1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Vereint in der Trauer um Mandela

Daniel Pelz, z.Zt. Johannesburg10. Dezember 2013

Hunderttausende kommen zum Staatsakt für Nelson Mandela in Johannesburg. Weiße, schwarze und farbige Südafrikaner gedenken mit Staatsoberhäuptern aus 91 Ländern allen Differenzen zum Trotz gemeinsam ihrem Helden.

https://p.dw.com/p/1AWSZ
Junge mit Schild "We love you Madiba" bei Nelson Mandela Trauerfeier (Foto: REUTERS/Kai Pfaffenbach)
Bild: Reuters

Totenwetter. Wie an langen Bindfäden prasseln die Regentropfen aus den grauen Wolken über Johannesburg. Janet Völkel hat das nicht abgehalten. Seit zwei Stunden sitzt die 51-Jährige auf einem der roten Plastiksitze im Stadion Ellis Park. Immer wieder wickelt sie die Decke in den Farben der südafrikanischen Flagge enger um ihren Oberkörper und die Beine, um die Kälte abzuwehren.

"Es war klar, dass ich komme. Ich möchte einem der größten Menschen der Welt gedenken", sagt die weiße Südafrikanerin. Als eine Freundin sie am letzten Freitag angerufen habe und vom Tod Mandelas erzählte, habe sie erst einmal geweint, berichtet die Schwimmlehrerin.

Wie so viele schaut sie sich eine der zahlreichen Live-Übertragungen an, weil sie beim zentralen Festakt keinen Platz gefunden hat. Der findet im FNB-Stadion in Soweto statt, das 95.000 Menschen fasst. Seit den frühen Morgenstunden haben die Menschen dort angestanden, um an der Feier teilnehmen zu können. 91 Staatsoberhäupter gedenken dort Nelson Mandela – es ist eines der größten Treffen von Staatsoberhäuptern überhaupt. Die Namensliste reicht vom US-Präsident Barack Obama bis zum afghanischen Präsidenten Harmid Karzai. Aber auch Politiker, die im Westen nicht gern gesehen sind, sitzen auf der Tribüne: Kubas Staatschef Raúl Castro oder Simbabwes Präsident Robert Mugabe, der von den Südafrikanern mit lautem Jubel begrüßt wird.

Die Mandela-Familie ist vollständig versammelt - das Publikum jubelt vor allem seiner Exfrau Winnie zu. Bei seiner zweiten Frau Graca Machel bleiben die Menschen zurückhaltend.

Regenbogennation für einen Tag

Blick ins sich langsam füllende FNB-Stadion in Johannesburg (Foto: REUTERS/Yannis Behrakis)
Im FNB-Stadion hatte Nelson Mandela seinen letzten großen öffentlichen Auftritt bei der Fußball-WM 2010Bild: Reuters

Die Redner im FNB-Stadion sind voll des Lobes für Nelson Mandela. Er spüre "Trauer über einen gewaltigen Verlust und Freude über ein gewaltiges Leben", sagt UN-Generalsekretär Ban-Ki Moon in seiner Rede. Immer wieder beschwört er die Regenbogennation, die Mandela geschaffen habe.

Deutschlands Bundespräsident Joachim Gauck mit Gattin bei der Trauerfeier für Nelson Mandela (Foto: AP Photo/Peter Dejong)
Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck nahm mit seiner Lebensgefährtin an der Feier teilBild: picture alliance/AP Photo

Trauer und Dankbarkeit - das spüren auch die Zuschauer in Ellis Park, die auf drei großen Bildschirmen die Übertragung aus dem FNB-Stadion verfolgen. "Ich hatte es ja erwartet, dass er sterben würde, und versucht, mich darauf einzustellen", sagt Janet Völkel. Trotzdem hat die Nachricht sie aufgewühlt.

Wenige Plätze weiter sitzt Salomon Motokoe. Der 48-jährige Beamte empfindet ganz ähnlich. "Ich war erschüttert, als ich von seinem Tod hörte", sagt er und wird kurz ernst. Aber wenn er von den Verdiensten Mandelas erzählt, lächelt er wieder breit. Er verdanke ihm ein freies Südafrika, sagt Motokoe. "Das bedeutet alles für mich: dass ich gehen kann, wohin ich will; dass ich leben kann, wo ich will; dass ich Bildung erlangen durfte", sagt er und zeigt immer wieder auf das Mandela-Portrait auf seinem weißen T-Shirt. "Tata (Vater), wir lieben dich", steht auf der Rückseite.

Die 27-Jährige Alicia trägt auch so ein T-Shirt. Sie ist mit ihrer indischstämmigen Freundin gekommen. "So schlimm wie sein Tod ist, ich finde es schön, dass weiße, farbige und schwarze Südafrikaner zusammenkommen. Das ist ein Trend, der bestehen bleiben wird", hofft sie.

Singend feiern die Südafrikaner ihren "Tata", den Landesvater Mandela (Foto: REUTERS/Ronen Zvulun)
Singend feiern die Südafrikaner ihren "Tata", den Landesvater MandelaBild: Reuters

Mahnende Worte

Als US-Präsident Barack Obama seine Rede beginnt, lobt er zunächst Nelson Mandela als einen "Giganten der Geschichte" und rekapituliert voll Bewunderung das Leben des Freiheitshelden. Doch dann schlägt Obama den Boden zur Gegenwart. "Es gibt zu viele Führer auf der Welt, die sich öffentlich mit Mandelas Kampf für die Freiheit solidarisch erklären, aber in ihrem eigenen Land keinen Widerspruch dulden", ruft Obama und manch einer der Zuschauer fragt sich, ob damit wohl Robert Mugabe gemeint ist. "Nelson Mandela erinnert uns, dass manche Dinge unmöglich erscheinen - bis man sie möglich gemacht hat", ruft Obama kurz darauf. Das würden an diesem Tag wohl viele Südafrikaner unterschreiben.