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Stichwort: Schiiten und Sunniten

Peter Philipp23. Februar 2006

Der schiitische Zweig des Islam macht nur im Iran, im Jemen sowie im Irak und Bahrain die Mehrheit der Bevölkerung aus. Die Mehrheit der Muslime in den anderen Staaten sind Sunniten.

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Heiligtum der Schiiten: Das Grab des Imam Hussein in KerbelaBild: AP

Schiiten und Sunniten können allerdings nur entfernt verglichen werden mit den verschiedenen Konfessionen im Christentum, denn es gibt weit reichende Divergenzen innerhalb der beiden Gruppen. Es begann mit dem Streit über die Nachfolge des Propheten: Nach dem Tod des Propheten (im Jahr 632) wählte man Abu Baqr zum ersten Kalifen und wenn es auch später mehrere miteinander konkurrierende Kalifen gab, so gilt die Linie der Baqr-Nachfolger als der wichtigste Zweig, der zunächst in Damaskus, dann in Bagdad und Samarra herrschte.

Warten auf den "Zwölften Imam"

Nach schiitischer Überlieferung übertrug Mohammed aber kurz vor dem Tod seinem Cousin und Schwiegersohn Ali die Aufgabe, künftig die Muslime zu führen. Ali wurde jedoch erst als vierter Kalif gewählt, er gilt bei den Schiiten aber als der "Erste Imam“. Wobei der Begriff "Imam“ bei den Schiiten für den obersten Religionsführer steht. Bei den Sunniten hingegen kann jeder als Imam gelten, der gebildet genug ist, das gemeinsame Gebet zu leiten. Für die Sunniten war Ali ein schwacher Führer, aber beide stimmen überein, dass es über Alis Legitimation auch als Kalif (weltlicher Führer) zunächst keinen Zweifel gab. Dies dauerte aber nicht lange: Es kam zum Streit und zum Zerfall der muslimischen Gruppen: Ali wurde als Kalif entmachtet, die neuen Kalifen aber wurden von den Anhängern Alis nicht anerkannt. Sie nannten sich "Shi’at Ali“ ("Partei Alis“).

Ali wurde im Jahr 661 ermordet. Seine Nachfolger sind die Imame, die vom Schiitentum verehrt werden - bis hin zum elften Imam, Hassan al Askari, der neben seinem Vater, dem 10. Imam, in Samarra beigesetzt ist. Nach Askari verliert sich die bis dahin durchgehend nachvollziehbare direkte Linie zum Propheten Mohammed: Der Sohn Askaris nämlich, Mohammed el Mahdi, verschwand bereits als Kind im neunten Jahrhundert und die Schiiten warten seitdem auf die Rückkehr dieses "Zwölften Imam“ - ähnlich einem "Messias“ bei Juden und Christen.

Institution des Kalifats

Bei den Sunniten hingegen ist über die Jahrhunderte der "Kalif“ wichtig gewesen: Wenn es auch später mehrere miteinander konkurrierende Kalifen gab, so gilt die Linie der Baqr-Nachfolger als der wichtigste Zweig, der zunächst in Damaskus, dann in Bagdad und Samarra herrschte. Die Institution des Kalifats in Bagdad wurde durch die Mongolen abgeschafft, es hielt sich aber im osmanischen Reich bis 1924.

Das Schiitentum ist seit dem 16. Jahrhundert Staatsreligion im Iran, seine wichtigsten Heiligtümer (die Gräber des dritten, siebten, neunten, zehnten und elften Imam) aber liegen im westlichen Nachbarland, das eine wechselvolle Geschichte erlebt, in deren Verlauf es wiederholt unter sunnitischer wie auch iranisch-schiitische Herrschaft gerät. Der Irak der Neuzeit stand durchweg unter sunnitischer Herrschaft, obwohl die Sunniten dort immer schon eine Minderheit darstellten.