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Wirtschaftswunderland mit Fragezeichen

Manuela Kasper-Claridge, z.Zt. Panama-Stadt1. April 2014

Panama hat stabile Wachstumsraten, eine wachsende Mittelschicht und eine herausragende strategische Lage. Derzeit ist das Land Gastgeber einer regionalen Veranstaltung des Weltwirtschaftsforums.

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Ein Containerschiff im Panama-Kanal (Foto: EPA/ALEJANDRO BOLIVAR dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

"Auf dieser Seite liegt der Pazifik. 80 Kilometer weiter geht es in die Karibik." Heftig schwenkt Casiano Dominguez seine Arme von der einen zur anderen Seite, um irgendwie die Dimensionen des Panamakanals deutlich zu machen. Wir fahren über die Brücke "Puente de las Americas", unter uns ziehen riesige Schiffe ihre Bahnen. Das ist hier noch ein altes Stück des Panamakanals und deshalb vergleichsweise schmal. Weiter oben wird der Kanal bereits ausgebaut, um noch größeren Schiffen die Durchfahrt zu ermöglichen. 5,3 Milliarden US-Dollar kostet der Ausbau, Ende 2015 soll er fertig sein.

Bauboom in Panama

Von der Müllhalde zur besten Wohngegend

Dominguez ist hier geboren und er ist stolz, Panamaer zu sein. "Wir haben genug Arbeit", sagt er, "und bald auch eine U-Bahn." 16 Stationen umfasst die erste Ausbaustufe durch Panama City. Dominguez kann sich über den morgendlichen Verkehrsstau auf der Brücke nicht aufregen. 40 Minuten Kriechverkehr - aber es geht doch irgendwie voran. So wie im ganzen Land.

Fast überall wird gebaut, Kräne errichten noch höhere Wolkenkratzer, Inseln werden künstlich aufgeschüttet. Die Costa del Este war noch vor acht Jahren eine riesige Müllhalde, heute wachsen hier tropische Pflanzen und die Sonne spiegelt sich in den gläsernen Fassaden der Hochhäuser. Die Gegend gehört jetzt zu den besten und teuersten Panamas. Privatschule oder Golfplatz: Hier gibt es alles, was die wohlhabenden Mieter und Eigentümer begehren.

Bauarbeiten am Panama-Kanal (Foto: AP Photo/Arnulfo Franco)
Der Ausbau des Panama-Kanals geht nach einem Baustopp weiterBild: picture alliance/AP Photo

Kapital aus Venezuela

Besonders aus Venezuela ist viel Geld ins Land geflossen. Wer kann, legt sein Kapital in Panama an, die Einkommensteuern sind niedrig und die Wirtschaft wenig reglementiert. Viele Venezolaner haben in Panama Wohnungen gekauft und den Immobilienboom befördert. Die Bauarbeiter arbeiten 48 Stunden die Woche. Das einzige Problem scheint zu sein, das es nicht genug Arbeiter gibt.

Doch die Lebensqualität wächst nicht für alle gleich. Unter Inflationsraten von sieben Prozent für Lebensmittel leiden vor allem die Menschen, die wenig verdienen. "Wir sind kein armes Land, aber ein Land mit vielen armen Menschen", sagt Christine Göllner, Geschäftsführerin der deutsch-panamaischen Handelskammer. Die resolute Bauingenieurin lebt seit 30 Jahren hier und ist mit einem Panamaer verheiratet. Ihr Blick auf die vielen Veränderungen ist positiv, aber nicht unkritisch.

"Die Regierung unter Präsident Martinelli steckt viel Geld in den Ausbau der Infrastruktur", erzählt sie. "Angefangen bei der Modernisierung des Flughafens bis hin zum Bau neuer Autobahnen oder Krankenhäuser. Aber Panama ist trotzdem ein Land mit großen sozialen Ungleichgewichten. Das muss sich ändern." Das Pro-Kopf-Einkommen lag 2010 bei 12.700 US-Dollar im Jahr, ein Spitzenwert in Lateinamerika, doch die Armutsrate betrug auch hohe 28 Prozent.

Gipfeltreffen in Panama

Versprochen wird den Panamaern derzeit viel. Denn am 4. Mai sind Präsidentschaftswahlen. Präsident Martinelli, ein erfolgreicher Unternehmer, kann nicht wiedergewählt werden. Möglicherweise aber wird seine Frau, Marta Linares de Martinelli, neue Vizepräsidentin. Panama City ist mit Wahlplakaten zugepflastert. Die Kandidaten kündigen Sozialreformen und Steuersenkungen an. Der Wahlausgang scheint offen, lokale Prognosen sehen aber einen leichten Vorsprung für die Partei Martinellis. Der wird sich in den nächsten Tagen über viel Aufmerksamkeit freuen können.

Ricardo Martinelli, Präsident von Panama (Foto: EPA/ALEJANDRO BOLIVA)
Panamas Präsident Ricardo MartinelliBild: picture-alliance/dpa

Denn vom 1. bis zum 3. April treffen sich die Teilnehmer des Weltwirtschaftsforums zu Lateinamerika in seinem Land. Zahlreiche Staats- und Regierungschefs und viele Minister aus der Region haben ihre Teilnahme zugesagt. Sie wollen über die Fortschritte und das Potential Lateinamerikas diskutieren. Panama scheint dafür ein idealer Tagungsort.