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Hagencord: Sei christlich zu Tieren!

Anastassia Boutsko13. Mai 2013

Das Institut für Theologische Zoologie in Münster verteidigt die Würde der Tiere. Keine einfache Aufgabe in Zeiten von Salami-Pizza.

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Holzskulptur aus dem 18. Jh. in Münster Copyright: R.Hagencord

Hat der Frosch eine Seele? "Ja", sagt Rainer Hagencord. Der katholische Priester und Zoologe ist Mitbegründer und einziger fester Mitarbeiter des Instituts für Theologische Zoologie in Münster. "Es kommt entscheidend darauf an", sagt er, "was man unter einer Seele versteht." Und so glaubt Hagencord an die Beseeltheit von "allem, was das Leben hält".

Er hat Respekt vor dem Frosch und sieht sich selbst als dessen Mitgeschöpf. Auch Hund und Katze, Rind, Schwein und Huhn hält Hagencord für "beseelte Produkte der Evolution". Aber darf man Mitgeschöpfe als Kotelett verzehren? - Solche Fragen bestätigen Hagencord in seinem Tun. An ihnen erkennt er die notwendige Umkehr der Gesellschaft. Viel zu lange, meint er,  haben die Menschen zu wenig über Zusammenhänge nachgedacht - zwischen Fleischwurst und Putenstreifen einerseits und dem Grundgedanken des Christentums andererseits - dem Respekt vor dem Leben. Da gebe es "Menschen, die viel genauer wissen wollen, was mit ihrem Auto in der Werkstatt passiert, und auch gerne bereit sind, dafür tief in ihr Portemonnaie zu greifen, denen es aber völlig egal ist, was auf dieser Pizza oder jener Fleischwurst ist. Das ist eine unfassbare Gedankenlosigkeit und auch Dummheit, die mich ärgert."

Ein Frosch sitzt auf einem Stein, aufgenommen im brandenburgischen Sieversdorf (Oder-Spree) am 27.07.2010. Foto: Patrick Pleul
Kein verwunschener Prinz, dafür eine Frosch mit Seele, sagen die Zoo-Theologen.Bild: picture-alliance/dpa

Das Münsteraner Institut für Theologische Zoologie kümmert sich - analog zur theologischen Anthropologie - um eine theologische Würdigung des Tieres. Es ist angelegt als ein disziplinüberschreitendes Projekt. Theologie und Zoologie sollen ins Gespräch kommen: "Wir wollen mit den Naturwissenschaften auf Augenhöhe reden", sagt Hagencord. "die Natur soll nicht nur Labor sein, sondern Theologie und Philosophiegeschichte sollen mit bedacht werden"

ARCHIV - Wurst aus Pferdefleisch liegt am 11.02.2013 in München (Bayern) in der Auslage einer Pferdemetzgerei. In Bayern ist die Nachfrage nach Pferdefleisch deutlich gestiegen. Foto: Stephan Jansen/dpa (zu dpa-Umfrage: «Nachfrage nach Pferdefleisch stark gestiegen» vom 09.03.2013) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Mitgeschöpfe, zu Wurst verarbeitet. Zoo-Theologen werben für mehr Respekt vor der Würde des Tieres.Bild: picture-alliance/dpa

Der Bischof von Münster, Felix Genn, hat den 50-jährigen Hagencord eigens für diese Aufgabe frei gestellt - keine Selbstverständlichkeit in Zeiten des Priestermangels. Die katholische Kirche setzt damit auch ein Zeichen, nachdem sie sich lange aus Diskussionen um Massentierhaltung und Gammelfleisch herausgehalten hat. Die Bedeutung des Themas wächst.

Fast jeden Tag, so Hagencord, könnte er Vorträge halten. Er ist als Redner von Hochschulen und Bürgerinitiativen gefragt. Einmal hat der "Tier-Priester" sogar vor einem Bundestag-Ausschuss gesprochen. Damit nicht genug: Einer der größten deutschen Schlachtbetriebe Deutschlands wollte ihn für eine Stiftung gewinnen. Doch Hagencord lehnte ab, obwohl sein Ein-Mann-Institut auf Spenden und Sponsoren angewiesen ist. "Ich wollte kein Feigenblatt" sein, sagt er . 

Rainer Hagencord ist Vegetarier, aber kein Ideologe. "Vegetarismus ist keine zwingende Voraussetzung für das Seelenheil eines gottsuchenden Menschen", glaubt er. Schließlich sei auch Jesus kein Vegetarier gewesen. Fleisch dürfe nur nicht so alltäglich sein wie etwa Brot, Obst und Gemüse. "Das Essen von Fleisch hat immer auch eine religiöse, spirituelle Dimension!"

Respekt ist das Zauberwort, auf das es Hagencord ankommt: Ein Sonntagsbraten in Ehren darf also schon mal sein, doch bitteschön verspeist mit Freude und Respekt vor Gottes Schöpfung.