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Klotzen statt Kleckern?

8. September 2013

Wenn es stimmt, was die "Los Angeles Times" berichtet, dann dürfte der von Präsident Obama angestrebte Militärschlag gegen das Assad-Regime alles andere als ein Spaziergang werden.

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Der US Flugzeugträger "Nimitz" (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Die USA planen offenbar einen intensiveren und längeren Militäreinsatz in Syrien als bislang bekannt. Wie die Zeitung "Los Angeles Times" unter Berufung auf zwei US-Regierungsvertreter berichtete, bat das Weiße Haus das Verteidigungsministerium um eine erweiterte Liste mit "vielen weiteren" als den bislang vorgesehenen rund 50 Zielen für Angriffe in Syrien. Ziel sei es, zusätzliche Feuerkraft zu mobilisieren, um den stark zerstreuten Streitkräften von Machthaber Baschar al-Assad Schaden zuzufügen.

Das Pentagon plant dem Bericht zufolge nun, Luftwaffen-Bomber, fünf im Mittelmeer stationierte Zerstörer sowie Marschflugkörper und Luft-Boden-Raketen einzusetzen. Zudem könne auch der Flugzeugträger "Nimitz" (Foto), der mit einem Kreuzer und drei Zerstörern im Roten Meer patrouilliert, Marschflugkörper abfeuern.

Proteste gegen US-Pläne für Militärschlag

Nach jedem Einsatz werde es eine Auswertung geben, welche Ziele verfehlt worden seien, sowie gegebenenfalls weitere Angriffe und "das alles binnen 72 Stunden", sagte ein mit der Planung vertrauter US-Vertreter der Zeitung. Präsident Barack Obama wirbt derzeit im eigenen Land und international für einen Militäreinsatz gegen die syrische Führung unter Staatschef Baschar al-Assad. Die Debatte hatte nach den mutmaßlich von der Regierung initiierten Giftgasangriffen nahe Damaskus am 21. August begonnen.

Entlastung für Staatschef Assad

Der Einsatzbefehl für diese Angriffe kam nach einem Bericht der "Bild am Sonntag" vermutlich nicht von Assad selbst. Syrische Militärkommandeure hätten sich vielmehr seit Monaten beim Staatschef für den Einsatz von Giftgas eingesetzt. Dies belegten Funkgespräche, die vom Flottendienstboot "Oker" abgefangen worden seien. Das Spionageschiff der deutschen Marine kreuzt vor der Küste Syriens. Laut den Erkenntnissen der Abhör-Spezialisten seien die von den Kommandeuren verlangten Giftgas-Angriffe stets abgelehnt und der Einsatz vom 21. August wahrscheinlich nicht von Assad persönlich genehmigt worden, schreibt das Blatt weiter. Bei dem Chemiewaffen-Angriff wurden nach Angaben der US-Regierung 1429 Menschen getötet.

Das deutsche Flottendienstboot "Oker" (Foto: picture-alliance/dpa)
Das deutsche Flottendienstboot "Oker"Bild: picture-alliance/dpa

Assad wies auch persönlich den Vorwurf zurück, den Einsatz von Chemiewaffen veranlasst zu haben. In einem CBS-Interview erklärte der syrische Machthaber, von einem Chemieangriff nichts gewusst zu haben, wie der US-Fernsehsender vorab mitteilte. Das Interview soll am Montagmorgen ausgestrahlt werden.

Wie es in der "Bild am Sonntag" weiter heißt, geht der Bundesnachrichtendienst (BND) davon aus, dass sich das Regime in Damaskus noch lange an der Macht halten kann - unabhängig von einem Militärschlag der USA gegen Syrien. BND-Präsident Gerhard Schindler habe am vergangenen Montag vor dem Verteidigungsausschuss des Bundestages in geheimer Sitzung erklärt, der Bürgerkrieg werde sich möglicherweise noch Jahre hinziehen.

Rebellen sollen Wallfahrtsort Maalula kontrollieren

Zudem habe der Generalinspekteur der Bundeswehr, Volker Wieker, den Ausschuss-Mitgliedern von einer dramatischen Machtverschiebung innerhalb der Rebellen berichtetet, so das Blatt. Danach hat die vom Westen unterstützte Freie Syrische Armee (FSA) ihre einstige militärische Führungsrolle eingebüßt. Der Zusammenschluss von Deserteuren der Assad-Truppen sei de facto nicht mehr existent. Stattdessen werde der Einfluss des Terrornetzwerks Al-Kaida auf die Rebellen-Bewegung immer stärker. Das habe dramatische Folgen. Laut Wieker gibt es kaum noch Überläufer aus den Reihen der Assad-Truppen. Denn Deserteure würden von den Rebellen in der Regel sofort erschossen.

Die syrischen Aufständischen übernahmen unterdessen nach Angaben von Aktivisten und Bewohnern die vollständige Kontrolle über den christlichen Wallfahrtsort Maalula nahe Damaskus. In der Nacht habe es heftige Kämpfe zwischen einfallenden Regierungstruppen und bewaffneten Rebellen gegeben, sagte der Leiter der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman, der Nachrichtenagentur AFP. Den Aufständischen sei es aber gelungen, die Kontrolle über die gesamte Stadt zu übernehmen. Der Beobachtungsstelle zufolge wurden bei den Gefechten mindestens 17 Aufständische getötet und mehr als hundert weitere verletzt. Auf Seiten der Regierungstruppen habe es ebenfalls zahlreiche Tote und Verletzte gegeben. Die Angaben der Organisation sind von unabhängiger Seite nur schwer überprüfbar.

Der christliche Wallfahrtsort Maalula in der Nähe von Damaskus (Foto: picture-alliance/akg-images/Hedda Eid)
Ein Bild - aus besseren Tagen - vom christlichen Wallfahrtsort Maalula in der Nähe von DamaskusBild: picture-alliance/akg-images/Hedda Eid

Maalula ist für seine Kirchen und Höhlenklöster aus den ersten Jahrhunderten des Christentums berühmt. Die überwiegend griechisch-katholischen Christen sprechen noch Aramäisch, die Sprache Jesu. Der Ort ist einer der wichtigsten christlichen Pilgerorte Syriens und war vor dem Bürgerkrieg auch ein beliebtes Touristenziel.

sti/rb (epd, rtr, afp, dpa)