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Kopf-an-Kopf-Rennen im Parlamentswahlkampf

Alexander Sawizki / Markian Ostaptschuk20. September 2012

In der Ukraine läuft der Wahlkampf auf vollen Touren. Umfragen sagen ein knappes Ergebnis zwischen Regierung und Opposition voraus. Beobachter kritisieren den politischen Druck auf die Medien.

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Wahlkampf auf dem Kiewer Sophienplatz (Foto: DW)
Wahlkampf auf dem Kiewer SophienplatzBild: DW

Mindestens vier Parteien werden bei der Wahl am 28. Oktober den Einzug in das neue ukrainische Parlament schaffen. Das geht aus einer gemeinsamen Umfrage der unabhängigen ukrainischen Forschungsstiftung "Demokratische Initiativen" und des renommierten Kiewer Rasumkow-Instituts hervor. Danach kommt die regierende Partei der Regionen von Präsident Viktor Janukowitsch auf 28,1 Prozent, die oppositionelle Vereinigung "Vaterland", in der unter anderem die Partei der inhaftierten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko aufgegangen ist, auf 25,6 Prozent der Stimmen.

Mit einem sicheren Einzug ins Parlament kann auch die Partei des Box-Stars Vitali Klitschko "Ukrainische Demokratische Allianz für Reformen" (UDAR) rechnen. Sie erreicht in der Umfrage 11,5 Prozent. UDAR tritt erstmals bei einer Parlamentswahl an. Klitschko verspricht, auf einen EU-Beitritt seines Landes hinzuarbeiten. Außerdem will seine Partei die weit verbreitete Korruption bekämpfen. Als vierte Kraft werden - den Meinungsforschern zufolge - wieder die Kommunisten im Parlament vertreten sein, die derzeit auf 8,2 Prozent kommen.

Vitali Klitschko im Wahlkampf (Foto: DW)
Will Reformen: Box-Star Vitali Klitschko im WahlkampfBild: DW

Zwei weitere Parteien haben Umfragen zufolge Chancen, die nach einer Wahlrechtsreform erstmals geltende Fünfprozenthürde knapp zu überwinden. Das ist die rechtspopulistische "Freiheitspartei", die vor allem in der Westukraine verankert ist. Auch die neue Partei "Ukraine - Vorwärts!" könnte in das Parlament kommen. Die Partei wurde erst Anfang des Jahres gegründet. Vorsitzende ist Natalia Korolewska, die Tochter einer einflussreichen ostukrainischen Unternehmerfamilie. Doch das eigentliche Zugpferd auf der Wahlliste der Partei ist Andrej Schewtschenko, der ehemalige Kapitän der ukrainischen Fußballnationalmannschaft.

Natalia Korolewska und Andrej Schewtschenko (Foto: dpa)
Will ins Parlament: Korolewska setzt auf Andrej SchewtschenkoBild: picture-alliance/dpa

Bewährungsprobe für neues Wahlgesetz

Im vergangenen Jahr hatte das ukrainische Parlament mit großer Mehrheit eine Wahlrechtsreform beschlossen. Sie sieht ein gemischtes Wahlsystem vor. Eine Hälfte der 450 Abgeordneten wird mittels Parteilisten und die andere direkt mittels einfacher Mehrheit in den Wahlkreisen gewählt.

Das neue Gesetz erhielt nicht nur die Unterstützung der Regierungskoalition, der die Partei der Regionen, der Block des Parlamentspräsidenten Wolodymyr Lytwyn sowie die Kommunisten angehören. Julia Timoschenkos Oppositionspartei hatte ebenfalls für das Gesetz gestimmt.

Europarat lobt und mahnt zugleich

Die parteiübergreifende Unterstützung für die Reform lobte Anfang September der Generalsekretär des Europarates, Thorbjorn Jagland, während eines Besuchs in Kiew. "Es ist sehr wichtig, dass die Regierungspartei und die Opposition denselben Regeln folgen", betonte er. Aber die wichtigste Voraussetzung für freie und faire Wahlen sei, dass jede Partei und jeder Kandidat denselben Zugang zu den Medien hätten. Dabei wies Jagland auf das Problem hin, dass mit Julia Timoschenko eine der wichtigsten Oppositionspolitiker inhaftiert ist.

Thorbjorn Jagland in Kiew (Foto: DW)
Will faire Wahlen: Jagland weist auf inhaftierte Politiker hinBild: DW

Die Ex-Regierungschefin sitzt eine siebenjährige Haftstrafe wegen Amtsmissbrauchs ab. Das Oberste Gericht in Kiew hat erst kürzlich ihre Beschwerde gegen das Urteil vom Oktober 2011 abgelehnt. Die Zentrale Wahlkommission hatte eine Kandidatur Timoschenkos bei der Parlamentswahl wegen der Gefängnisstrafe bereits zuvor abgelehnt.

EU-Politiker werfen Präsident Janukowitsch vor, die Justiz für politische Zwecke zu missbrauchen, um die Opposition kaltzustellen. Zumal Timoschenko nicht die einzige Oppositionspolitikerin ist, die Probleme mit der Justiz hat. Janukowitsch weist diese Vorwürfe zurück, genauso wie Berichte, er gehe gegen unliebsame Medien vor.

Wahlbeobachter: Medien unter Druck

Dass aber in der Ukraine Medien zunehmend unter Druck geraten, schreibt in einem ersten Zwischenbericht das europäische Wahlbeobachternetzwerk ENEMO (European Network of Election Monitoring Organizations). Es verlangte, dass Einschränkungen der freien Presse aufgehoben werden.

Demo zur Unterstützung von TVi in Kiew (Foto: DW)
Wollen freie Presse: Demonstranten unterstützen den Sender TViBild: DW/Sawizki

Diese Forderung erhebt auch Mykola Knajschyzkyj, Chef des unabhängigen TV-Senders TVi. 60 Prozent seiner Zuschauer habe der Fernsehsender verloren, weil Kabelanbieter ihn kurzerhand aus ihrem Angebot gestrichen hätten, beklagte er gegenüber der DW. Mitte September hatte ein Kiewer Gericht zudem eine Beschwerde des Senders gegen eine hohe Geldstrafe im Zusammenhang mit einer Steuerprüfung abgewiesen. TVi-Mitarbeiter fürchten nun um ihre Arbeitsplätze, da die Strafe die wirtschaftliche Existenz des Senders bedrohen könnte.