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UN-Resolution zieht die Schlinge um IS enger

Gero Schließ15. August 2014

Der UN-Sicherheitsrat hat einstimmig Sanktionen gegen den "Islamischen Staat" verabschiedet, die den finanziellen und militärischen Nachschub abschneiden sollen. Ein starkes Signal, wie Gero Schließ meint.

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ISIS Kämpfer in Rakka Syrien (Foto: rtr)
Bild: Reuters

Also doch: Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ist handlungsfähig. Was dem mächtigsten UN-Organ beim brutalen Bürgerkrieg in Syrien und im israelisch-palästinensischen Jahrhundert-Konflikt bisher schmerzlich misslang, hat er jetzt im Falle Iraks zustande gebracht: Eine von allen 15 Mitgliedsstaaten verabschiedete Resolution, die es in sich hat: Sie will den Terrorhorden des "Islamischen Staates" (IS) und übrigens auch der in Syrien kämpfenden Al-Nusrah Front durch ein Kappen der Geldquellen die finanzielle Grundlage für ihr grausames Treiben entziehen. Die Finanzierung mit Einnahmen aus den besetzten Ölförderanlagen in Syrien und jetzt auch Irak soll damit unterbunden werden. Das heißt: Geschäfte mit dem IS und Al-Nusrah sind ab sofort verboten. Gleichzeitig nimmt sich der Sicherheitsrat gezielt sechs Financiers der IS vor, die mit Reiseverboten und dem Einfrieren ihrer Guthaben belegt werden.

Gero Schließ (Foto: DW/Per Henriksen)
Gero SchließBild: DW/P. Henriksen

Dabei greift der UN-Sicherheitsrat in ungewohnter Einigkeit zur schärfsten Waffe, die ihm zur Verfügung steht. Er macht Kapitel VII der UN-Charta geltend und damit deutlich, dass es ihm bitter ernst ist. In Kapitel VII werden nämlich wirtschaftliche und militärische Zwangsmaßnahmen angedroht, sollten die Sanktionen unterlaufen werden. Dies ist vor allem eine Warnung für andere, die jetzt noch nicht öffentlich genannt werden. Sie wird wohl besonders aufmerksam in den reichen arabischen Golfstaaten registriert werden, aus denen in den vergangenen Monaten massive Unterstützung für den IS kam. Deshalb liegt in der abschreckenden Wirkung auch der besondere Wert dieser Resolution.

Putins Interesse

Ihr zweiter Teil richtet sich vor allem an die europäischen Staaten und damit auch an Deutschland, aus denen Hunderte von Kämpfern bei IS angeheuert haben. Die Staaten werden aufgefordert, Maßnahmen auf nationaler Ebene ergreifen, um den "Fluss ausländischer Terrorkämpfer" in den Irak zu unterbinden. Auch wenn dieser Teil der Resolution eher unverbindlich formuliert ist: Die Europäer handeln im eigenen Interesse, wenn sie dem Terror-Tourismus einen Riegel vorschieben. Schließlich will keiner von ihnen zu Hause mit radikalisierten Heimkehrern konfrontiert werden.

Dass der Sicherheitsrat so stark agieren konnte, hat auch mit Russlands Stimmverhalten zu tun. Während Wladimir Putin das höchste UN-Gremium im Falle Syriens oder der Ukraine mit Blockaden bis zum heutigen Tage lahmlegt, trägt er die Sanktionen gegen IS mit. Putin handelt im eigenen Interesse: Ähnlich wie der Westen ist auch er alarmiert angesichts einer rapide anwachsenden Terror-Bewegung, für die weder Grenzen noch Regierungen etwas bedeutet, die allenfalls den Koran respektiert und nicht die Weltordnung, so wie sie im Nahen Osten seit dem Zweiten Weltkrieg existiert. Was, wenn der Funke in die muslimischen Bevölkerungsgruppen im Süden Russlands überspränge?

Nackte Realpolitik

Auch wenn es ernüchternd wirkt: Es war nackte Realpolitik und nicht die verzweifelte humanitäre Notlage der Jesiden, Christen und andere religiöser Minderheiten, die schließlich zum einmütigen Votum führten.

Für die USA und die Europäer ist die sanktionsbewährte UN-Resolution der Einstieg in eine längerfristig ausgelegte Strategie zur Bekämpfung von IS. Die humanitäre Nothilfe und die Luftschläge waren dringend notwendige Sofortmaßnahmen. Die Waffenlieferungen an die Kurden, zu denen sich jetzt auch die Europäer entschlossen haben, gehen darüber bereits hinaus. Die jetzige UN-Resolution soll die Schlinge um IS noch enger ziehen und den finanziellen und militärischen Nachschub abschneiden. Ob sie hält, was sie verspricht, hängt auch vom politischen Willen jener ab, die jetzt einmütig zugestimmt haben.