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Sigmar Gabriel ist neuer SPD-Chef

13. November 2009

Der neue SPD-Vorsitzende heißt wie erwartet Sigmar Gabriel. Die Delegierten des Bundeskongresses der Sozialdemokraten wählten ihn mit großer Mehrheit. Gabriel will nun einen Neuanfang der Partei.

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Gabriel (Foto: AP)
Sigmar Gabriel: 'Erfolge nicht Verleugnen'Bild: AP

Nach den dramatischen Wahlverlusten der SPD hatte Sigmar Gabriel seine Partei zur Geschlossenheit aufgerufen - und er hatte Erfolg: Die rund 500 Delegierten des Parteikongresses in Dresden wählten den 50-Jährigen am Freitag (13.11.2009) mit großer Mehrheit zum SPD-Chef als Nachfolger von Franz Müntefering. Er erhielt 472 von 501 gültigen Stimmen. Das entspricht einer Zustimmung von 94,2 Prozent. Zur neuen Generalsekretärin wurde Andrea Nahles gewählt. Sie erhielt 355 von 510 gültigen Stimmen, das entspricht 69,6 Prozent.

Gabriel: "Erfolge nicht verleugnen"

Andrea Nahles (Foto: AP)
Gewählt: Andrea NahlesBild: AP

In seiner Bewerbungsrede rief der ehemalige Bundesumweltminister dazu auf, Erfolge der elf Regierungsjahre der SPD nicht zu verleugnen. Nach der Niederlage bei der Bundestagswahl müsse der Parteitag nun einen neuen Aufbruch und einen neuen Anfang hinbekommen. Zugleich forderte er eine umfassende Aufarbeitung des Debakels bei der Bundestagswahl vom 27. September.

Debatten über künftige Koalitionen erteilte er eine Absage. Es gehe um die Vorhaben der SPD und nicht um ihr Verhältnis zu anderen Parteien, "auch wenn sie sich links nennen". Gabriel ging damit indirekt auf Forderungen aus der Partei ein, die SPD müsse sich auch im Bund für eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei öffnen.

"Die Mitte erobern"

Gabriel rief seine Partei auf, die politische Mitte zu verändern und sie zurückzuerobern. Die SPD dürfe sich aber nicht einreden lassen, die politische Mitte sei etwas Festgelegtes, an das man sich anpassen müsse, wenn man Wahlen gewinnen wolle.

Er räumte Fehler in den Jahren der Regierungszeit ein, für die er wie jeder Andere die Verantwortung übernehme. Auch er habe daran geglaubt, dass es möglich sei, mit einer Lockerung der Zeitarbeit Arbeitslosen die Rückkehr in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. In der Ausweitung sogenannter prekärer Beschäftigungsverhältnisse und der Leiharbeit bei schlechterer Bezahlung als für Stammbelegschaften sehen Teile der SPD eine Ursache für den Vertrauensverlust in der Arbeitnehmerschaft. Gabriel rief seine Partei auf, spätestens in zwölf Monaten Antworten auf die jetzt aufgeworfenen Fragen in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik - darunter die Rente mit 67 und Leiharbeit - zu geben. Die schwarz-gelbe Bundesregierung griff er scharf an und bezeichnete sie als "Klientel-Koalition".

Abrechnung mit der alten Parteiführung

Münterferin, Gabriel vor Schriftzug SPD (Foto: dpa)
Der scheidende SPD-Vorsitzende Franz Müntefering (l.) und sein Nachfolger Sigmar GabrielBild: picture alliance/dpa

Zuvor hatten die Delegierten wegen der verheerenden Niederlage bei der Bundestagswahl mit der Parteiführung abgerechnet. Der bisherige Vorsitzende Franz Müntefering räumte eine Mitschuld der Parteispitze am Wahldebakel vom 27. September ein. In seiner einstündigen Abschiedsrede rief der 69-Jährige seine Partei zu Selbstbewusstsein auf. Er rief: "Wir sind kampffähig. Wir sind kampfbereit. Wir kommen wieder." Die SPD sei kleiner geworden, aber die sozialdemokratische Idee nicht." Deshalb müsse die SPD jetzt aus einem vernünftigen Miteinander von Innovation und Gerechtigkeit eine Politik schaffen, die zu Vertrauen führe und mehrheitsfähig sei, so Müntefering.

Kurz vor dem Parteitag hatte der gescheiterte Kanzlerkandidat und jetzige SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier einen Kurswechsel seiner Partei in der Rentenpolitik angedeutet. Die geplante Rente mit 67 gilt als einer der Gründe für die Wahlniederlage und zahlreiche SPD-Mitglieder fordern in Anträgen zum Parteitag die Abschaffung der Regelung. Gegenüber der "Berliner Zeitung" sagte Steinmeier: "Die Überprüfungsklausel ist Teil des Gesetzes. Schon deshalb werden wir sie ernst nehmen".

10 Millionen SPD-Wähler weniger seit 1998

Seit 1998 hat sich die Zahl der SPD-Wähler auf zehn Millionen halbiert. Im Leitantrag des Vorstands für den Parteitag heißt es, man habe "deutlich an Vertrauen und Glaubwürdigkeit verloren." Es sei nicht gelungen, eine Mehrheit der Bevölkerung am wirtschaftlichen Aufschwung ab 2005 teilhaben zu lassen.

Noch bis Sonntag wollen die Sozialdemokraten ihre Wahlschlappe analysieren und die Weichen für die Zukunft stellen.

Autor: Herbert Peckmann (dpa, ap, afp, rtr)
Redaktion: Dirk Eckert

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