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Scharfe Kritik an Zionismus-Vergleich

1. März 2013

Die jüngsten Äußerungen des türkischen Regierungschefs über den Zionismus haben heftige Kritik ausgelöst. Erdogan hatte bei einer Konferenz in Wien Zionismus und Faschismus gleichgesetzt.

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Erdogan bei seiner Rede in Wien (Foto: dpa)
Global Vienna Forum 2013 ErdoganBild: picture-alliance/dpa

Die Äußerungen fielen bereits am Mittwoch, ausgerechnet bei einer UN-Veranstaltung, die das Ziel hat, zu religiöser und kultureller Toleranz beizutragen, dem "5. Global Forum der Allianz der Zivilisationen der Vereinten Nationen" (UNAOC) in Wien. Dort hatte Regierungschef Recep Tayyip Erdogan gesagt: "So wie das für Zionismus, Antisemitismus und Faschismus gilt, ist es unerlässlich, Islamophobie als Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu betrachten." Damit stellte Erdogan (Artikelbild bei der Rede in Wien) faktisch den Zionismus mit dem Faschismus auf eine Ebene.

"Verletzende und spaltende Bemerkungen"

Die Reaktionen blieben nicht aus, auch wenn sie mit Verspätung kamen. Die Vereinten Nationen, die USA und Israel verurteilten am Freitag die Aussage scharf, wonach Zionismus ein "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" sei.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu teilte auf seiner Internetseite mit: "Dies ist eine dieser finsteren und verlogenen Äußerungen, von denen wir dachten, dass sie der Vergangenheit angehören". Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon äußerte sich kritisch. Ban bedauere, dass solche "verletzenden und spaltenden Bemerkungen" bei einem Treffen gemacht worden seien, bei dem es um verantwortliche Führung ging, ließ Ban über seinen Sprecher mitteilen. Wenn die Übersetzung der Rede korrekt gewesen sei, "war es nicht nur falsch, sondern widerspricht den Prinzipien" des Treffens. Das Weiße Haus in Washington verurteilte Erdogans Beschreibung des Zionismus als "beleidigend und falsch".

Kerrys Türkei-Besuch belastet

Die antizionistische Äußerung überschattet auch den Antrittsbesuch von US-Außenminister John Kerry in der Türkei an diesem Freitag. "Es ist offensichtlich, dass wir dazu eine stark andere Meinung haben", sagte ein Regierungsvertreter. Kerry werde dies in Ankara auch zur Sprache bringen.

Der NATO-Partner Türkei und Israel sind beide wichtige Verbündete Washingtons. Das Verhältnis zwischen Ankara und Jerusalem ist jedoch eisig, seit ein israelisches Militärkommando im Jahr 2010 bei einem Angriff auf ein türkisches Schiff einer internationalen Hilfsflotte für den palästinensischen Gazastreifen neun türkische Aktivisten getötet hatte. Die Flottille hatte die von Israel gegen den Gazastreifen verhängte Blockade durchbrechen wollen.

Zionismus - eine durchaus umstrittene Bewegung

Der Zionismus kam im 19. Jahrhundert zunächst als eine Gegenbewegung zum Antisemitismus auf. Theodor Herzl gilt als Begründer und Vordenker des politischen Zionismus, dem er ein Programm gab. Der 1. Zionistenkongress in Basel forderte 1897 unter Herzls Vorsitz die "Schaffung einer gesicherten Heimstätte in Palästina". Um die politische Einordnung der zionistischen Bewegung, die nach Rückführung aller Juden nach Israel strebt, hatte es in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach Streit gegeben. So hatte denn auch die UN-Vollversammlung Mitte der 1970er Jahre Zionismus in einer Resolution auf Druck der arabischen Welt mit Rassismus gleichgesetzt. Erst im Dezember 1991 wurde die umstrittene Resolution von der UN-Generalversammlung zurückgenommen. 1998 bezeichnete der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan die Resolution 3379 als einen "Tiefpunkt" in der Geschichte der Vereinten Nationen.

qu/uh (dpa, afp, rtr, AP)