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Denkmal für Deserteure in Wien

24. Oktober 2014

Ein überdimensionales, dreistufiges X liegt nun am Wiener Ballhausplatz. 70 Jahre nach Kriegsende hat der österreichische Bundespräsident Fischer ein Denkmal für Deserteure eingeweiht.

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Denkmal für die Opfer der NS-Militärjustiz in Wien (Foto: Reuters/Leonhard Foeger)
Bild: Reuters/Leonhard Foeger

Lange Zeit galten die Deserteure der Wehrmacht in Österreich als Verräter. Mit dem Denkmal in Wiener Bestlage wird der Sinneswandel eindrucksvoll dokumentiert. Den Deserteuren ist nun ein prominentes Denkmal gesetzt worden.

Die vom deutschen Bildhauer Olaf Nicolai entworfene dreistufige Treppenskulptur in Form eines "X" wurde am Wiener Ballhausplatz - dem Machtzentrum der Alpenrepublik - enthüllt. Die sei ein "politisch, historisch, menschlich und moralisch" wichtiger Akt des Gedenkens an die Opfer der NS-Militärjustiz, sagte Bundespräsident Heinz Fischer. Dabei betonte er den Unterschied zwischen der Desertion aus der Armee des Nazi-Regimes und aus Armeen von Rechtsstaaten. "Es ist ehrenhaft, in der Auseinandersetzung mit einer brutalen und menschenverachtenden Diktatur seinem Gewissen zu folgen."

Die NS-Militärrichter hatten während des Zweiten Weltkriegs rund 30.000 Todesurteile gegen Deserteure, Kriegsdienstverweigerer und Selbstverstümmler gesprochen. Darunter waren auch etwa 2000 Österreicher.

Denkmal für die Opfer der NS-Militärjustiz in Wien (Foto: Reuters/Leonhard Foeger)
Bundespräsident Fischer (r) und der Bildhauer Olaf NicolaiBild: Reuters/Leonhard Foeger

"Man muss sich entschuldigen und schämen"

Dass Österreich erst 70 Jahre nach Kriegsende die Opfergruppe der Deserteure und Kriegsdienstverweigerer ehre und sie lange als "Verräter" abgestempelt habe, sei sehr bedauerlich, sagte Fischer. "Das ist etwas, wofür man sich entschuldigen und schämen muss." Zur Eröffnung sprach auch der inzwischen 92-jährige Deserteur Richard Wadani. Er habe 1944 seinen Wechsel auf die Seite der Alliierten als "Moment der Befreiung" erlebt, sagte er.

Der Anstoß für das Projekt war vom "Personenkomitee Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz" gekommen, unterstützt unter anderem von Literatur-Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, dem Schriftsteller Josef Hader oder dem Künstler André Heller. Die rot-grüne Wiener Landesregierung hatte die Idee ins Koalitionsprogramm aufgenommen.

In Deutschland sind seit den 1980er Jahren etwa 30 Deserteurs-Denkmäler und Gedenktafeln aufgestellt worden.

pg/gri (dpa, afp)