1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kobane-Aktivist: "Mehr Waffen, nicht mehr Kämpfer"

Julia Hahn26. Oktober 2014

Noch halten die Kurden in Kobane der Terrormiliz IS stand. Ohne weitere Hilfe aber wird die Stadt fallen, warnt Zara Misto. Der kurdische Medien-Aktivist berichtet aus der Stadt. Die Deutsche Welle hat mit ihm geredet.

https://p.dw.com/p/1DcJA
Kampf um Kobane (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/Kai Pfaffenbach

DW: Herr Misto, wir erhalten unterschiedliche Meldungen darüber, wer gerade die Oberhand hat in Kobane. Was können Sie uns sagen?

Zara Misto: Der IS ist auf dem Vormarsch und wird immer stärker. Sie greifen uns von drei Seiten aus an - aus dem Süden, dem Westen und aus dem Osten. Und sie bekommen Unterstützung aus ihren Hochburgen in Syrien, zum Beispiel aus Al-Rakka. Ständig kommen neue IS-Kämpfer, und sie bringen auch Panzer und schwere Waffen mit.

Was können die kurdischen Kämpfer dem entgegensetzen?

Sie sind schlechter ausgerüstet als der IS, und wir sind hier sehr auf die Luftschläge der Amerikaner angewiesen. Die USA und ihre Verbündeten sollten gezielter die Nachschubrouten des IS bombardieren. Wenn wir nicht bald mehr Unterstützung bekommen, dann fällt Kobane.

Unterstützung soll ja kommen: 150 Peschmerga aus dem Nordirak und 1300 Kämpfer der Freien Syrischen Armee (FSA) werden demnächst in Kobane sein, heißt es. Was versprechen Sie sich von denen?

Wir freuen uns über die Unterstützung durch die Peschmerga, und hoffen, dass sie bald hier eintreffen. Auch das Hilfsangebot der FSA haben wir jetzt angenommen. Aber die kurdischen Verteidiger hier haben schon oft betont, dass sie in erster Linie mehr Waffen brauchen, vor allem schwere Waffen. Kämpfer haben sie eigentlich genug.

Der IS hat Kobane eingekesselt und versucht, die Stadt von der türkischen Grenze abzuschneiden. Wie halten Sie diese Dauerbelagerung überhaupt aus?

In und um Kobane leben immer noch viele Menschen, auch wenn zehntausende schon geflohen sind. Die kurdischen Kämpfer können nicht einfach aufgeben, sie müssen doch unser Volk verteidigen. Wir haben vor dem Einfall des IS in unsere Stadt Lebensmittel-Vorräte für mehrere Monate angelegt. Wir hoffen also, dass wir noch eine Weile durchhalten. Die medizinische Versorgung ist aber schwierig. Verletzte können nur notdürftig behandelt werden, wir haben ja hier auch fast keine Ärzte mehr.

Was, wenn Kobane in die Hände der Islamisten fällt?

Das versuchen die kurdische Verteidiger hier mit allen Kräften zu verhindern, aber wir fordern schon jetzt einen sicheren Korridor, über den wir im Ernstfall in die Türkei kommen können. So viel steht fest: Wenn die IS-Milizen gewinnen, dann werden sie hier jeden töten, ohne Gnade. Kobane ist eine friedliche, freiheitliche Stadt. Der IS wirft uns vor, dass wir Ungläubige seien, keine richtigen Muslime. Sie wollen, dass unsere Frauen zu Hause bleiben und sich verschleiern, sie wollen ihnen verbieten zu studieren oder Auto zu fahren. Soll das etwa unsere Zukunft sein?

Das Interview führte Julia Hahn, z.Zt. Suruc, Türkei.

Zara Misto berichtet seit Beginn der Kämpfe für eine kurdisch-sprachige Website aus Kobane. Die DW hat mit ihm telefoniert.