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Wahlergebnis bis Januar

Hilke Fischer21. Dezember 2013

Robinson oder Rajaonarimampianina? Nach der Stichwahl haben sich beide Kandidaten zum Sieger erklärt, die Auszählung dauert an. Je nach Gewinner folgen nun die Rückkehr von Exilpolitikern oder ein "russisches Szenario".

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Stimmauszählung in Antananarivo (Foto: Xinhua/Li Jing)
Bild: picture alliance/ZUMAPRESS

"Das gegnerische Lager hat betrogen", so tönt es unmittelbar nach der Stichwahl vom 20.12.2013 auf beiden Seiten. Beide Kandidaten reklamieren gegenüber der Presse den Wahlsieg für sich, mit jeweils deutlich über 50 Prozent.

Erste Stellungnahmen von Wahlkommission und Beobachtern sprechen dagegen von einem Verlauf ohne gravierende Beeinträchtigungen: "Das waren Wahlen, um die politische Krise zu überwinden. Gerüchte gibt es dabei immer", sagte die UN-Beauftragte für Madagaskar, Fatma Samoura. Die offiziellen Wahlergebnisse werden nun bis zum 7. Januar erwartet.

Dabei ist das politische Programm der Präsidentenanwärter so wenig bekannt wie die Kandidaten selbst. Schlussendlich geht es aber auch gar nicht um Jean Louis Robinson und Hery Rajaonarimampianina: Beide Kandidaten verdanken ihre Position zwei einflussreichen Männern, die seit Jahren in der madagassischen Politik die Fäden ziehen.

Der 61-jährige Jean Louis Robinson war Sport- und Gesundheitsminister unter dem vor vier Jahren gestürzten Präsidenten Marc Ravalomanana. Seit seiner Entmachtung lebt Ravalomanana im südafrikanischen Exil. Er durfte bei der Wahl selbst nicht antreten und setzt deshalb auf Robinson. Auch dem Putschisten und aktuellen Übergangspräsidenten, Andry Rajoelina, wurde eine Kandidatur verboten. Er unterstützt öffentlich seinen ehemaligen Finanzminister Rajaonarimampianina.

Jean Louis Robinson (Foto: EPA/KABIR DHANJI)
Sieger des ersten Wahlganges: Jean Louis RobinsonBild: picture-alliance/dpa

Die Wahl in Madagaskar wird also nicht, wie von der internationalen Gemeinschaft erhofft, den Weg frei machen für eine neue Persönlichkeit an der Spitze des Landes. Sie ist ein Duell von Stellvertretern.

Angst vor Racheakten und einem erneuten Putsch

Was würde ein Sieg von Jean Louis Robinson bedeuten? Marcus Schneider von der deutschen Friedrich-Ebert-Stiftung hat eine Veranstaltung des Kandidaten besucht. "Er hat verkündet, dass es seine erste Amtshandlung sein würde, die Frau des gestürzten Präsidenten Ravalomanana zur Premierministerin zu machen", erinnert er sich. "Als zweite Amtshandlung wollte er Marc Ravalomanana selbst aus dem Exil zurück nach Madagaskar holen."

Genau davor fürchten sich viele Bewohner des Inselstaates. Ravalomanana hat den Ruf, rachsüchtig zu sein. "Viele von uns blicken mit großer Nervosität auf eine mögliche Rückkehr. Wir haben Angst. Vor seiner Entmachtung besaß er eine milliardenschwere Lebensmittelfabrik. Die wurde nach dem Putsch komplett geplündert und zerstört. Das erste, was er tun wird, ist sie zurückzufordern", sagt die Juristin und Bürgerrechtlerin Sahondra Rabenarivo.

Plakat des gestürzten Präsidenten Ravalomanana (Foto: AP Photo/Schalk van Zuydam)
Die Wahlkämpfer von Jean Louis Robinson werben mit dem Bild des gestürzten Präsidenten RavalomananaBild: picture alliance/AP Photo

Der Sturz Ravalomananas sei von zwei Dritteln der politischen Klasse und einem Großteil des Militärs organisiert worden. Auch die fürchteten im Falle eines Sieges von Jean Louis Robinson Rache - und den Verlust ihrer wirtschaftlichen und politischen Privilegien, sagt Marcus Schneider. Seine Befürchtung: "Wenn Robinson die Wahl gewinnt, dann besteht die Gefahr, dass es zu einem erneuten Putsch kommt." Dass diese Gefahr durchaus ernst zu nehmen ist, zeigt die Geschichte des Landes: Schon mehrfach ist Madagaskar nach Wahlen in eine Krise gestürzt. So herrschten beispielsweise nach der Präsidentschaftswahl 2002 monatelang bürgerkriegsähnliche Zustände.

Und trotzdem richten viele Madagassen ihre Hoffnung auf Jean Louis Robinson - und damit auf Marc Ravalomanana. Der fuhr in seiner Zeit als Präsident einen klassisch neoliberalen Kurs, war als pro-amerikanisch und pro-chinesisch bekannt, befolgte die Auflagen von Internationalem Währungsfonds und Weltbank. "Wenn Jean Louis Robinson an die Macht kommt, dann werden wir die Gunst der Geber wieder auf unserer Seite haben", hofft Juristin Rabenarivo. Ob Robinson im Falle eines Wahlsiegs an diesen Kurs anschließen wird, kann momentan aber noch niemand sagen.

"Russisches Szenario"

Und was würde ein Sieg von Hery Rajaonarimampianina bedeuten? Die bestehende Ordnung würde bestätigt werden, denn der 55-jährige Rajaonarimampianina steht für die Politik des amtierenden Interimspräsidenten Andry Rajoelina. Rajaonarimampianina hat bereits angekündigt, dass er diesen zu seinem Premierminister ernennen würde. Die madagassische Presse spricht vom "russischen Szenario": Die Konstellation erinnert stark an die politische Situation in Moskau im Jahr 2008 - damals hatte Wladimir Putin Dmitri Medwedew im Rennen um das Präsidentenamt unterstützt, um seinen eigenen Einfluss zu wahren und schließlich selbst wieder Präsident zu werden.

Hery Rajaonarimampianina (Foto: RIJASOLO/AFP/Getty Images)
Hery Rajaonarimampianina steht für den Fortbestand des alten SystemsBild: RIJASOLO/AFP/Getty Images

In der Wirtschaft strebt Rajaonarimampianina eine starke Rolle des Staates an: Die Regierung solle Schulen bauen, Krankenhäuser errichten und in den Straßenbau investieren. Woher er das Geld dafür nehmen will, hat er bislang nicht gesagt.

Im ersten Wahlgang um das Präsidentenamt am 25. Oktober ist Rajaonarimampianina nur als Zweitplatzierter hervorgegangen. Dennoch hat er gute Chancen, die Stichwahl für sich zu entscheiden: Von den 31 Kandidaten aus dem ersten Wahlgang, die es nicht in die Stichwahl geschafft haben, stehen viele für die Politik von Noch-Präsident Rajoelina. Wer im ersten Wahlgang für einen von diesen Kandidaten gestimmt hat, könnte sich deshalb in der Stichwahl für Rajaonarimampianina entscheiden. "Insgeheim hoffen wir alle, dass es ein eindeutiges Ergebnis geben wird", sagt die Bürgerrechtlerin Sahondra Rabenarivo. Dann wäre die Wahrscheinlichkeit höher, dass der unterlegene Kandidat seine Niederlage akzeptieren würde.

Andry Rajoelina (Foto: Xinhua/He Xianfeng)
Der aktuelle Präsident Andry Rajoelina wird als zukünftiger Premierminister gehandeltBild: picture alliance/ landov

"Egal wer die Wahl gewinnt, Madagaskar hat in jedem Fall gewonnen", glaubt Marcus Schneider von der Friedrich-Ebert-Stiftung. Denn dann habe das Land eine Regierung, die international anerkannt wäre. In Folge des Putsches 2009 hatte die internationale Gemeinschaft weitreichende Sanktionen gegen das Land verhängt. Die würden dann aufgehoben, so Schneider. Die erste Wahlrunde sei frei und fair verlaufen, hatte die Europäische Union gelobt. Schneider ist optimistisch: "Wenn die Politik es jetzt nicht völlig vermasselt, dann steht der ökonomische Aufschwung ins Haus."

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