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Höchstes Gericht Indiens streicht Sonderstatus für Kaschmir

11. Dezember 2023

Die Himalaya-Region Kaschmir bekommt ihren Sonderstatus in Indien nicht zurück. Das Oberste Gericht erklärte eine entsprechende Entscheidung der Regierung in Neu Delhi von 2019 für rechtens.

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Indien | Kaschmir-Konflikt
Zwei Juristen vor dem Obersten Gericht in Neu DelhiBild: Adnan Abidi/REUTERS

Das Oberste Gericht in Indien hat die Aufhebung des halbautonomen Status der Unruheregion Kaschmir durch die indische Regierung bestätigt. Der 2019 erfolgte Schritt sei "ein Schlusspunkt des Integrationsprozesses und als solcher eine gültige Machtausübung", erklärten die Richter. Zugleich riefen sie dazu auf, den ehemaligen Bundesstaat Jammu und Kaschmir, der sich aus zwei Regionen zusammensetzte, "schnellstmöglich" zu einem Bundesstaat mit demselben Status wie alle anderen indischen Staaten werden zu lassen.

Die pro-indischen Parteien in Kaschmir, die örtliche Anwaltskammer sowie Einzelpersonen hatten die Aufhebung des Sonderstatus angefochten. Das Gericht ordnete nun überdies an, dass bis zum 30. September 2024 dort Wahlen stattfinden müssten.

Juristisches Wahlgeschenk für die BJP?

Der indische Premierminister Narendra Modi begrüßte den Richterspruch. Nach Ansicht von Beobachtern dürfte die Entscheidung des Gerichts seine hindunationalistische Bharatiya Janata Partei (BJP) vor der anstehenden Wahl im nächsten Jahr stärken. Modis Regierung hatte im Jahr 2019 den Sonderstatus Kaschmirs aus der indischen Verfassung gestrichen - und das Gebiet unter direkte Kontrolle Neu Delhis gestellt.

Indien BJP Modi Wahlen
Der indische Ministerpräsident Narendra Modi Bild: AP Photo/picture alliance

Das Vorgehen der Zentralregierung ging einher mit einer Ausgangs- und einer monatelangen Kommunikationssperre sowie massenhaften Festnahmen. Die Pressefreiheit und weitere Bürgerrechte wurden seit Aufhebung des Sonderstatus drastisch eingeschränkt. Derweil stockte Indien seine Truppen im indischen Teil des Gebietes auf, um Proteste zu unterbinden.

Die indische Verfassung hatte Kaschmir in Artikel 370 weitgehende Sonderrechte zugesichert. Unter anderem war der Bundesstaat Jammu und Kaschmir berechtigt, seine eigene Verfassung zu haben. Außerdem durften nur Menschen aus Kaschmir im Himalaya-Tal Land erwerben und sich dort ansiedeln. Auch wenn die Autonomie des Bundesstaates in den letzten Jahrzehnten zunehmend ausgehöhlt wurde, hatte sie einen enormen symbolischen Wert für die Bevölkerung.

Schleichende Hinduisierung befürchtet

Der Sonderstatus galt als ein klares Bekenntnis zu einem säkularen Indien, für das sich Staatsgründer und Unabhängigkeitskämpfer wie Mahatma Gandhi und Jawaharlal Nehru eingesetzt hatten. Viele Menschen im mehrheitlich von Muslimen bewohnten Kaschmir befürchten, dass die Region mit der Aufhebung der weitgehenden Autonomie "hinduisiert" werden soll. Die regierende Bharatiya Janata Partei war mit dem Wahlversprechen angetreten, Kaschmir voll in das mehrheitlich hinduistische Indien zu integrieren.

Indien | Kaschmir-Konflikt
Paramilitärisches Personal ist in der Stadt Srinagar in Kaschmir auf den Straßen präsentBild: Tauseef Mustafa/AFP/Getty Images

Die Rücknahme der Sonderrechte von Jammu und Kaschmir und die Teilung des Gebietes ist eine der weitreichendsten Verfassungsänderungen in Indien seit der Unabhängigkeit 1947. Der Kaschmir-Konflikt besteht seit mehr als 70 Jahren - seit das ehemalige Kolonialreich Britisch-Indien unabhängig ist und in Indien und Pakistan geteilt wurde. Seitdem reklamieren beide Länder die Bergregion für sich. Die verfeindeten Atommächte haben bereits drei Kriege um Kaschmir geführt. Seit 1989 kämpfen mehrere Rebellengruppen teils für die Unabhängigkeit der Region, teils für mehr Autonomie oder ihren Anschluss an Pakistan.

kle/se (afp, epd, dpa, rtre)