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Vorsichtiges Aufatmen in Juba

Hilke Fischer19. Dezember 2013

Nach tagelangen Kämpfen ist es in der Hauptstadt des Südsudans zuletzt ruhig geblieben. In den Krankenhäusern sind die Helfer im Dauereinsatz. Doch es gibt Berichte über Gewalt in anderen Regionen des Landes.

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Flüchtlinge in Juba (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Toby Lanzer klingt zuversichtlich. Den halben Tag lang ist der Nothilfekoordinator der Vereinten Nationen durch die Hauptstadt des Südsudans gefahren, durch alle Viertel, um sich selbst ein Bild von der Lage in der Stadt zu machen. In den vergangenen Tagen hatte es immer wieder heftige Kämpfe in Juba gegeben. "Es hat Mut gemacht, zu sehen, dass viele Leute auf den Straßen waren, zu Fuß, auf Motorrädern, selbst in Autos - gerade am Stadtrand, wo die Gewalt besonders schlimm war." Geschäfte und Tankstellen hätten wieder geöffnet, berichtet Lanzer am Mittwoch. Auch der Flughafen wird wieder von internationalen Fluggesellschaften angeflogen. "Ich hoffe, dass wir das Schlimmste hinter uns haben, wenigstens in der Hauptstadt."

Aber die Ruhe könnte trügerisch sein: "Die Lage bleibt unbeständig, viele Gerüchte machen die Runde. Niemandem ist so richtig klar, was da passiert", sagt Cynthia Lee, Sprecherin des Internationalen Roten Kreuzes in Juba. Auch an diesem Nachmittag hat Lee wieder Schüsse gehört. Und selbst wenn es in Juba weitgehend ruhig geblieben ist: Die schweren Unruhen haben sich mittlerweile auf andere Landesteile ausgeweitet. Eine Gruppe von Rebellen habe im nordöstlichen Bundesstaat Jonglei einen Flughafen und eine Kaserne unter ihre Kontrolle gebracht, meldete ein örtlicher Journalist der Nachrichtenagentur dpa. "Unsere Teams in den verschiedenen Landesteilen versuchen gerade herauszufinden, was genau da passiert", sagt Rot-Kreuz-Sprecherin Lee.

Unter den Zivilisten, die von der UN in Juba versorgt werden, ist auch dieser kleine Junge (Foto: Reuters)
Unter den Zivilisten, die von der UN in Juba versorgt werden, ist auch dieser kleine JungeBild: Reuters

Überlastete Krankenhäuser in Juba

Von Normalität spricht auch in Juba niemand. "Die Leute stehen unter Schock. Es wird sicherlich noch einige Tage dauern, bis sie tatsächlich zum Alltag zurückkehren können", stellt UN-Helfer Lanzer fest. Noch immer suchen rund 20.000 Menschen Schutz in den Stützpunkten der Blauhelmsoldaten der Vereinten Nationen. "Die Menschen haben große Angst", sagt Lanzer. Sie könnten aber so lange bleiben, bis sie sich zu Hause wieder in Sicherheit wähnten.

Andere haben sich auf das Gelände der anglikanischen Kathedrale in Juba geflüchtet. Mit 18 Familienmitgliedern sei sie die zehn Kilometer von ihrem Zuhause dorthin gerannt, berichtet Sebit Albino der UN-Nachrichtenagentur IRIN. Jetzt habe sie in dem Zeltlager nachts mit der Kälte zu kämpfen, denn ihr Gepäck musste sie zurücklassen. Auch etwas zu essen zu bekommen, sei schwierig.

Insgesamt rund 20.000 Menschen haben bei den UN-Blauhelmen bisher Schutz gesucht (Foto: dpa)
Insgesamt rund 20.000 Menschen haben bei den UN-Blauhelmen bisher Schutz gesuchtBild: picture-alliance/dpa

Unterdessen ist das medizinische Personal des Roten Kreuzes in den Krankenhäusern Jubas ununterbrochen im Einsatz. Innerhalb von wenigen Tagen hätten sie mehr als 300 Patienten bekommen, erzählt Cynthia Lee. "Jetzt, wo der Flughafen wieder offen ist, versuchen wir, weitere Chirurgenteams ins Land zu holen."

Angst vor einem Bürgerkrieg

Die Ursachen für die Kämpfe, die am vergangenen Sonntag ausbrachen, sind nach wie vor nicht restlos aufgeklärt. Die UN schätzen die Zahl der Todesopfer auf 400 bis 500. Genaue Zahlen gibt es nicht. Zahlreiche Staaten, darunter auch Deutschland, haben ihre Bürger aus dem Südsudan ausgeflogen. Südsudans Präsident Salva Kiir spricht von einem Umsturzversuch, hinter dem sein Rivale und ehemaliger Vize-Präsident Riek Machar stecke. Zahlreiche Unterstützer Machars aus der Führungsriege der Regierungspartei SPLM wurden in den vergangenen Tagen verhaftet. Machar selbst ist untergetaucht. Gegenüber der Website "Sudan Tribune" bestritt er, dass ein Putschversuch stattgefunden habe. Er sprach stattdessen von "Missverständnissen" zwischen Soldaten innerhalb der Präsidentengarde.

Sowohl Kiir als auch Machar verfügen als ehemalige Kriegsherren innerhalb der zur Armee umgewandelten Rebellenbewegung über loyale Gefolgschaften. Sorge bereitet Beobachtern, dass sich diese Gefolgschaft weitgehend an der ethnischen Zugehörigkeit orientiert. Der Machtkampf in der SPLM zwischen Kiir und Machar drohe daher, sich zu einem Bürgerkrieg zwischen deren Volksgruppen, den Dinka und den Nur, auszuweiten, warnte der Erzbischof von Juba, Paulino Lukudu Loro, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Dieser Trend müsse "sofort gestoppt werden, bevor er sich ausbreitet", sagte der Bischof.

Karte des Südsudan (Grafik: DW)
Berichten zufolge hat die Gewalt inzwischen auf den Bundesstaat Jonglei übergegriffen