein: Dem US-Justizministerium zufolge soll Südafrika den Weltverband FIFA mit zehn Millionen US-Dollar bestochen haben, um den Zuschlag zu bekommen. Der südafrikanische Fußballverband SAFA betonte immer wieder, alles sei strikt nach den Regeln abgelaufen.

Am Donnerstag meldete sich der südafrikanische Sportminister zu Wort: Fikile Mbalula wies im Namen seiner Regierung alle Vorwürfe zurück: "Wir haben niemals Geld an irgendeinen FIFA-Delegierten transferiert. Unsere Regierung hat niemanden mit zehn Millionen oder irgendeiner anderen Summe bestochen." Südafrika werde die Korruption, wo auch immer sie sich bemerkbar mache, stets bekämpfen.

Südafrikas Sportminister Fikile Mbalula (Foto: Reuters)
"Strikt nach den Regeln": Südafrikas Sportminister Fikile MbalulaBild: Reuters/S. Sibeko

Bestechungsgelder für afrikanische Funktionäre?

Konkretere Vorwürfe gegen afrikanische Fußballfunktionäre werden im Zusammenhang mit der Vergabe der WM 2022 an Katar laut: In der ARD-Dokumentation behauptet Phaedra Almajid, frühere Pressechefin des Bewerbungs-Komitees Katar 2022, dass FIFA-Vize Issa Hayatou ebenso wie der ivorische Fußballverbandschef Jaques Anouma und der bereits suspendierte Amos Adamu aus Nigeria je 1,5 Millionen Dollar erhalten hätten, damit sie für die WM 2022 in Katar abstimmten.

Almajid, die laut eigener Aussage bei den "Verhandlungen" dabei war, gibt in der Doku zu Protokoll: "Es war bizarr. Es scheint einfach zu sein, jemanden zu bestechen." So sei den drei Herren zunächst eine Million Dollar geboten worden. Das sei denen zu wenig gewesen. Deshalb sei auf 1,5 Millionen erhöht worden.

Blatter: Wiederwahl dank Afrika?

Für FIFA-Chef Blatter kommen die neuen Korruptionsvorwürfe sowie die jüngsten Festnahmen mehrerer FIFA-Offizieller zu einem ungünstigen Zeitpunkt. In wenigen Stunden tritt er für eine fünfte Amtszeit an. Nach den Rücktritten des früheren Portugal-Stars Luis Figo und des Holländers Michael van Praag hat Blatter mit dem jordanischen Prinz Ali bin al-Hussein nur noch einen Gegenkandidaten.

Allerdings geht Blatter als klarer Favorit in die Abstimmung – auch weil ihn die afrikanischen Vertreter vorbehaltlos unterstützen.

Mitarbeit: Ado Abdullahi Hazzad