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Snowden macht USA neue Vorwürfe

27. Januar 2014

Der NSA-Whistleblower Snowden geht davon aus, dass die USA auch Wirtschaftsspionage betreiben. Das sagte er dem Norddeutschen Rundfunk in einem Exklusivinterview. An eine Rückkehr in die USA glaubt der 30-Jährige nicht.

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Edward Snowden (Foto: picture alliance)
Bild: picture alliance/AP Photo

Die Wirtschaftsspionage des US-Geheimdienstes NSA ist ein offenes Geheimnis - nun nannte der Informant Edward Snowden in einem Interview des Norddeutschen Rundfunks (NDR) ein konkretes Beispiel für Deutschland. "Wenn es etwa bei Siemens Informationen gibt, die dem nationalen Interesse der Vereinigten Staaten nutzen - aber nichts mit der nationalen Sicherheit zu tun haben - dann nehmen sie sich diese Informationen trotzdem", sagte Snowden in seinem laut NDR-Angaben ersten Fernsehinterview seit der Flucht nach Russland.

Der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter hatte mit seinen Enthüllungen erstmals öffentlich gemacht, wie die NSA weltweit Telefonate abhört, E-Mails mitliest und Regierungschefs ausspäht, darunter auch das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Russland hat Snowden vorläufiges Asyl gewährt. Eine Rückkehr des 30-Jährigen in die USA, die ein Festnahmeersuchen gestellt haben, scheint vorerst ausgeschlossen.

Wurden weitere Regierungs-Handys abgehört?

Snowden spekuliert in dem Interview darüber, dass nicht nur das Handy von Kanzlerin Merkel abgehört wurde. "Die Frage ist: Wie logisch ist es anzunehmen, dass sie das einzige Regierungsmitglied ist, das überwacht wurde?", sagte Snowden in einem Teil des Interviews, der am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Günther Jauch" gezeigt wurde. "Ich würde sagen, es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass jemand, der sich um Absichten der deutschen Regierung sorgt, nur Merkel überwacht - und nicht ihre Berater, keine anderen bekannten Regierungsmitglieder, keine Minister oder sogar Angehörige kommunaler Regierungen."

In dem am 22. Januar in Moskau geführten Gespräch mit dem NDR-Journalisten Hubert Seipel berichtete der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter von deutlichen Drohungen gegen ihn: "Regierungsvertreter wollen mich töten", sagte der 30-Jährige. Als Beleg führte Snowden einen Artikel auf der Internet-Plattform "buzzfeed" an. Mitglieder des Pentagon und der NSA hätten dem Reporter erzählt, dass sie Snowden umbringen wollten.

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Ströbele: Bundesregierung in der Pflicht

Die USA werfen Snowden Geheimnisverrat vor. Deshalb droht dem Informanten im Fall einer Rückkehr in seine Heimat eine strafrechtliche Verfolgung. US-Justizminister Eric Holder sagte der "Washington Post", dass ein Gnadenerlass für den in Russland gestrandeten Computerspezialisten nicht infrage komme. Ohne Amnestie fürchtet Snowden jedoch ein unfaires Gerichtsverfahren und hält eine Heimkehr deshalb für unmöglich.

"Snowden ist ein klassischer Zeuge"

Der grüne Oppositionspolitiker Hans-Christian Ströbele sieht die deutsche Regierung in der Pflicht, Snowden nach seinem Asyl in Russland aufzunehmen. Ströbele war der erste deutsche Politiker, der Snowden vor drei Monaten in Russland besuchte. "Deutschland hat aus mehreren Gründen ein dringendes Bedürfnis ihn hier zu haben", sagte Ströbele gegenüber der Deutschen Welle. Zum einen sei Snowden ein sehr wichtiger Zeuge für den NSA-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages, der binnen eines Monats seine Arbeit aufnehmen solle. Zum anderen müsse Deutschland ihn aber auch hier in Sicherheit bringen, weil "wir ihm alle sehr dankbar sein müssen für seine Enthüllungen."

Die Bundesregierung hält dagegen an ihrer Aussage fest, Snowden keine Zuflucht in Deutschland zu gewähren. "An der Rechtslage hat sich nichts geändert", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz in Berlin. Die Voraussetzungen, dass Snowden Asyl bekommen könnte, lägen nach wie vor nicht vor.

haz/pg/wa (dpa, ap, rtr)