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Katholische Kirche: Austritte auf Rekordniveau

17. Juli 2015

Papst Franziskus wird mancherorts als eine Art Popstar gefeiert. Und trotzdem wenden viele Katholiken ihrer Kirche den Rücken zu. Grund dafür sind nicht nur die Kirchensteuer und Skandale.

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Ein Mann geht aus der Kirche (Foto: dpa)
Richtung Ausgang: 2014 traten exakt 217.716 Katholiken aus ihrer Kirche ausBild: picture-alliance/dpa/I. Wagner

Für die katholische Kirche ist die neue Austrittswelle ein herber Schlag. Seit Jahrzehnten sind nicht so viele Gläubige ausgetreten wie im vergangenen Jahr. Daran konnte nicht einmal der beliebte Papst Franziskus rütteln.

2014 haben 217.716 Menschen beschlossen, dass sie keine Katholiken mehr sein wollen - zumindest offiziell. Das besagt eine in Bonn veröffentlichte Statistik der Deutschen Bischofskonferenz. Diese Zahl übertrifft das bisherige Rekordniveau: Auf der Höhe des Missbrauchsskandals im Jahr 2010 traten genau 181.193 Mitglieder aus. Insgesamt gibt es in Deutschland jetzt noch knapp 24 Millionen Katholiken, das macht rund 29 Prozent der Bevölkerung aus.

Grund für diesen Negativrekord könne sein, dass der Kirchensteuereinzug auf Kapitalvermögen Unruhe und finanzielle Ängste gestiftet habe, so die erste Reaktion einiger Kirchenvertreter. "Viele Menschen haben hier fälschlicherweise geglaubt, es handle sich um eine Steuer", erklärte der Bischof von Münster, Felix Genn. Seit Anfang 2015 leiten Banken und Sparkassen die Kirchensteuer auf Kapitalerträge oberhalb des Sparerfreibetrags automatisch an die Finanzämter weiter.

Fehlende Identifikation

Die Kirche dürfe es sich allerdings auch nicht zu einfach machen und alles auf diese Erklärung schieben, warnte Glenn. Religionssoziologen etwa reden davon, dass Menschen generell weniger mit der Kirche verbunden seien. Laut einer Umfrage des Bistums Münster von 2013 sind dort rund ein Fünftel aller Katholiken "austrittsgefährdet". Die Gläubigen identifizierten sich demnach nicht mehr sehr stark mit ihrer Kirche. Und umso stärker sei dann der Einfluss allgemeiner Stimmungen in der Gesellschaft.

Ein Beispiel dafür könnte das Drama um den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-von Elst sein. Noch im März war deswegen der Austrittwunsch vieler Katholiken besonders groß. Es sei den Bischöfen schmerzlich bewusst, dass sie die Menschen mit ihrer Botschaft nicht erreichten, sagte Kardinal Reinhard Marx, der Vorsitzende der Bischofskonferenz.

Christian Weisner, der Sprecher der katholischen Laienorganisation "Wir sind Kirche" beklagte: "Der Geist von Franziskus ist noch nicht so in Deutschland spürbar, wie es sein müsste. Diese Kontrollwut, wie wir sie auch von Papst Benedikt erlebt haben - das muss vorbei sein." Was aktuell brisante Fragen betrifft - etwa die Position von Homosexuellen oder wiederverheirateten Geschiedenen - fährt die Deutsche Bischofskonferenz einen vorsichtigen Reformkurs.

Auch Protestanten kehren ihrer Kirche den Rücken

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) muss ebenfalls mit schwindenden Mitgliederzahlen leben. Sie musste einen Verlust von 410.000 Mitgliedern hinnehmen. Anders als die katholische Kirche hat die EKD noch nicht zwischen Todesfällen und Austritten unterschieden. Die Landeskirchen der EKD zählen jetzt noch 22,6 Millionen Mitglieder. Die Protestanten bilden damit nach den Katholiken die zweitgrößte Glaubensgemeinschaft in Deutschland.

ms/haz (dpa, kna, epd)