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US-Journalisten droht Ausweisung aus China

Juan Ju14. Dezember 2013

Zwei Dutzend Journalisten amerikanischer Medienhäuser warten vergeblich auf ihre Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis in China. Lenkt Peking nicht ein, müssen bald die ersten das Land verlassen.

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Gebäude der US-Zeitung The New York Times Logo Redaktion (Foto:Getty Images)
Bild: Getty Images

Konfuzius hat einmal gesagt: "Wenn Freunde aus der Ferne kommen, ist das etwa kein Anlass zur Freude?" Doch Chinas Behörden sehen dies offenbar anders. Seit Monaten lassen sie zwei Dutzend Journalisten amerikanischer Medienhäuser vergeblich auf ihre Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis in China für 2014 warten. "Kein Korrespondent der Zeitung The New York Times und des Finanzdienstleisters Bloomberg konnte bislang das jährliche Visum erneuern", berichtet die Vereinigung der Auslandskorrespondenten in China (FCCC) diese Woche.

Ausländische Journalisten müssen sich beim chinesischen Außenministerium akkreditieren, das die Journalistenvisa einmal im Jahr jeweils zum Jahresende verlängert. Aufgrund einer Änderung der Visavorschriften in diesem Jahr soll die Bearbeitungszeit für eine Verlängerung ausgweitet werden und nun 15 Tage dauern. Die zuständigen Behörden hätten bei einigen US-Journalisten die Annahme der Anträge verweigert, bei anderen seien die Pässe samt Anträgen vor der Bearbeitung wieder zurückgegeben worden, berichtet FCCC.

Behörden wiegeln ab

Das Pekinger Außenministerium soll Berichten zufolge angeordnet haben, keine weiteren Anträge mehr anzunehmen. Dessen Sprecher Hong Lei betonte lediglich: "Ausländische Journalisten werden in China nach geltendem Recht und Ordnung behandelt." Auf Nachfrage zu den Gründen für das Vorgehen wiederholte er den Satz. Zudem wollte er sich nicht zu der Zahl der betroffenen Journalisten äußern. Es sollen mindestens 23 Korrespondenten sein.

Logo des Finanzdiensleisters Bloomberg (Foto:DW)
Auch die Mitarbeiter des US-Finanzdienstes konnten bisher ihre Visa nicht verlängern

"Zum ersten Mal in der Geschichte Chinas müssen so viele Journalisten auf einen Schlag das Land verlassen", berichtet ein deutscher China-Korrespondent, der anonym bleiben möchte. "Wir machen uns natürlich Sorgen. Wir versuchen aber, uns nicht beeinflussen zu lassen. Sonst hätte die chinesische Regierung ihr Ziel erreicht." Wenn das Außenministerium bei seinem Kurs bleibt, werden sowohl die New York Times und als auch Bloomberg keinen Korrespondenten mehr in China haben.

Das Motiv dieses Vorgehens ist nicht bekannt. Es wird vermutet, dass die Tageszeitung und der Finanzdienstleister durch die Berichterstattung über das Privatvermögen chinesischer Spitzenpolitiker in Misskredit geraten sind. Diese Themen gelten in China als Tabu.

Kritische Journalisten unerwünscht

Der ARD-Hörfunkkorrespondent in Shanghai, Markus Rimmele, bestätigt die Vermutung. "Wer kritische Artikel schreibt, muss unter Umständen damit rechnen, dass er bei seiner nächsten Visumsverlängerung ein Problem bekommt." Das sei allen Journalisten bewusst, so Rimmele weiter. Li Li, ein in den Niederlanden lebender chinesischstämmiger Kommentator, stimmt Rimmele zu. "Die investigativen Berichte der China-Korrespondenten öffnen eine Tür, durch die die ganze Welt in das transformierende Land hineinschauen kann. Wenn diese Korrespondenten nicht in China arbeiten dürfen, leidet sicherlich die Qualität der China-Berichterstattung. Das ist so, als könnte ein Kriegsreporter nicht von der Front berichten."

Dennoch ist Li optimistisch und weist darauf hin, dass ausgewiesene Journalisten noch die Möglichkeit haben, mit chinesischen Quellen in Kontakt zu bleiben und weiterhin von Hong Kong oder anderen Nachbarländern aus zu arbeiten. So erging es auch Chris Buckley. Der früherer China-Korrespondent der New York Times erhielt Ende 2012 kein Visum und musste nach Hong Kong umziehen. Der designierte Bürochef der anerkannten US-Zeitung in Peking wartet schon seit mehr als 18 Monaten auf eine Akkreditierung.

Chinas Premier Wen Jiabao (Foto: Reuters)
Beide US-Medien hatten über Privatvermögen der Famile von Chinas Ex-Premier Wen Jiabao berichtetBild: Reuters

Für Journalisten sei China jetzt sehr spannend, glaubt der Analyst Li. Es gebe eine Menge interessanter Themen. "Die chinesischen Quellen sind immer geneigt, unabhängigen ausländischen Journalisten Informationen zuzuliefern. Die Korrespondenten nutzen gerne diese Angebote", sagt Li gegenüber der Deutschen Welle.

Spürbarer Druck

Der US-Vizepräsident Joe Biden hatte sich letzte Woche bei seinem China-Besuch für bessere Arbeitsbedingungen für Journalisten eingesetzt. Jedoch fand seine Forderung kein Gehör. Zensur und Nachrichtensperre sind eine beliebte Methode des autoritär regierten Regimes, damit das Land nicht weltweit in die negativen Schlagzeilen kommt. "Heute ist der Druck der neuen KP-Führung um Xi Jingping spürbar und offensichtlich", sagt Li. Die Korrespondentenvereinigung FCCC befürchtet ebenfalls die Einflussnahme der Regierung durch Visavergabe. Das mächtige China wolle damit international auch stärker auftreten und glänzen, vermutet Rimmele: "China weiß natürlich, dass Medienunternehmen ohne China-Korrespondenten im internationalen Vergleich nicht gut da stehen. So hat sie ein großes Pfund in der Hand, wenn sie manchen Medien den Zugang zu China nicht gewährt."