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Nicht alle jubeln in Zypern

Manuel Özcerkes, z.Zt. Nikosia20. März 2013

Hat sich Zypern mit seinem Nein zum Rettungsplan von der EU abgewandt? Zwar war der Jubel laut, doch nicht jeder hat sich die Ablehnung der Auflagen gewünscht, erfuhren die DW-Reporter in Nikosia.

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GettyImages 164058650 Cypriot protestors wave banners picturing German Chancellor Angela Merkel (C) and Cypriot President Nicos Anastasiades (R) during a demonstration against an EU bailout deal outside the parliament in the capital, Nicosia, on March 19, 2013. The speaker of the Cypriot parliament urged MPs to say 'no to blackmail' in a vote on a eurozone bailout aimed at saving the Mediterranean island from bankruptcy. AFP PHOTO/BARBARA LABORDE (Photo credit should read BARBARA LABORDE/AFP/Getty Images)
Zypern Bankenkirse Proteste am 19.03.2013Bild: AFP/Getty Images

Es war, als hätte Zypern die Fußball-Europameisterschaft gewonnen. Der Jubelschrei in der Hauptstadt Nikosia in dem Moment, in dem das zyprische Parlament gegen die Auflagen der EU gestimmt hatte, war laut und dauerte einige Minuten. Ein Parlamentarier trat vor dem Hohen Haus vor die Demonstranten, die lautstark protestierten und verkündete die historische Entscheidung.

Tausende Zyprer, aber auch viele Russen, hatten seit dem späten Dienstagnachmittag (19.03.2013) stundenlang vor dem Parlament ausgeharrt. "Russland, Russland", skandierten manche. Es drückt die Hoffnung einiger aus, dass Russland anstatt der Europäischen Union mit weiteren Milliarden einspringen könnte, um die Banken der Insel zu retten. Und tatsächlich: Gleich nach der Parlamentsabstimmung wurden Verhandlungen mit Moskau angekündigt. Eine Abwendung der Zyprer von der Europäischen Union? Zumindest die Parlamentarier der Insel haben sich mit der Entscheidung von der EU entfernt.

Proteste gegen "Wirtschaftsfaschismus"

Viele, die stundenlang vor dem Parlament demonstriert hatten, sahen in der Entscheidung einen Sieg vor allem gegen die deutsche Regierung, gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Eine ältere Dame hielt ein Plakat in die Höhe, eine Fotomontage, auf der die deutsche Regierungschefin in einer Art SS-Uniform zu sehen war. Darauf angesprochen erklärt sie, es müsse endlich Schluss sein mit dem "deutschen Wirtschaftsfaschismus". Für die harte Haltung der deutschen Regierung, wenn es um Milliardenhilfen für notleidende Euroländer geht, wird Angela Merkel schon lange hart kritisiert, nicht nur in Zypern, sondern auch in Griechenland und anderen Euro-Krisenländern.

Überdimensionierter Bankensektor in Zypern

Nicht nur Ablehnung

Einige Stunden vorher hatten wir in der Innenstadt gefragt, was die Menschen von den Forderungen der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds halten. Auch auf Drängen Angela Merkels hatten beide Institutionen ja gefordert: Die Sparer der Insel sollen einen Teil der Milliardenhilfen für die maroden Banken selbst tragen. Wer mehr als 20.000 Euro auf dem Konto hat, sollte auf fast sieben Prozent verzichten. Bei mehr als 100.000 Euro würden knapp zehn Prozent fällig.

Das Meinungsbild fiel überraschend aus: "Ich würde auch 15 Prozent zahlen", sagte ein Einzelhändler. Wie viele Zyprer hatte auch er einen großen Betrag auf dem Bankkonto angelegt. Es soll einmal die Altersvorsorge sein. "Ich bin bereit, auf das Geld zu verzichten, damit es mit der Krise endlich vorbei ist", erklärt der Geschäftsmann eher zähneknirschend. Die weitaus meisten, die wir für die DW dazu befragen konnten, waren für die Abgabe - um einen möglichen Austritt Zyperns aus der EU zu verhindern. Manche auf der Insel hätten sich also eine andere Entscheidung des Parlaments gewünscht. Sie haben sich - im Gegensatz zu Regierung und Opposition auf Zypern - nicht von der EU abgewandt. Ob es nur manche oder die meisten Zyprer sind, das konnten wir nicht feststellen am Tag der Entscheidung. Was aber deutlich wurde: Am Dienstagabend waren die Gegner der EU-Forderungen am deutlichsten zu hören und in den Medien zu sehen. Diejenigen, die die harten Einschnitte akzeptiert hätten, wurden kaum bemerkt.