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Richtungswahl in Indonesien

Grahame Lucas, Ayu Purwaningsih8. April 2014

In Indonesien wird am 9. April ein neues Parlament gewählt. Die oppositionelle "Demokratische Partei des Kampfes" (PDI-P) hat die besten Aussichten auf den Wahlsieg.

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Eine Indonesierin steckt den Wahlzettel in eine Wahlurne (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Wenn die Wähler in Indonesien an diesem 9. April über ein neues Parlament abstimmen, dann setzen sie damit bereits wichtige Akzente für die im Juli stattfindende Präsidentschaftswahl. Umfragen zufolge liegt die Oppositionspartei PDI-P ("Demokratische Partei Indonesiens des Kampfes") unter der früheren Präsidentin Megawati Sukarnoputri ganz vorne in der Gunst der Wähler, dicht gefolgt von der Golkar-Partei, die jahrzehntelang allein herrschende Partei des früheren Präsidenten Suharto war.

Wenn die nationalistisch orientierte PDI-P tatsächlich die von Meinungsforschungsinstituten prognostizierten 37 Prozent der Stimmen auf sich vereinen kann, wird sie im Rahmen einer Parteienkoalition die Regierung übernehmen. "Die Nominierung des populären Gouverneurs von Jakarta, Joko "Jokowi" Widodo als Präsidentschaftskandidat habe der Partei einen enormen Zuwachs an Sympathiewerten" eingebracht, sagt Gun Gun Heryanto, politischer Beobachter in Jakarta. "Hinzu kommt dass die PDI-P, die seit zehn Jahren nicht mehr an der Macht ist, viel Zeit gehabt hat, ihre Organisationsstruktur zu festigen und weiterzuentwickeln."

Politstar "Jokowi"

"Jokowi" ist der Liebling der Medien in Indonesien. In relativ kurzer Zeit hat ihn sein transparenter und sachorientierter Führungsstil zu einem der populärsten Politiker im Land gemacht. Sorgfältig inszeniert er sich als ehrlicher Politiker und Kämpfer gegen Korruption. Als Vertreter von Interessen der "kleinen Leute" besucht er regelmäßig die ärmeren Wohngebiete in den Randzonen von Jakarta. Diese Taktik kommt gut an in einem Land, in dem viele des autoritären Regierungsstils einer Generation von Politikern mit Wurzeln in der Suharto-Ära überdrüssig sind. Außerdem vermeidet Joko Widodo Aussagen über seine politischen und wirtschaftlichen Pläne und bietet so seinen politischen Gegnern wenig Angriffsfläche.

Portrait des Gouverneurs von Jakarta, Joko Widodo (Foto: ADEK BERRY/AFP/GettyImages)
Der Gouverneur von Jakarta, Joko Widodo, gilt als Favorit für das PräsidentenamtBild: ADEK BERRY/AFP/GettyImages

Inzwischen sind auch internationale Medien auf den indonesischen Politstar aufmerksam geworden. Das Portrait "Jokowis" ziert die Titelseiten ausländischer Blätter. Das deutsche Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" beschreibt ihn als möglichen zukünftigen Präsidenten Indonesiens und prognostiziert ihm sogar eine Rolle als wichtiger Führer in Asien. Die Umfragen im Land scheinen diese Einschätzung zu bestätigen, sie zeigen Joko Widodo als klaren Gewinner der Präsidentschaftswahlen im Juli.

Neues Geflecht der Kräfte

Die Popularität der jetzigen Regierungspartei "Demokratische Partei" (PD) unter Präsident Susilo Bambang Yudhoyono hat dagegen deutlich abgenommen. Vor dem Urnengang, in dem 186 Millionen Wähler abstimmen und 560 Parlamentssitze zu besetzen sind, ist sie auf den vierten Platz abgerutscht: Prognosen sagen ihr nur noch zehn Prozent der Stimmen voraus. Diesen Absturz in der Wählergunst habe sich die Partei selber zuzuschreiben, sagt Experte Gun Gun Heryanto: "Die PDI befindet sich nach Korruptionsskandalen in politischen Turbulenzen. Viele ihrer Politiker sitzen wegen Korruptionsvorwürfen im Gefängnis. Dies hat der Regierungspartei sehr geschadet." Minuspunkte habe ihr auch ihre Wirtschaftspolitik eingebracht. Die Regierung sei unfähig gewesen, die schlechte Infrastruktur des Landes zu verbessern. Wachsende Lohnkosten bereiten den Wählern Sorgen. Viele fürchten um ihre Jobs. Ausländische Investoren kritisieren neue Gesetze, wie zum Beispiel die das Verbot, unverarbeitete Mineralerze zu exportieren. Bergbauunternehmen müssen nun für Rohstoffexporte eine zusätzliche Steuer zwischen 20 und 60 Prozent bezahlen - oder hunderte Millionen Dollar in den Aufbau von Metallhütten vor Ort investieren.

Indonesien: Wahlkampf der Demokatische Partei, auf der Fahne Parteichefin Megawati Sukarnoputri (Foto: Robertus Pudyanto/Getty Images)
Wahlkampf der Regierungspartei "Demokratische Partei Indonesiens" (PDI)Bild: Getty Images

Während die regierende Demokratische Partei schwächelt, scheint die Golkar Partei unter Vorsitz der Tochter von Ex-Diktator Suharto im Aufwind zu sein. Angesichts der wachsenden Korruption und vieler ungelöster wirtschaftlicher Probleme herrsche eine gewisse Sehnsucht nach dem früheren autoritären Suharto-System, bemerken Beobachter. Siti Hediati Suharto befördert mit aller Kraft ein positives Image ihres Vater, sie stellt ihn als Garant für wirtschaftlichen Wohlstand sowie "law and order" dar. Ihr Wahlkampf zeigt deutlich nationalistische und rückwärtsgewandte Töne. "Seit dem Beginn der Reformära vor 16 Jahren (nach dem Ende des Suharto-Regimes 1998, d.Red.) haben wir immer wieder die Präsidenten gewechselt, aber anscheinend bringt das unser Land nicht weiter", sagte sie kürzlich gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Die Umfragewerte der Golkar Partei liegen bei 17 Prozent.

Prabowo Subianto, Chef der nationalistischen Gerindra-Partei der "Bewegung Groß-Indonesiens", tritt ebenso im Juli als Präsidentschaftskandidat an. Doch der ehemalige General der indonesischen Armee hat bei den Wählern an Popularität eingebüßt, in den jüngsten Umfragen erreichte seine Partei nur noch 15 Prozent. Viele legen ihm seine kontroverse Vergangenheit zur Last, darunter angebliche Menschenrechtsverletzungen in den 1990er Jahren.

Indonesien: Wahlkampf der Golkar Partei, Anhänger mit gelben Fahnen (Foto: BAY ISMOYO/AFP/Getty Images)
Anhänger der Golkar Partei des ehemaligen Diktators Suharto auf einer WahlveranstaltungBild: Getty Images

"Festigung der Demokratie"

Für Philips Vermonte vom amerikanischen "Zentrum für internationale und strategische Studien"(CSIS) würde ein Sieg der PDI-P bedeuten, dass zum ersten Mal eine frühere Regierungspartei durch Wahlen an die Macht zurückkehrt. "Dann gibt es die Chance, eine Regierung mit einem professionellen Kabinett zu bilden - und nicht mit einem Kabinett, das es den Parteivorsitzenden recht machen will." Dies wäre eine große Errungenschaft und ein Meilenstein in der Geschichte der größten muslimischen Nation der Welt, so Vermonte, denn es bedeute eine Festigung der Demokratie.