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Neue Impulse am Skalpell

Wolfram Hanke 23. Dezember 2013

Die Ausbildung zum Chirurgen in einem deutschen Krankenhaus bringt Wilfried Addo in seiner Heimat Anerkennung. Beim Gesundheitsministerium in Ghana ist sein Rat gefragt, und Kollegen schätzen sein Fachwissen.

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Dr. Wilfried Addo am Schreibtisch (Foto: DW/Wolfram Hanke)
Bild: DW/W. Hanke

Vier Jahre lang war Doktor Wilfried Addo an der Uniklinik des saarländischen Städtchens Homburg im Dienst. Gleich nach seinem Medizinstudium in Ghana hatte er sich 1995 um eine Facharztausbildung in Deutschland bemüht und kam dann für vier Jahre ins kleinste deutsche Bundesland. "Es war anfangs schwierig", sagt Addo. "Ich habe in Ghana lange vergeblich Unterstützung gesucht. Zum Glück habe ich damals in einem katholischen Missionskrankenhaus gearbeitet. Dadurch war es einfacher, beim KAAD anzuklopfen und das Stipendium zu bekommen."

Stipendium durch den KAAD

KAAD ist die Abkürzung für den Katholischen Akademischen Ausländerdienst, der seine Stipendien aus Kirchensteuern und Bundesmitteln finanziert. Wilfried Addo bekam ein Stipendium für fünf Jahre, musste sich aber zuerst ausreichende Deutschkenntnisse aneignen; deshalb belegte der Ghanaer einen neunmonatigen Sprachkurs in Bonn. "Es war mein erstes Mal in Deutschland", schildert Addo seine Ankunft. "Die Sprache war sehr schwierig, dazu kamen die Kulturunterschiede und die Kälte. Ich musste viel lernen. Ich habe schnell versucht, deutsche Freunde zu finden; mit ihrer Hilfe ist alles ein bisschen leichter geworden."

Studentenwohnheim als Starthilfe

Die Unterkunft im Studentenwohnheim war die ideale Starthilfe für Wilfried Addo. Hier bekam er schnell Kontakt zu anderen Studierenden und konnte viel Geld sparen, weil er direkt neben der Klinik wohnte. Seine Geldreserven waren damals nicht gerade üppig, aber sie reichten aus. Und nach der Ausbildung zum Chirurgen wollte er auf jeden Fall nach Ghana zurück. "Von Anfang an war für mich klar, dass ich sofort nach Hause zurückkehre, wenn ich mit der Ausbildung fertig bin", bekräftigt Wilfried Addo. "Meine Frau und meine Kinder leben in Ghana. Meine Mutter und meine Geschwister sind auch noch da. Ich bin sehr glücklich zuhause; von daher habe ich nie einen Gedanken darauf verschwendet, für immer in Deutschland zu bleiben."

Karneval

Wissen zuhause weitergeben

Zuhause in Ghana gibt der Chirurg seine Fachkenntnisse inzwischen an Kollegen weiter. In seiner Heimat wurde Addo nicht zuletzt dank seiner Weiterbildung in Deutschland zum gefragten Berater beim Gesundheitsministerium. Er ist zuständig für alle Fragen rund um Krankenhaus und klinische Weiterentwicklung, arbeitet aber auch weiterhin an vorderster Front als Arzt und gibt sein Wissen an Studenten weiter. An Deutschland schätzt der Afrikaner vor allem die Gründlichkeit und den Fleiß, mit dem die Mediziner an ihre Arbeit gehen. Es wird viel studiert und geforscht, und die Ergebnisse werden per Internet mit Kollegen aus anderen Ländern abgeglichen. Das kennt Wilfried Addo aus seiner Heimat nicht, dort arbeitet jeder für sich allein.

Dr. Wilfried Addo und eine Krankenschwester schauen sich Unterlagen an (Foto: DW/Wolfram Hanke)
Lagebesprechung vor der OPBild: DW/W. Hanke

Regelmäßige Rückkehr nach Deutschland

Alle zwei Jahre kommt der Arzt seit seiner Ausbildung zurück nach Deutschland, um neue Techniken zu studieren. Derzeit ist er für acht Wochen in der Gynäkologie des Missionsärztlichen Instituts in Würzburg tätig, um alles über Brustchirurgie zu lernen. Er steht mit Oberärzten im Operationssaal, ist aber auch bei Vor- und Nachsorge der Patientinnen dabei. "Ich habe das Glück, einige Freunde hier zu haben", erklärt Addo den guten Draht nach Würzburg. "Das macht es einfach, den Aufenthalt hier zu organisieren. Alle meine Papiere sind in Bayern, deshalb lohnt es sich nicht, eine andere Stelle zu suchen, denn dann müsste ich mit dem ganzen Papierkram von vorne anfangen. Hier liegt alles schon in der Personalabteilung."

Zweite Heimat Würzburg

Wilfried Addo ist gerne in Würzburg, mittlerweile schon zum fünften Mal. Er genießt die fränkische Lebensart, die Architektur und die Kultur und freut sich als gläubiger Christ über die vielen Kirchen in der Bischofsstadt.

Dr. Addo steht vor der Missionsärztlichen Klinik Würzburg (Foto: DW/Wolfram Hanke)
In der Missionsärztlichen Klinik Würzburg kennt und schätzt man Dr. AddoBild: DW/W. Hanke

Außerdem fühlt er sich in Würzburg sicher, wenn er Freunde in der Stadt besucht. Angst vor rassistischen Übergriffen hat der Afrikaner nicht, bisher sind ihm die Menschen immer freundlich begegnet. Einen Weg, wie er ihn gegangen ist, kann er deshalb jedem angehenden Arzt in Ghana empfehlen. "Zur Zeit ist es finanziell ein bisschen schwierig, die Stiftungen haben Geldprobleme", sagt Addo. "Aber prinzipiell kann ich allen nur raten, nach Deutschland zu kommen. Vor allem Unfallchirurgie, plastische Chirurgie und Kinderchirurgie sind Disziplinen, die man bei uns zuhause nicht lernen kann." Die aber dringend gebraucht werden in seiner Heimat. "Ohne meine Kenntnisse aus Deutschland könnte ich meinen Landsleuten nicht so gut helfen", ist der Doktor überzeugt. Nicht nur als Chirurg am St. Joseph Hospital in der kleinen Stadt Koforidua, sondern auch als wichtiger Berater der staatlichen Gesundheitsbehörde. Und die hat immerhin Vorbildcharakter für ganz Afrika.