1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikAsien

Iran: Immer mehr Druck auf Geflüchtete aus Afghanistan

Shabnam von Hein
8. Dezember 2023

Im Iran wurden Arbeits- und Aufenthaltsverbote für afghanische Migranten weiter verschärft. Die Medien hetzen seit Monaten gegen die Geflüchteten.

https://p.dw.com/p/4ZwBH
Grenze Iran Afghanistan | Ausweisung von afghanischen Migranten
Zahlreiche Geflüchtete aus Afghanistan wurden wieder aus dem Iran abgeschoben - wie hier nach Islam Qala, eine Grenzstadt in der afghanischen Provinz HeratBild: Mohsen Karimi/AFP/Getty Images

Am 3. Dezember erließ der Oberste Nationale Sicherheitsrat im Iran ein Arbeits- und Aufenthaltsverbot für afghanische Staatsangehörige in 16 der insgesamt 31 Provinzen des Landes. Diese Anordnung wurde an die betroffenen Provinzen weitergeleitet, wie iranische Medien berichteten. Ziel dieser Maßnahme sei es, die "illegale Migration aus Afghanistan" zu kontrollieren. Unter den betroffenen Provinzen befindet sich auch Kermanshah. Dort wurde bereits im März 2023 ein achtstufiger Plan eingeführt, um illegale Flüchtlinge in der gesamten Provinz aufzuspüren, festzunehmen und abzuschieben, berichtete der Direktor der Ausländer- und Einwanderungsbehörde. Zudem wurde eine Hotline für Hinweise aus der Bevölkerung eingerichtet. 

"Das ist für uns nichts Neues", berichtet die 30-jährige Zahra (Name geändert) im Gespräch mit der DW. Aus Angst, von den Behörden erkannt und schikaniert zu werden, möchte Zahra anonym bleiben. "Ich bin im Iran geboren und aufgewachsen. Meine Familie lebt seit fast 40 Jahren legal in diesem Land. Meine Eltern haben sich als Flüchtlinge registrieren lassen. Eine Generation später werden wir immer noch als Flüchtlinge betrachtet. Für uns gab es immer Einschränkungen in der Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis. " 

Keine Chance auf Integration  

Seit 40 Jahren fliehen Afghanen vor Bürgerkrieg, Armut und nun vor den Taliban in den Iran. Schätzungen des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) zufolge leben etwa drei Millionen Afghanen im Iran. Rund 750.000 davon sind als Flüchtlinge registriert. Etwa 500.000 sind Einwanderer mit kurzfristiger Aufenthalts- und eingeschränkter Arbeitserlaubnis. Andere Flüchtlinge besitzen keinerlei Papiere. Sie gelten als illegal. Viele von ihnen arbeiten als billige Arbeitskräfte auf Baustellen oder in Unternehmen am Rande der Großstädte und werden aufgrund ihres rechtlosen Status oft rücksichtslos ausgebeutet. 

Aber selbst registrierte Flüchtlinge verfügen über keine Rechtsicherheit. Zahra erzählt: "Unsere Aufenthaltserlaubnis muss jedes Jahr erneuert werden. Überall müssen wir uns als Flüchtlinge anmelden, sei es beim Bäcker, bei Behörden oder anderswo. Wir bekommen keine Chance, ein Teil dieser Gesellschaft zu werden. Solche Verbote bedeuten, alles noch einmal zu verlieren zu können und in Angst und Unsicherheit nach einem neuen Platz suchen zu müssen." 

Hetzte und Proteste gegen Geflüchtete  

Seit der Machtübernahme der Taliban sollen zusätzlich eine Million Menschen aus Afghanistan in den Iran geflohen sein. Aus Angst vor Verhaftung und Abschiebung lassen sich viele von ihnen nicht registrieren und tauchen unter. Die Stimmung gegenüber Geflüchteten ist seit Monaten aufgeheizt. Sowohl im Internet als auch in den traditionellen Medien finden sich nahezu täglich Berichte über vermeintlich "kriminelle Flüchtlinge". 

Am ersten Dezember kam es in der Stadt Meybod im Zentrum des Irans sogar zu Massenprotesten gegen afghanische Flüchtlinge. Zuvor war ein junger Mann bei einer Auseinandersetzung durch Messerstiche ums Leben gekommen. Obwohl die Untersuchungen noch im Gange sind, behaupten einige Medien, dass die Angreifer Afghanen gewesen seien, was die Proteste auslöste. Diese eskalierten und mündeten in einen Sturm auf die Häuser geflüchteter Afghanen in einer Siedlung am Stadtrand. Die Forderung der Demonstranten: Die Afghanen sollen die Stadt verlassen. 

"Wir werden die Abschiebungen beschleunigen", kündigte der Innenminister Ahmad Vahidi am 6. Dezember an. Laut Vahidi hat die Regierung die Zusammenarbeit mit den Taliban verstärkt, um illegale Flüchtlinge schneller abschieben zu können. Nach Angaben des Innenministeriums wurden in den letzten Monaten 400.000 "illegale Einwanderer" nach Afghanistan abgeschoben. Der amtierende stellvertretende Premierminister Afghanistans, Mullah Abdul Ghani Baradar, war Anfang November zu einem offiziellen Besuch in Teheran und versprach eine "effektive" Koordinierung zwischen beiden Ländern. 

Pakistan droht 1,7 Millionen Afghanen mit Ausweisung