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US-Strafzölle gegen Mexiko?

Andreas Knobloch Mexiko-Stadt
5. Juni 2019

Von US-Präsident Donald Trump angekündigte Sonderzölle auf alle mexikanischen Waren haben im Nachbarland für Aufregung gesorgt. Ein Krisengipfel an diesem Mittwoch soll Auswege weisen. Doch die Zeichen stehen auf Sturm.

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Mexiko Mexiko City Wechselkurse nach Zolldrohung durch Trump
Bild: picture-alliance/AP Photo/G. Riquelme

Bereits seit vergangenen Freitag befindet sich Mexikos Außenminister Marcelo Ebrard in Washington: Sich mit Verbündeten austauschen, eine Verhandlungslinie festlegen, um doch noch die Sonderzölle auf mexikanische Waren abzuwenden. Ein Krisengipfel am Mittwoch mit US-Außenminister Mike Pompeo soll eine Lösung im neuen Handelkonflikt zwischen den USA und Mexiko bringen.

Den hatte US-Präsident Donald Trump am Donnerstag vergangener Woche mit einem Tweet ausgelöst. Darin kündigte er Sonderzölle in Höhe von fünf Prozent auf alle Einfuhren aus Mexiko ab dem 10. Juni an. Bis Anfang Oktober könnten sich diese schrittweise auf 25 Prozent erhöhen, sollte Mexiko nicht härter gegen die hohe Zahl der Einwanderer vorgehen. "Mexiko nutzt die USA seit Jahrzehnten aus", twitterte Trump. "Mexiko kann das Problem leicht lösen. Es ist an der Zeit für Mexiko, endlich tätig zu werden."

"Keine Verletzung der Menschenrechte"

"Zölle könnten finanzielle und wirtschaftliche Instabilität verursachen" und somit Mexikos Fähigkeit zur Problemlösung einschränken, entgegnete Ebrard auf einer Pressekonferenz am Montag in der mexikanischen Botschaft in Washington. Zugleich wiederholte er, dass Mexiko auf gar keinen Fall einer Einstufung als "sicheres Drittland" zustimmen werde.

USA Mexiko Handelspolitik PK in Washington
Mexikos Außenminister Marcelo Ebrard auf der Pressekonferenz in Washington Bild: Getty Images/AFP/E. Baradat

Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador hatte Trump in einem zweiseitigen Brief mitgeteilt, Mexiko tue, was es könne, um den Strom der Einwanderer aufzuhalten. Er weigere sich aber, die Menschenrechte dabei zu verletzen. Er setze auf Konfliktlösung durch Dialog. "Soziale Probleme lösen sich nicht durch Steuern oder Zwangsmaßnahmen", schrieb López Obrador.

Laut US-Heimatschutzministerium wurden im April 109.000 Menschen an der Grenze zwischen Mexiko und den USA aufgegriffen - die höchste Zahl seit 2007. Die mexikanische Regierung hat ihrerseits allein im Mai mehr als 15.000 Einwanderer abgeschoben und damit die Zahlen seit Amtsantritt López Obradors im Dezember verdreifacht. Trotz Druck von Trump weigert sich Mexiko aber, seine Südgrenze "zu militarisieren". Vielmehr soll ein Entwicklungsplan für Zentralamerika Investitionen bringen und helfen, dort Arbeitsplätze zu schaffen. Washington dagegen hatte den zentralamerikanischen Ländern zuletzt Entwicklungsgelder gestrichen.

Autoindustrie wäre besonders betroffen

Die Märkte reagierten nervös auf Trumps Ankündigung; Aktienkurse und mexikanischer Peso brachen ein. Auch wenn die Peso-Schwäche auf den ersten Blick eine schlechte Nachricht sei, könne sie doch ein Mechanismus gegenüber den angedrohten Zöllen sein, sagt Carlos Serrano, Chefökonom der BBVA-Bank in Mexiko. "Sollte es zu den Zöllen kommen, ist der Wechselkurs die beste Art sie abzufedern." In dem Maße wie die Währung Wert verliere, gewännen mexikanischen Erzeugnisse an Wettbewerbsfähigkeit. Andere Experten dagegen warnen vor Inflation und Rezession.

Die USA sind der wichtigste Handelspartner Mexikos. Vier Fünftel der Ausfuhren gehen in die USA; im vergangenen Jahr waren dies Waren im Wert von 350 Milliarden US-Dollar. Beide Ökonomien sind eng miteinander verzahnt. Kein Industriezweig verdeutlicht dies besser als die Autoindustrie. Alle führenden Autobauer, auch die deutschen Autokonzerne, haben Produktionsstätten in Mexiko. Die Sonderzölle drohen Liefer- und Wertschöpfungsketten zu unterbrechen. Ungeachtet dessen will BMW an diesem Donnerstag (6. Juni) sein neues Werk für die 3er-Serie in San Luis Potosí eröfnen. 

Nur zwei Stunden vor Trumps Ankündigung hatte López Obrador dem mexikanischen Parlament das neu ausgehandelte nordamerikanische Freihandelsabkommens USMCA zur Ratifizierung vorgelegt. Die ist nun in Gefahr. "Sollten die Zölle so in Kraft treten, wie von Trump angedroht, ist das Freihandelsabkommen tot", kommentierte Chefkolumnist Luis Miguel González in der mexikanischen Wirtschaftszeitung El Economista.

Große Delegation aus Mexiko

Angesichts dieser Aussichten wiederholte Mexikos Präsident am Wochenende seine Bereitschaft zum Dialog. Sollte es zu keiner Einigung kommen, habe Mexiko "das Recht, internationale Schiedsgerichte anzurufen", sagte López Obrador. Er entwarf einen Drei-Stufen-Plan: Dialog, um zu einer Einigung zu gelangen; Anrufung internationaler Instanzen und ein Plan, um "unsere Wirtschaft zu fördern und den Entscheidungen der USA zu widerstehen". Gleichzeitig zeigte sich López Obrador zuversichtlich, dass es zu einer Einigung kommen werde; man bereite sich aber auf alle Eventualitäten vor. "Es gibt eine klare Grenze, was wir verhandeln können, und diese Grenze ist die Würde Mexikos", erklärte sein Außenminister.

Die Zusammensetzung der mexikanischen Verhandlungsdelegation macht die Bedeutung der Gespräche für Mexiko deutlich: Neben Außenminister Ebrard werden ihr u.a. Wirtschaftsministerin Graciela Márquez, Landwirtschaftsminister Víctor Villalobos, sowie der Staatssekretär für Nordamerika im Außenministerium und Chefunterhändler der NAFTA-Gespräche, Jesús Seade, angehören.

"Mexiko schickt eine große Delegation, um über die Grenze zu sprechen. Das Problem ist, dass sie seit 25 Jahren nur sprechen. Wir wollen Aktionen, keine Gespräche", schrieb Trump auf seinem Lieblingsmedium Twitter. Geredet wird am Mittwoch trotzdem erst einmal.