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Die Eiszeit geht weiter

Michael Knigge / sp19. März 2015

Der Wahlsieg von Benjamin Netanjahu ist eine schlechte Nachricht für das amerikanisch-israelische Verhältnis. Für seinen Erfolg hat der Premier wenig Rücksicht auf die USA genommen. Die Beziehung bleibt unterkühlt.

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Der isralische Premier Benjamin Netanjahu trifft zu Gesprächen mit US-Präsident Barack Obama im im Weißen Haus in Washington zusammen (Foto: REUTERS/Kevin Lamarque)
Bild: Reuters/Kevin Lamarque

Benjamin Netanjahu hat sich in einem hart umkämpften und bis zum Schluss offenen Rennen letztlich als Sieger entpuppt. Man kann sich gut vorstellen, wie US-Präsident Barack Obama angesichts des Wahlergebnisses in Israel im Weißen Haus sitzt und ungläubig und enttäuscht mit dem Kopf schüttelt. Denn den jüngsten Auftritt Netanjahus in den USA kann Obama nur als persönlichen Affront gewertet haben: Vor dem US-Kongress attackierte der israelische Premier wenige Tage vor der Wahl in Israel eines von Obamas wesentlichen politischen Zielen - eine Einigung mit Teheran im Streit über das iranische Atomprogramm. Einige Analysten bewerteten Netanjahus Zug als Tiefschlag für die amerikanisch-israelischen Beziehungen. Doch seine Wiederwahl scheint Netanjahus Auftritt auf dem Capitol Hill - der mit freundlicher Unterstützung der republikanischen Opposition ablief - durchaus begünstigt zu haben.

"Abschreckung und Panik"

"Ein bemerkenswerter Last-Minute-Sieg für Netanjahu", kommentiert der Direktor des Nahost-Zentrums an der Universität von Kalifornien, Steven Spiegel, die Wahl. "Er hat sich die Republikaner in den USA zum Vorbild genommen und sich ihnen deutlich angenähert", sagt Spiegel. Ähnlich urteilt der stellvertretende Direktor am Nahost-Zentrum der Northeastern-Universität in Boston, Dov Waxman: "Netanjahus Abschreckungstaktik und Panikmache haben sich für ihn bezahlt gemacht".

Ein Sieg von Herausforderer Izchak Herzog wäre wohl einem Neustart der israelisch-amerikanischen Beziehungen gleichgekommen. Doch eine weitere Amtszeit für Netanjahu verhindert eine Wiederannäherung der beiden Regierungen zunächst. "Es ist kein Geheimnis, dass Obama und Netanjahu nicht miteinander auskommen", sagt die Direktorin des Nahost-Zentrums der Rand Corporation, Dalia Dassa Kaye. "Ihr Verhältnis hat sich nach Netanjahus wenig durchdachten Äußerungen vor dem US-Kongress weiter verschlechtert."

Benjamin Netanjahu hält vor dem US-Kongress in Washington eine Rede (Foto: Win McNamee/Getty Images)
Tiefschlag für Obama? Netanjahus Rede vor dem US-KongressBild: Getty Images/W. McNamee

Wie ein Sieg für die Republikaner

Auf der anderen Seite haben sich Republikaner und Netanjahus Likud-Partei in den vergangenen Jahren eng miteinander verbandelt. Die Rede Netanjahus, die den Brief von 47 republikanischen US-Senatoren an Teheran flankierte, hat aber nicht nur Obamas Bestrebungen niedergemacht, sondern war eine ganz neue Dimension.

Diese Polarisierung habe zu einer einzigartigen Situation geführt, in der "ein Sieg Netanjahus zugleich als ein Sieg der US-Republikaner empfunden wird", sagt Dalia Dassa Kaye. "Im nationalen Interesse liegt dies nicht. Man kann davon ausgehen, dass Netanjahus Wiederwahl die Kluft zwischen Demokraten und Republikanern weiter vergrößert."

Ein Anhänger der Likud-Partei bejubelt den Wahlerfolg Benjamin Netanjahus (Foto: REUTERS/Nir Elias)
Die Wahlprognosen lagen falsch: Überraschend siegte Netanjahus Likud-ParteiBild: Reuters/N. Elias

Eine Folge werde sein, dass "mehr Amerikaner ihre grundsätzliche Unterstützung für Israel durch ihre Ablehnung Netanjahus infrage stellen", sagt Steve Spiegel. "Dies trifft vor allem die jüdische Gemeinde in Amerika, die gespaltener als je zuvor sein wird."

Keine Rücksicht auf Washingtons Anliegen

Kurz vor dem Urnengang hatte Netanjahu angekündigt, er werde alles tun, um die Schaffung eines palästinensischen Staats zu verhindern. Damit hat er ein weiteres Hauptanliegen der US-Regierung torpediert: den Nahost-Friedensprozess. "Der Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern wird durch eine rechtskonservative Regierung in Jerusalem mit Sicherheit nicht wiederbelebt", sagt Waxman.

Auf Konfrontationskurs sind Jerusalem und Washington in dieser Frage ebenso wie bei dem iranischen Atomprogramm. Die jeweiligen Positionen sind festgefahren, die Chancen auf eine Annäherung gering. "Wenn Netanjahu an der Spitze der nächsten israelischen Regierung steht, bedeutet das für das israelisch-amerikanische Verhältnis nichts Gutes", wirft Dov Waxman einen düsteren Blick auf das zukünftige Verhältnis beider Regierungen.