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Sieg mit Folgen in der Ukraine

Ute Schaeffer27. Dezember 2004

Nach Auszählung der meisten Stimmen steht Oppositionskandidat Juschtschenko als neuer Präsident der Ukraine fest. Seine zukünftigen Aufgaben sind gewaltig, politische Hilfe von außen ist nötig, meint Ute Schaeffer.

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Der künftige Präsident der Ukraine heißt Viktor Juschtschenko. Der im Westen erhoffte und von den Ukrainern eingeforderte Politikwechsel ist damit da. Und er ist durch eine freie und faire Wahl legitimiert. Die eigentliche Arbeit jedoch ist noch zu tun. Der Aufbau von Demokratie und Rechtsstaat wird weit mehr Zeit erfordern und ungleich mühsamer sein, als die Wiederholung der Wahl.

Auf allen Ebenen etablieren

Es war in den Wochen vor der erneuten Abstimmung am Sonntag (26.12.2004) kein Kampf mehr um Personen, und schon gar keiner um Programme. Es war eine Auseinandersetzung zwischen einem schier übermächtigen Staat, der alle Hebel in Bewegung setzte um "seinen" Kandidaten Viktor Janukowitsch ins Amt zu heben - gegen den Druck einer demokratisch gesinnten Öffentlichkeit, mutige Studenten, aufbegehrende Journalisten, kritische Unternehmer. Sie haben gesiegt. Die Demokratie hat in der Ukraine gesiegt. Nun gilt es, sie auf allen Ebenen in Staat und Wirtschaft zu etablieren. Eine gewaltige Aufgabe.

Die Wähler haben Juschtschenko einen klaren Auftrag erteilt: Mehr Demokratie und eine echte Lebensperspektive zu schaffen. Juschtschenko soll den Lebensstandard der Menschen - auch auf dem Land - schnell anheben, dafür sorgen, dass Renten und Stipendien regelmäßig gezahlt und angehoben werden. Komplizierter ist das Interessengeflecht auf politischer und wirtschaftlicher Ebene. Juschtschenko wird lavieren müssen, denn die konkurrierenden Wirtschaftsclans haben durchaus unterschiedliche Ziele, und sie haben sich Politik, Wirtschaftunternehmen und Massenmedien bisher in profitabler Weise untereinander aufgeteilt. Keiner wird von dieser Macht abgeben wollen.

Drastische Modernisierungen

Es gilt, Korruption und Vetternwirtschaft zu bekämpfen, die Politik, Wirtschaft und Gesellschaft des Landes überziehen. Eine Aufgabe, die Juschtschenko 2001 sein Amt als Regierungschef kostete. Es geht um die Umsetzung einer effizienten Wirtschaftspolitik, deren Profite aber nicht nur einigen wenigen zugute kommen dürfen, sondern über Steuern in soziale Aufgaben und den Aufbau einer Infrastruktur zurückfließen müssen. Es geht um drastische Modernisierungen in Industrie und Wirtschaft, damit die Ukraine zukünftig ihre Produkte besser verkaufen kann. Und es geht nicht zuletzt um eine Außenpolitik in mehrere Richtungen, auf welche die Ukraine mit ihren vielen Grenzen existenziell angewiesen ist.

Juschtschenko kann ermessen, was auf ihn zukommt. Er hat sich im politischen System der Ukraine mit seinen zahlreichen Gruppen und Grüppchen behauptet, und es verstanden, auf die unterschiedlichen politischen Interessen im Land einzugehen. Viele warfen ihm deshalb vor, ihm fehle es an politischer Führungskraft. Andererseits ist im zersplitterten politischem Spektrum in der Ukraine nur überlebensfähig, wer den Ausgleich sucht und alle Parteien an einen Tisch holen kann.

Aktive Unterstützung von außen

Europa bietet der Ukraine bisher außer warmen Worten wenig. Spätestens jetzt sollten sich die westlichen Nachbarn endlich der Ukraine zuwenden. Denn die politische Veränderung, die durch die Wahl in Gang gesetzt wurde, braucht nicht nur Zeit - sie braucht auch die aktive Unterstützung von außen. Eine politisch stabile, friedliche und demokratische Ukraine bedeutet mehr Sicherheit für Europa - in Brüssel und Berlin sollte man deshalb über die Chancen, die sich aus dem Wahlergebnis ergeben, nicht hinweggehen.