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Mehr Selbstständige, aber in Teilzeit

Andreas Becker18. Februar 2014

Nach zwei Rückgängen in Folge werden in Deutschland wieder mehr Unternehmen gegründet. Fast 900.000 Menschen machten sich selbstständig, die meisten allerdings nur im Nebenerwerb.

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Geschäftsfrau vor einer Gruppe arbeitender Personen
Bild: Fotolia/Kurhan

Der Anstieg auf 868.000 Existenzgründer im Jahr 2013 entspricht einem Plus von zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Allerdings ist der Zuwachs allein den sogenannten Nebenerwerbsgründern zu verdanken. Von ihnen gab es 562.000, die Zahl der Vollerwerbsgründer ging dagegen leicht zurück auf 306.000.

Optimismus beim deutschen Verbraucher

Das geht aus dem aktuellenGründungsmonitor hervor, einer repräsentativen Studie, die die staatliche Förderbank KfW seit dem Jahr 2000 jährlich erstellt. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren machten sich noch 1,6 Millionen Menschen selbstständig, so der Gründungsmonitor 2004.

Fast die Hälfte sind Frauen

Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der KfW, führt den aktuellen Anstieg bei Nebenerwerbsgründern auf die anhaltend gute Lage am Arbeitsmarkt zurück. Dadurch sei der Druck gering, sich im Vollerwerb selbstständig machen zu müssen. "Nebenerwerbsgründer haben bereits ein Haushaltseinkommen, das sie nun ergänzen möchten", sagt Zeuner. "Typischerweise vermitteln sie dann Immobilien oder Versicherungen, sind im Handel oder im Vertrieb tätig, manche arbeiten als Dozenten im Bildungsbereich, im IT-Service, der Software-Entwicklung oder im Handwerk."

Selbstständige im Nebenerwerb starten mit relativ wenig Geld und beschäftigen keine Angestellten. "Viele der Gründer haben auch nicht die Absicht, ihr Geschäft jemals zum Vollerwerb auszubauen", so Zeuner. Fast die Hälfte (45 Prozent) der Nebenerwerbsgründer sind Frauen, jeder vierte (27 Prozent) war vor der Selbstständigkeit ohne eigenes Einkommen. Der Nebenerwerb ist also oft ein Zubrot zum Einkommen des Hauptverdieners im Haushalt.

12.02.2013 DW MIG Jörg Zeuner
Bild: DW

Wie die Ergebnisse des KfW-Gründungsmonitors zu deuten sind, hängt auch vom Standpunkt des Betrachters ab. Florierende Unternehmen mit zahlreichen Angestellten werden aus den meisten Nebenerwerbsgründungen nicht entstehen, gibt Zeuner zu. Er freue sich aber, "dass der Anteil derjenigen gestiegen ist, die bisher nicht am Erwerbsleben teilgenommen haben".

Weniger Förderung für Arbeitslose

Ob die Unternehmensgründer von Fördergeldern profitieren konnten, weiß die KfW erst im Mai, wenn die Daten des Gründungsmonitors vollständig ausgewertet sind. Langzeitarbeitslose und Bezieher von staatlicher Unterstützung zum Lebensunterhalt (Hartz IV) erhalten allerdings seltener Fördergeld als früher, wenn sie sich selbststständig machen wollen. Das geht aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg von Ende 2013 hervor.

2007 erhielten noch 32.000 arbeitslose Existenzgründer das sogenannte Einstiegsgeld. Damit fördert der Staat den Schritt in die Selbstständigkeit bis zu zwei Jahre lang, in der Hoffnung, dass die Geförderten anschließend keine Sozialleistungen mehr benötigen. Weil diese Neugründungen aber oft erfolglos blieben, prüfen die Jobcenter die Pläne potenzieller Gründer inszwischen strenger. Im Jahr 2012 erhielten nur noch 8.000 Menschen Einstiegsgeld.

Ideen ausprobieren

Abseits von Gründungen durch Langzeitarbeitslose sieht KfW-Chefvolkswirt Zeuner keinen Beleg für die Einschätzung, dass Menschen in die Selbstständigkeit getrieben werden, weil das bisherige Haushaltseinkommen nicht zum Leben reicht. Im Einzelfall möge das so sein, sagt er. "Doch häufiger als andere haben Nebenerwerbsgründer eine konkrete Geschäftsidee, die sie gerne ausprobieren wollen."

Das werde durch die relativ gute Wirtschaftslage begünstigt, insbesondere die gestiegene Nachfrage im Inland. "Die Stimmung in Deutschland ist sehr gut, durch alle Branchen, beim Mittelstand ebenso wie in Großunternehmen", sagt Zeuner. "Auch die Geschäftslage wird von den meisten positiv beurteilt." Für das laufende Jahr erwartet die KfW einen erneuten Anstieg der Gründertätigkeit - vorausgesetzt, die Konjunktur belebt sich wie erwartet.