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Zuckermolekül in Muttermilch lässt Baby-Gehirn wachsen

4. August 2023

Für die Gehirnentwicklung des Babys könnte das in der Muttermilch enthaltene Zuckermolekül Myo-Inositol wesentlich sein, so das Ergebnis einer Studie. Die Erkenntnis könnte dazu beitragen, Ersatzmilch zu verbessern.

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Baby liegt an der Brust und wird gestillt.
Muttermilch enthält mehr als 2000 Proteine, verschiedene Mikronährstoffe und Antikörper, die das Kind vor Infektionen schützen.Bild: Katie Collins/empics/picture alliance

Stillen hat verschiedene gesundheitliche Vorteile - sowohl für die Mutter als auch für das neugeborene Kind. So enthält die Muttermilch verschiedene Antikörper, die das noch unausgereifte Immunsystem des Säuglings vor Infektionen schützen. Stillende Mütter wiederum haben ein geringeres Risiko für Brust- und Eierstockkrebs und Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus.

Forschende des Human Nutrition Research Center on Aging (HNRCA) der Tufts University in Massachusetts, USA, haben nun einen Zusammenhang zwischen dem in der Muttermilch enthaltenen Zuckermolekül Myo-Inositol und der Hirnentwicklung des Babys entdeckt. Demnach ist dieser Mikronährstoff vor allem während der ersten Monate der Stillzeit hoch dosiert in der Muttermilch zu finden - genau dann, wenn sich auch die neuronalen Verbindungen im Gehirn des Kindes besonders schnell entwickeln. Die Studie wurde im Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Science" veröffentlicht.

Die Forschenden untersuchten Muttermilchproben gesunder Mütter, die im Rahmen der sogenannten Global Exploration of Human Milk (GEHM) Studie in Mexiko City, Cincinnati und Shanghai gesammelt wurden. Die Konzentration des Myo-Inositols zeigte sich dabei unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit und dem sozialen Hintergrund der Mutter, der beispielsweise Auswirkungen auf die Ernährungsgewohnheiten haben kann.

Weitere Tests an Nagetieren und menschlichen Neuronen zeigten, dass Myo-Inositol sowohl die Größe als auch die Anzahl der neuronalen Verbindungen im sich entwickelnden Gehirn erhöht. 

Mikronährstoffe gelangen schnell ins Baby-Gehirn

"Die Bildung und Verfeinerung der Hirnvernetzung wird von Geburt an von genetischen und umweltbedingten Kräften, sowie menschlichen Erfahrungen gesteuert", sagt Thomas Biederer, leitender Wissenschaftler im Team für Neurowissenschaften und Altern am HNRCA und Hauptautor der Studie in einer Pressemitteilung der Universität. Der Einfluss dieser Faktoren sei vor allem in zwei Lebensphasen besonders entscheidend: während des Kleinkindalters und mit zunehmendem Alter, wenn synaptische Verbindungen nach und nach verloren gehen. 

Ernährung und Nährstoffversorgung könnten für die Entwicklung von Säuglingen und Kleinkindern eine besonders entscheidende Rolle spielen, weil ihre Blut-Hirn-Schranke durchlässiger ist als bei Erwachsenen und Mikronährstoffe aus der Nahrung so leichter ins Gehirn gelangen. "Als Neurowissenschaftler ist es für mich faszinierend, wie tiefgreifend die Auswirkungen von Mikronährstoffen auf das Gehirn sind", sagt Biederer. 

Stillen - Muttermilch ist Babys Superfood

Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass das Inositol-Level im Gehirn mit zunehmender Entwicklung des Kindes abnimmt. Bei Erwachsenen, die unter starken Depressionen oder bipolaren Störungen leiden, fanden Wissenschaftler einen niedrigeren Inositol-Spiegel als bei gesunden Erwachsenen. Allerdings ist bisher unklar, ob das niedrige Inositol-Level der Grund für die Krankheiten ist oder möglicherweise eine Nebenwirkung der Medikamente, die zur Behandlung eingesetzt werden.

Das Zuckermolekül Myo-Inositol kommt in bestimmten Getreidesorten sowie in Bohnen, Kleie und Melonen vor. Aufgrund der noch offenen Fragen rät Biederer erwachsenen Menschen zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht, besonders auf ihren Myo-Inositol-Konsum zu achten. Anders ist das für den Neurowissenschaftler bei Säuglingen, die nicht gestillt werden. Die Erkenntnisse der Untersuchung könnten dazu beitragen, die Rezepturen von Ersatzmilch zu verbessern.

 

DW Mitarbeiterportrait | Julia Vergin
Julia Vergin Teamleiterin in der Wissenschaftsredaktion mit besonderem Interesse für Psychologie und Gesundheit.