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Mehr über gesunde Ernährung lernen

Johanna Zahn3. Februar 2014

In Deutschland wird immer noch zu wenig Essen frisch zubereitet. Viele Kinder leiden unter Vitaminmangel und Fettleibigkeit. Die EU erweitert daher ihr kostenloses Obstprogramm. Es geht jetzt in die nächste Runde.

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Kinder einer Grundschulklasse schälen Äpfel (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/ZB

In freudiger Erwartung stehen die Kinder der Marienschule Bonn vor zwei mit Äpfeln gefüllten Kisten. In der Frühstückspause gibt es heute "Schulobst": Äpfel für alle, und das auch noch kostenlos. Auch in Industrieländern beginnen viele Kinder den Tag ohne oder nur mit ungesundem Frühstück. Um die Ernährungsgewohnheiten der heranwachsenden Generation positiv zu beeinflussen, unterstützt die EU das sogenannte Schulobstprogramm und erhöht die Zuwendungen in diesem Jahr in Deutschland beträchtlich von 12,3 auf 19,7 Millionen Euro.

Acht Bundesländer nehmen hierzulande bisher am Schulobstprogramm teil. Sie müssen ebenfalls insgesamt 18 Millionen Euro beisteuern. Trotz der hohen Kosten erhoffen sich die Länder, dass das Projekt langfristig kostengünstiger ist als die durch Fettleibigkeit steigenden Kosten im Gesundheitswesen. Durch den regelmäßigen Konsum von frischem Obst und Gemüse hofft man, dass die Kinder in Zukunft zum Apfel statt zu Chips greifen werden: "Wer früh im Leben damit anfängt, sich ausgewogen zu ernähren, hat später im Leben ein geringeres Risiko für bestimmte Erkrankungen wie Übergewicht, Diabetes und Herz-Kreislauf-Leiden", begründet Ariane Girndt vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die Entscheidung, das Programm zu unterstützen. Bisher mussten die Bundesländer in Deutschland die Kosten für Obst und Gemüse zur Hälfte selbst tragen. Damit der Anreiz zur Teilnahme attraktiver wird, will die EU ab dem kommenden Schuljahr drei Viertel der Kosten übernehmen.

Gesundes Frühstück für alle

Neben der Vorbeugung von gesundheitlichen Beschwerden und den daraus entstehenden Mehrkosten spielt auch die zunehmende Verarmung von Kindern eine Rolle. Nach Angaben des Kinderhilfswerks leben 2,8 Millionen Kinder in Deutschland an der Armutsgrenze. Kostenloses Obst und Gemüse unterstützen hier nicht nur eine gesunde Ernährung, sondern leisten neben der Schulmilch, einem weiteren Projekt der EU, einen wichtigen Beitrag dazu, dass Kinder überhaupt ein Frühstück bekommen.

Eine Grundschülerin hält einen angebissenen Apfel in der Hand (Foto: dpa)
In der Frühstückspause gibt es Äpfel aus der RegionBild: picture alliance / dpa

Auch in der Bonner Marienschule kommen viele Kinder aus sozial bedürftigen Familien mit Migrationshintergrund. Sie starten den Tag oft ohne oder nur mit unzureichendem, ungesundem Frühstück. Deshalb begrüßt Schulleiter Thomas Kipper das Programm: "Wir freuen uns, wenn wir als Schule Kindern aus bildungs- und finanzärmeren Familien dieses Angebot machen und sie unbürokratisch unterstützen können."

Die Familien nehmen das Angebot gerne an. Insbesondere die Schüler freuen sich über das "Geschenk". "Für alle ist genug da", freut sich Ali-Efe, der heute mit seiner Mitschülerin Marlin für die Klasse die Äpfel holt. Gebracht wurden die Äpfel vom Bioladen Momo. Er beliefert die Grundschule mit verschiedenen meist regionalen und saisonalen Obst- und Gemüsesorten. Deniz mag besonders Bananen. Die sind neben Äpfeln, Orangen und Kiwis bei den Kindern besonders beliebt.

Ernährungserziehung als unterstützende Maßnahme

Neben dem kostenlosen Obst und Gemüse ist eine ernährungspädagogische Begleitung im Unterricht Voraussetzung für die Teilnahme an dem Programm. Im Unterricht lernen die Kinder, wie verschiedene Obst- und Gemüsesorten schmecken, riechen und zubereitet werden können. Ausflüge zu Bauernhöfen und Streuobstwiesen in der Region geben den Kindern ein Gefühl dafür, wo ihr Essen herkommt. Das Obst taucht als Ernährungslehre im Sachunterricht oder als Mengenlehre in Mathematik wieder auf.

Übergewichtige Kinder hüpfen beim Seilspringen in einer Turnhalle (Foto: dpa)
Viele Kinder in Deutschland sind zu dick. Ausgewogene Ernährung und Bewegung beugen Übergewicht vorBild: picture-alliance/dpa

"Auch die Eltern werden in das Programm mit einbezogen", so Kipper. Schließlich spielen sie eine große Rolle in der Ernährung ihrer Kinder. Auf Elternabenden appellieren die Lehrer an die Eltern: "Guckt, was ihr euren Kindern einpackt - und packt überhaupt etwas ein", so Kipper. Denn auch das ist nicht selbstverständlich. Viele Kinder kommen ganz ohne Pausenbrot zur Schule: "Dass das Frühstück dann auch noch gesund ist, ist schon der zweite Schritt." Informationsmaterialien für die Eltern sollen ein gesundes Frühstück und einen höheren Obst- und Gemüsekonsum auch zu Hause unterstützen.

Apfel und Banane statt Chips und Donuts

An der Marienschule, die im dritten Jahr an dem Projekt teilnimmt, hat sich das Schulbild bereits verändert: In den Pausen essen die Kinder nun statt Chips und Donuts Obst. Die Gruppendynamik führt dazu, dass auch Kinder, die eigentlich nicht so gerne Obst essen, zugreifen.

Ein Korb mit Äpfeln steht in einer Grundschule (Foto: dpa)
Obst ist gesünder und schmeckt besser als Junk FoodBild: picture-alliance/dpa

Für Ariane Girndt vom BMEL ist das Programm ein voller Erfolg. Da die Kinder insgesamt mehr Obst und Gemüse essen würden, wüssten sie auch mehr darüber: "Sie haben neue Sorten kennengelernt und können mehr zum Nutzen wichtiger Bestandteile - wie Vitamine - sagen."

Da sich immer mehr Schulen an dem Projekt beteiligen, gibt es in diesem Schuljahr nur drei Mal pro Woche Obst. Dies, so hofft Schulleiter Kipper, wird sich mit der Aufstockung der EU-Gelder im nächsten Schuljahr wieder ändern: "Die Aufstockung der Fördermittel halte ich für sinnvoll, damit so etwas Liebgewonnenes und sehr Sinnvolles erweitert wird." Die Chancen stehen gut, denn mit den zusätzlichen Geldern werden sicher viele Kinder täglich in den Genuss eines frischen und kostenlosen Frühstücks kommen.