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Ab in die Kiste

Klaus Deuse2. August 2014

Zusammenfalten, unter den Arm klemmen und umziehen. Drei Jungunternehmer aus Berlin haben ein Bett für moderne Nomaden erfunden - ganz aus Pappe.

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Lionel Palm, Gerald Dissen und Christian Hinse, die Gründer von "Room in a box" (Foto: Room in a box)
Lionel Palm, Gerald Dissen und Christian Hinse, die Gründer von "Room in a box"Bild: "Room in a box"

Es gibt Dinge, die kann man nicht neu erfinden - wie etwa das Rad oder auch das Bett. Für findige Köpfe bietet ein Bett jedoch Möglichkeiten, auf vermeintlich ungewöhnliche Materialien zurückzugreifen, die neue Konstruktionen zulassen. So haben Absolventen der Universität Witten/Herdecke rund ums Bett einen Weg gefunden, einen Umzug im wahrsten Sinne des Wortes zu erleichtern: Sie verwenden einfach Wellpappe. Ins Absatz-Visier hat das Startup-Unternehmen #link:http://roominabox.de/:Room in a Box# einen Kundenkreis genommen, von dem Mobilität erwartet wird und der schon einmal häufiger die Wohnung wechselt. Dazu gehören insbesondere Studenten.

Dieses Bett, sagt Unternehmensgründer Lionel Palm, "ist auf jeden Fall Studenten-affin, weil es ein supertransportables Material ist." Zum einen lassen sich Wellpappen-Möbel sehr flach zusammenfalten und stellen kein Problem beim Aufbau dar. Zum anderen sind sie so leicht, dass man sie mit der Post verschicken kann. Und was bei einem Studenten-Budget besonders zählt: "Sie sind auch noch erschwinglich", so Palm.

Faltbares Pappbett von "Room in a box" (Foto: Simon Baucks)
Bild: Simon Baucks

Zwei Bettvarianten haben die Unternehmensgründer Lionel Palm, Gerald Dissen und Christian Hinse im Programm - und zwar in der Höhe von 20 und 40 Zentimetern. Beide Ausführungen besitzen die Grundmaße 200 mal 140 Zentimeter. Abhängig von der Höhe kostet so ein Bett knapp 100 beziehungsweise 130 Euro.

Matratze drauf - und fertig

Natürlich, betont Gerald Dissen, habe man den Markt sondiert, bevor man sich zur Unternehmensgründung entschlossen habe. Das Ergebnis: Es gibt eine Nachfrage nach ihrem Betten-Konzept. Das bestätigte den Jungunternehmern eine Crowdfunding-Kampagne, bei der mit der Bestellung von 130 Betten das erforderliche Startkapital zusammen kam.

Überzeugt hat die Kunden nach Einschätzung von Lionel Palm offenbar vor allem die Konstruktion: Denn im Unterschied zu preisgünstigen Mitnahmemöbeln gibt es beim Aufbau des Wellpappen-Bettes selbst für ungeübte Heimwerker kein Problem. "Unser Bett kommt bereits aufgebaut nach Hause und es lässt sich ganz einfach wie eine Ziehharmonika auseinander ziehen. Man legt die Matratze drauf - und fertig ist es."

Zwar gibt es bereits diverse Möbel aus Wellpappe auf dem Markt. Doch dabei handele es sich letztlich um Holzimitate, zu deren Konstruktion auch noch eine Reihe von anderen Materialien gehört. Im Unterschied dazu setzen die Jungunternehmer komplett auf Wellpappe - aus praktischen, aber auch aus ökologischen Gründen. Ihr Ansatz, so Gerald Dissen, lautete: "Wie kann ich Möbel bauen, die aus anderen Rohstoffen so gar nicht herzustellen sind."

Faltbares Pappbett von "Room in a box" in der Draufsicht (Foto: Simon Baucks)
Auseinander ziehen - und fertigBild: Simon Baucks

Das Wellpappen-Bett basiert aus einem Geflecht von Pappscharnieren. Nach dem Ziehharmonika-System entsteht daraus mit wenigen Handgriffen die fertige Liegestatt. Eine solche Konstruktion, fügt Gerald Dissen an, könne man vielleicht auch mit bestimmten Kunststoffen oder mit besonderen Sonderverbundstoffen hinbekommen. "Aber aus normalen Materialien, die sonst im Möbelbau genutzt werden, ist das gar nicht möglich."

Härtetest mit 26 Bett-Hüpfern

Heraus kam ein nachhaltiges Bett ohne Chemikalien, Lacke, Metall- oder Kunststoffteile. Die Wellpappe, die "Room in a Box" verarbeitet, besteht zu 85 Prozent aus Recycling-Anteilen und zu 15 Prozent aus Frischfasern. Und da man keine Wegwerfmöbel herstellt, verwendet das Unternehmen eine Wellpappe von hoher Qualität, die in der Form nicht im Einzelhandel erhältlich ist. Die Pappe, die die Betten-Bauer von einem deutschen Hersteller beziehen, ist vor allem umweltfreundlicher und stabiler als der Stoff, der bei der Produktion von Verpackungskartons eingesetzt wird.

Verarbeitet werden bei der höheren Bettausführung rund 16 Quadratmeter Wellpappe. An der Stabilität lassen die Jungunternehmer nach einem Härtetest übrigens keinen Zweifel aufkommen. "Wir hatten da 26 hüpfende Leute drauf", beschreibt Gerald Dissen diesen Test mit einem Schmunzeln. "Das sind ungefähr 1,5 Tonnen", sagt er, "das heißt, man kann auch voll funktionsfähige Möbel aus dem Material herstellen."

Die Lebensdauer dieser Liegestätte der etwas anderen Art, die bei Umzügen leicht zusammen- und wieder auseinanderzuziehen ist, liegt bei zehn Jahren. Und damit nicht Trittbrettfahrer diese von ihnen entdeckten Vorzüge der Wellpappe ausschlachten, haben die Jungunternehmer Vorsorge getroffen und ihre Konstruktion zum Patent angemeldet.

Eine Matratze lehnt an der Wand (Foto: Simon Baucks)
Nur die Matratze bleibt sperrigBild: Simon Baucks

Pappe bietet noch mehr Potenzial

In der Wellpappe steckt für "Room in a Box"-Mitgründer Lionel Palm aber noch mehr Potenzial. Und zwar für die Möblierung eines ganzen Zimmers. Ergänzen wird das Team das Programm alsbald um einen Schreibtisch, einen Stuhl und ein Regal. Sozusagen die studentische Grundausstattung, wobei der Schreibtisch eine besondere Funktion aufweist: man kann mit Whiteboard-Markern darauf schreiben - und es wieder wegwischen. Eben wie auf einem Whiteboard im Vorlesungssaal. Mit einem Schwämmchen ist das auf der präparierten Fläche kein Problem.

Was das Bett betriff, genügt es zum Staubsauger zu greifen und die Seitenflächen abzusaugen. Und da die Liegestatt kaum etwas wiegt, lässt sie sich ohne großen Aufwand verschieben oder anheben, um auch darunter zu saugen. Wenn der moderne Student das denn wünscht. Wollmäuse hätten unter diesem Bett jedenfalls keine Chance.