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Deckel für Managergehälter

Martin Koch4. März 2013

Die Schweizer haben sich in einer Volksabstimmung für eine Begrenzung von Managergehältern ausgesprochen. Für Deutschland wäre eine solche Maßnahme sowohl wirtschaftlich als auch ethisch problematisch.

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Ausgerechnet die Schweizer! Das Land der Banken und Großkonzerne will den Spitzenmanagern der Wirtschaft künftig keine unbegrenzt hohen Gehälter mehr erlauben. Die Volksabstimmung der Eidgenossen hat auch in Deutschland die Diskussion über Recht und Berechtigung hoher Spitzengehälter neu entfacht. Parteienübergreifend begrüßten Vertreter von Koalition und Opposition die Schweizer Entscheidung und forderten auch für Deutschland strengere Regeln. Unterschiede gibt es lediglich in der Frage, ob dafür der Gesetzgeber oder die Unternehmen verantwortlich sein sollten.

Schweizer Verhältnisse nicht übertragbar

Für die Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) ist klar, dass die Aktionäre eines Unternehmens dafür verantwortlich sein müssen, wie viel ihr Spitzenpersonal verdient. Allerdings müssten einige Bedingungen erfüllt sein, sagt DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler im DW-Interview: "Es ist Sache der Eigentümer, darüber zu entscheiden. Und dann muss der Eigentümer, also der Aktionär, auch die Verantwortung tragen und sagen 'Ja, ich bin bereit dazu, dass unser Vorstand x-Millionen Euro verdient im Maximalfall'." Das Gehaltskonzept müsse jedoch zuvor vom Aufsichtsrat erarbeitet und vorgeschlagen werden.So aufsehenerregend das Votum der Schweizer auf den ersten Blick auch sei, so sehr müsse man darauf achten, nicht Dinge zu vergleichen, die nicht vergleichbar sind, mahnt Tüngler. Im Gegensatz zu dem in Deutschland üblichen zweistufigen System in der Unternehmensführung säßen in der Schweiz Vorstand und kontrollierende Organe meist gemeinsam in einem Verwaltungsrat. Die Eidgenossen hätten jetzt einen sehr radikalen Schnitt vor, der in der Bundesrepublik jedoch schon seit zehn Jahren diskutiert und in diversen gesetzlichen Regelungen umgesetzt worden sei, zum Beispiel durch den seit 2002 gültigen Corporate Governance Kodex. Mit ihm sollen die in Deutschland geltenden Regeln für die Leitung und die Überwachung von Unternehmen für nationale wie internationale Investoren transparent gemacht werden, um so das Vertrauen in die Unternehmensführung deutscher Gesellschaften zu stärken.

Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der DSW Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (Foto: DSW)
Marc Tüngler: EU-Vorgaben wären die beste LösungBild: DSW

Gesellschaftliche Veränderungen

Das Durchschnittseinkommen eines vollbeschäftigten Arbeitnehmers in Deutschland beträgt laut Statistischem Bundesamt pro Jahr rund 28.000 Euro. Für das Gehalt von VW-Chef Martin Winterkorn von 16,6 Millionen Euro müsste dieser durchschnittliche Arbeitnehmer also fast 593 Jahre arbeiten. Doch der reine Zahlenvergleich greift zu kurz, sagt Birger Priddat von der Universität Witten-Herdecke. Die Deutschen hätten nichts dagegen, wenn herausragende Leistungen auch gut honoriert würden - doch darum gehe es hier schon lange nicht mehr. Der Professor für Volkswirtschaftslehre und Philosophie vergleicht im Gespräch mit der DW die Großkonzerne und Banken mit absolutistischen Herrschern, die dadurch glänzten, dass sie nach außen Überfluss und Reichtum demonstrierten: "Es geht um Reputation: Im Verhältnis zu Anderen darf unser Mann nicht weniger verdienen, weil sonst unsere Firma schlechter bewertet wird als andere. Denn wenn wir schon glauben, dass wir nicht so wertvoll sind, dann glauben die andern das auch." Auf diese Weise schaukelten sich die Unternehmen bei den Managergehältern gegenseitig hoch.Jahrzehntelang hätten die Leute dieses Prinzip mitgetragen, weil sie gerne Mitglied dieser vermeintlich starken Wirtschaftsgesellschaft waren. Aber spätestens seit Ausbruch der Finanzkrise 2008, die ja noch lange nicht zu Ende sei, habe ein Umdenken in der Gesellschaft eingesetzt, so Priddat. Exorbitant hohe Managergehälter seien nicht mehr durchzusetzen. Der Wirtschaftsexperte vergleicht es mit dem Moment, wenn hinter die Fassade geblickt und entdeckt wird, dass alles doch nur schöner Schein war: "Plötzlich erkennt man, dass die ja im Grunde gar nichts leisten oder sogar betrügerisch tätig sind oder aufgrund von Tätigkeiten, die ihr normaler Job sind, plötzlich Gelder bekommen, die nicht zu rechtfertigen sind." Und wenn die jahrzehntelange Loyalität der einfachen Arbeiter mit den gut verdienenden Konzernchefs zerbricht, weil nicht mehr klar ist, ob die Führungsetage wirklich im Sinne aller handele, dann könne es zu verstärkten Protesten der Belegschaft bis hin zu Streiks kommen, meint Priddat.

Professor Birger Priddat, Lehrstuhl für Politische Ökonomie, Universität Witten/Herdecke (Foto: privat)
Birger Priddat: Managergehälter richten sich nicht nach Leistung, sondern nach ReputationBild: Private Universität Witten/Herdecke GmbH

Tendenz zur Selbstüberschätzung

Schnelle Auswirkungen auf die Politik hierzulande erwartet der Professor der Uni Witten-Herdecke trotz der heftigen Diskussionen über das Schweizer Referendum nicht: "Die Deutschen trauen sich nicht, die werden Brüssel machen lassen. Ist ja viel besser, dieses Banden-Spiel: "Sorry, wir haben's nicht gemacht, aber wir müssen Brüssel durchsetzen'." Tatsächlich hat die EU-Kommission einen eigenen Vorschlag zum Thema Managergehälter bis zum Jahresende angekündigt.

Für Marc Tüngler von der DSW wäre eine Vorgabe durch die EU die beste Lösung: "Dann würden wir flächendeckend für Europa Regelungen bekommen, und dann müssten wir auch nicht mehr groß in Sorge sein, dass uns zu viele gute Leute abhandenkommen."

Tatsächlich heißt es immer wieder, Manager würden ins Ausland abwandern wollen, falls ihre Gehälter in Deutschland gedeckelt würden. Für Birger Priddat zeugen solche Drohungen von einer gewissen Selbstüberschätzung: "Diese deutschen Manager mit ihrer deutschen Mentalität, auch wenn sie schon etwas internationale Erfahrungen gesammelt haben, die sind auf dem internationalen Markt auch nicht so viel wert wie sie glauben. Ich glaube nicht, dass wenn 8000 Manager sagen, jetzt gehen wir raus, dass die Nachfrage für sie international so groß ist, dass sie die Gehälter kriegen, die sie sich vorstellen."