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Beate Zschäpe will ihre Haut retten

29. September 2016

Erstmals hat die mutmaßliche Rechtsterroristin im Münchener Strafverfahren persönlich gesprochen. Neues sagte sie dabei nicht. Ihr Verhalten ist rein taktisch motiviert, meint Marcel Fürstenau.

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Deutschland NSU-Prozess Zschäpe meldet sich zum ersten Mal zu Wort
Bild: picture-alliance/dpa/M. Schrader

Was ist passiert am 313. Verhandlungstag im Prozess gegen den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU)? Die Hauptangeklagte vor dem Münchener Oberlandesgericht trägt vier, fünf Sätze vor - leise und schnell gesprochen. Das ist eine Überraschung, aber keine Sensation. Es wäre eine Sensation gewesen, wenn Beate Zschäpe zur Aufklärung der beispiellosen rassistischen Mordserie beigetragen hätte. Hat sie aber nicht. Denn sie wiederholte lediglich mit wenigen Worten, was einer ihrer Verteidiger schon im Dezember 2015 in Zschäpes Namen verlesen hatte.

Nicht Neues zur Sache

Seinerzeit war es wirklich eine Sensation, weil die Komplizin der mutmaßlichen NSU-Mörder Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos zweieinhalb Jahre nach Prozess-Beginn ihr Schweigen brach. Zschäpes Tenor damals wie heute: Sie sei mal rechtsextrem gewesen, heute nicht mehr. Gewalt lehne sie ab. Mit den Morden habe sie nichts zu tun. Ihr Fehlverhalten bereue sie. Die knappe Erklärung endete mit dem Verweis auf ihre schon vorher erfolgten Stellungnahmen. Davon gab es auch in diesem Jahr welche, als Zschäpe schriftlich gestellte Fragen des Vorsitzenden Richters von ihren Verteidigern beantworten ließ.

Kommentarfoto Marcel Fürstenau Hauptstadtstudio
DW-Hauptstadtkorrespondent Marcel Fürstenau beoabachtet den NSU-Prozess in MünchenBild: DW/S. Eichberg

Für die überraschende persönliche Wortmeldung zu diesem späten Zeitpunkt kommt nur ein Motiv infrage: Die wegen Mordes Angeklagte Beate Zschäpe hofft bei der im kommenden Jahr zu erwartenden Urteilsverkündung auf mildernde Umstände. Doch dafür hätte sie mehr und früher liefern müssen. Stattdessen hat sie lange Zeit das glatte Gegenteil getan. Angeblich auf Anraten der drei Pflichtverteidiger, mit denen sie sich im Laufe des NSU-Prozesses überworfen hat.

Der späte Sinneswandel ist unglaubwürdig

Dass die später hinzugekommenen beiden Anwälte eine andere Strategie verfolgen, dürfte Zschäpe eher schaden als nützen. Denn plötzlich bezichtigte sie ihre beiden toten Freunde, die Morde begangen zu haben. Sie selbst will von allen Taten erst danach erfahren haben und sei entsetzt gewesen. Diese von Selbstmitleid getränkte Aussage passte so gar nicht zum vorher betont selbstbewussten und kühlen Auftreten der Hauptangeklagten im NSU-Prozess.

Sogar flehentliche Appelle von Opfer-Angehörigen, ihr Schweigen doch endlich zu brechen, perlten an Zschäpe ab. Letztlich ist es völlig egal, warum sie nun am 313. Verhandlungstag einen Hauch menschlicher Regung zeigte. Es spielt auch keine Rolle, ob sie es in Absprache mit ihren neuen Verteidigern tat. Dafür ist es viel zu spät. Die Beweisaufnahme dürfte bald abgeschlossen sein. Auch deshalb wirkt Zschäpes Verhalten rein taktisch motiviert. Helfen wird es ihr nicht.

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