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Verhärtete Fronten in Montreux

22. Januar 2014

Die Erwartungen an die zweite Syrien-Konferenz waren ohnehin gering. Zum Auftakt in Montreux liefern sich die Konfliktparteien einen heftigen Schlagabtausch. Aggressive Maximalforderungen erschweren eine Annäherung.

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Außenminister Steinmeiner auf der Konferenz in Montreux (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Syrien-Konferenz in Montreux

Schon kurz nach Beginn der Syrien-Konferenz am Genfer See sind Vertreter der syrischen Regierung und der Opposition aneinandergeraten. Außenminister Wallid Muallem und der Präsident der Syrischen Nationalen Koalition, Ahmad al-Dscharba, machten sich in Montreux gegenseitig für das unaufhörliche Blutvergießen verantwortlich. Muallem beschuldigte die Oppositionskräfte, aus "Terroristen" zu bestehen, die Syrien in das Verderben stürzen wollten. Und er warnte vor einem Übergreifen des Konflikts auf die gesamte Region. Nur dem syrischen Volks stehe es zu, über die Legitimität seines Präsidenten zu entscheiden, betonte der Minister.

Dscharba wiederum bezichtigte Staatschef Baschar al-Assad, seine "wahnsinnigen Ideen" mit gnadenloser Gewalt zu verfolgen. Er erinnerte daran, dass die Einheiten des Assad-Regimes die zunächst friedlichen Proteste im Jahr 2011 mit brutaler Waffengewalt niedergeschlagen hätten. Al-Dscharba sagte, er werde keine Gespräche darüber akzeptieren, dass Assad an der Macht bleibe. Dieser sei für Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich.

Syrien-Konferenz in Montreux

Der Appell von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon schien da schon verhallt zu sein. Er hatte das Treffen, das die Vereinten Nationen und Russland seit Monaten sorgsam vorbereitet hatten, kurz zuvor mit einem eindringlichen Aufruf zu einer politischen Lösung eröffnet. "Heute ist ein Tag der echten Hoffnung", sagte Ban. "Große Herausforderungen liegen vor uns, aber sie sind nicht unüberwindbar." In Montreux sitzen sich erstmals Vertreter der Exil-Opposition und der Assad-Regierung am Verhandlungstisch gegenüber. An der eintägigen Konferenz nehmen zudem Vertreter von rund 40 Staaten sowie internationaler Organisationen teil. Zum Abschluss der eintägigen Eröffnungsrunde rief Ban die Teilnehmer auf, ernsthaft auf eine Lösung des Konflikts hinzuarbeiten. Ab Freitag sollen beide Seiten am Sitz der Vereinten Nationen im benachbarten Genf in konkrete Verhandlungen treten.

Was wird aus Assad?

Als zentraler Streitpunkt kristallisierte sich in Montreux rasch der Zwist um die politische Zukunft Assads heraus. US-Außenminister John Kerry forderte den Abgang des syrischen Machthabers. Dieser könne nicht in einer neuen Übergangsregierung vertreten sein. Assad habe durch seine Gräueltaten gegen das eigene Volk jegliche Legitimation verloren.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow betonte dagegen, das Ausland dürfe sich nicht in die inneren Angelegenheiten Syriens einmischen. Er meinte, die Verhandlungen würden nicht einfach, und sie würden nicht schnell zu einer friedlichen Lösung führen. Die Konferenz müsse jedoch den "tragischen Konflikt" beenden, um ein Übergreifen auf die gesamte Region zu vermeiden. Er verlangte, dass der Iran, der neben Russland wichtigste Verbündete Assads, an der Konferenz teilnimmt. Die USA und Teile der Opposition lehnen dies ab.

Iran ein- und ausgeladen

Der iranische Präsident Hasan Ruhani sagte, die Konferenz sei schon vor Beginn gescheitert. Da einflussreiche Akteure fehlten, könne sie die Syrien-Krise nicht lösen. Der Iran war innerhalb von weniger als 24 Stunden von UN-Generalsekretär Ban zu der Konferenz ein- und dann wieder ausgeladen worden. Teheran unterstützt das Assad-Regime.

Assad, der nicht an der Konferenz teilnimmt, weist bisher alle Rücktrittsforderungen zurück. Unlängst deutete vielmehr an, er könne bei der für 2014 angepeilten Wahl erneut antreten. Zuletzt waren gegen ihn erneut massive Foltervorwürfe erhoben worden. Vor dem Konferenzgebäude demonstrierten hunderte Assad-Anhänger und riefen: "Mit unserer Seele und unserem Blut verteidigen wir dich, oh Baschar."

Steinmeier: Keine Wunder erwarten

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier wies dem Assad-Regime die Hauptverantwortung für den blutigen Konflikt zu: Es sei mit brutaler Gewalt gegen friedliche Demonstranten vorgegangen.

Erwartungen in Syrien an Friedenskonferenz

Erstes Ziel der Friedenskonferenz müsse die Bildung einer Übergangsregierung sein, betonte der Minister. Zugleich mahnte er die Respektierung des humanitären Völkerrechts durch alle Konfliktparteien an und forderte lokale Waffenruhen, um Hilfswerken den Zugang zu den Millionen notleidenden Menschen zu ermöglichen. Steinmeier dämpfte allerdings die Erwartungen an die Konferenz: "Wunder wird es nicht geben dieser Tage."

Auch UN-Generalsekretär Ban betonte, dass zunächst eine Übergangsregierung für das Bürgerkriegsland gebildet werden müsse. Grundlage für die weiteren Verhandlungen müsse die Übereinkunft der ersten Syrienkonferenz in Genf im Jahr 2012 sein. Diese Konferenz ist bekannt als Genf I. Dabei einigten sich die Teilnehmer formell auf eine Waffenruhe und die Bildung einer Übergangsregierung unter Beteiligung der Opposition. Dieser Kompromiss wurde aber nicht umgesetzt. Seit Ausbruch der Gewalt im März 2011 wurden in Syrien schätzungsweise 130.000 Menschen getötet. Mehr als neun Millionen Menschen sind auf der Flucht.

kle/sc (epd, afp, rtr, dpa)