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Korea: "Keine unmittelbare Gefahr nach Schusswechsel auf See"

Esther Felden7. Oktober 2014

Nach dem überraschenden innerkoreanischen Spitzentreffen kam es auf See zu einem Schusswechsel. Die Hoffnung auf neuen Dialog dämpft das aber noch nicht, meint Lars-André Richter von der Naumann-Stiftung in Seoul.

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Südkoreanische Soldaten bei einer Militärübung auf See (Foto: "picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Deutsche Welle: Herr Richter, an der Seegrenze zwischen Nord- und Südkorea ist es an diesem Dienstag zu einem Schusswechsel gekommen, nachdem ein nordkoreanisches Patrouillenboot die Grenze überquert hatte. Derartige Zwischenfälle gab es in der Vergangenheit häufiger. Wie ernst muss man sie nehmen?

Die Seegrenze ist umstritten, und so etwas passiert dort immer wieder, zum Teil auch schon unterhalb der medialen Wahrnehmungsgrenze. Insofern würde ich es nicht überbewerten, zumal es offenkundig auch keinen Sach- oder Personenschaden gab.

Der jüngste Schusswechsel kam nur wenige Tage nach dem ersten Spitzentreffen zwischen Vertretern Nord- und Südkoreas seit fünf Jahren. Sehen Sie eine Gefahr, dass Vorfälle wie dieser die gerade aufkeimende Hoffnung auf einen Entspannungsprozess im Keim wieder ersticken könnten?

Eine unmittelbare Gefahr sehe ich erst einmal nicht, weil solche Vorfälle eben nicht ungewöhnlich sind. Wenn es beiden Seiten mit den Gesprächen ernst ist, wäre es natürlich gut, auf solche Scharmützel auf offener See zu verzichten. Aber ich denke trotzdem, dass man das voneinander trennen kann.

Inwieweit kann man von außen beurteilen, wie ernst beide Seiten es meinen?

Das ist sehr spekulativ. Das innerkoreanische Verhältnis ist ja eigentlich geprägt von einem ständigen Auf und Ab, wer auch immer sich dafür verantwortlich zeichnet. Immer wieder gab es in der Vergangenheit Initiativen, die darauf abzielten, wieder miteinander zu reden. Und genauso gab es immer wieder Vorfälle, die solche Initiativen zunichte gemacht haben. Insofern ist es schwer einzuschätzen. Allerdings: Es ist das erste Mal seit einem halben Jahrzehnt, dass beide Seiten wieder auf einer protokollarisch sehr hohen Ebene miteinander gesprochen haben. Das ist erst einmal gut.

Wie wurde das Treffen in Südkorea bewertet?

Unterm Strich fielen die Bewertungen eher neutral aus. Auf der einen Seite gab es Stimmen, die die Tatsache, dass wieder etwas passiert ist, dass es Bewegung gibt, loben. Auf der anderen Seite gab es aber auch die Skeptiker. Insgesamt würde ich den Tenor so beschreiben: "Wait and see" - abwarten, was daraus wird.

Wenn es nicht nur bei Gesprächen bleibt, sondern beispielsweise auch wieder zu Familienzusammenführungen kommen würde, würde das die Situation ändern. Denn das wäre ein Ergebnis, das entsprechend positiv kommentiert würde. Ob es dazu kommt, bleibt abzuwarten. Ende Oktober, Anfang November sollen die Gespräche erstmal fortgesetzt werden. Konkretere Verabredungen gab es am Samstag offenbar noch nicht.

Annäherungen gab es in den vergangenen Jahrzehnte immer wieder, vor allem unter den Vorzeichen der "sunshine policy", der Sonnenscheinpolitik unter dem ehemaligen Präsident en Kim Dae-Jung um die Jahrtausendwende. In dieser Zeit fiel auch die Entscheidung für den Bau des Industrieparks Kaesong, der gemeinsam genutzten Sonderwirtschaftszone an der Nord-Süd-Grenze.

Wie groß war das Thema in den südkoreanischen Medien?

Das Interesse war natürlich sehr groß, die Medien waren vor allem gestern voll davon. So ein hochkarätiges Spitzentreffen kommt nicht alle Tage vor. Heute wird schon etwas weniger darüber berichtet. Bis zu den nächsten Gesprächen dürfte das Thema aber zunächst einmal wieder aus den Medien verschwinden.

Lars-André Richter ist Landesvertreter der Friedrich-Naumann-Stiftung in Seoul.