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Hollywood-Schauspieler besiegeln Streikende mit Vertrag

Scott Roxborough
6. Dezember 2023

Die Mitglieder der US-Schauspielergewerkschaft haben nach einem historischen Streik einer neuen Vereinbarung mit Studios und Streamingdiensten zugestimmt. Es bahnt sich eine Machtverschiebung in Hollywood an.

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US-Komikerin Sarah Silverman während des Schauspieler-Streiks in Hollywood
Auch Prominente wie Sarah Silverman schlossen sich dem Streik in Hollywood anBild: Chris Pizzello/AP/dpa/picture alliance

Einen Streik dieses Ausmaßes hat es in Hollywood noch nie gegeben. Nach fast fünfmonatigen Verhandlungen hat sich die amerikanische Schauspielergewerkschaft SAG-AFTRA auf einen neuen Dreijahresvertrag mit der Alliance of Motion Picture and Television Producers (AMPTP) geeinigt, die die großen Studios, US-Fernsehsender und Streamingdienste wie Netflix, Amazon und Apple TV+ vertritt. Die Mitglieder der SAG-AFTRA haben den Vertrag in einer Abstimmung am Dienstag mit überwältigender Mehrheit gebilligt. Die Gewerkschaft gab an, dass 78 Prozent ihrer Mitglieder, die an der Abstimmung teilnahmen, dem Mehrjahresvertrag zugestimmt haben.

Der Streik der Schauspielerinnen und Schauspieler und der WGA, der Gilde der Drehbuchautorinnen und Drehbuchautoren Hollywoods, hat fast die gesamte Film- und Fernsehproduktion in den Vereinigten Staaten lahmgelegt.

Längster Streik Hollywoods endet nach 118 Tagen

Erfolgsserien wie "Emily in Paris", "The Last of Us", "Law and Order", "The White Lotus", "Yellowstone" sowie die Blockbuster-Filme "Avatar 3" und "Avatar 4", "Gladiator 2", "Transformers", "Spider-Man" und "Superman" mussten auf Eis gelegt werden. Zehntausende Beschäftigte, von Schauspielern über Bühnenbildner und Tontechniker bis hin zu Maskenbildnern, verloren ihren Arbeitsplatz. Der Schaden für die US-Wirtschaft geht in die Milliarden.

Hollywood erwacht aus dem Dornröschenschlaf

Der Streik hat auch Hollywoods Marketingsystem stark beeinträchtigt, da es den Schauspielern untersagt war, bei Premieren und Veranstaltungen auf dem roten Teppich für ihre Filme zu werben, solange die Verhandlungen noch liefen. Einige Filme, insbesondere "Dune 2" und "Challengers", beide mit Zendaya in der Hauptrolle, verschoben ihren Start vorsorglich auf nächstes Jahr, um sicherzustellen, dass ihre Stars auch für Werbung zur Verfügung stehen.

Das Ende des Streiks rettet auch die Oscar-Saison, die mit Auftritten der potenziellen Preisträgerinnen und Preisträger in Talkshows und Magazinen beginnt. Dass Hollywood nun aus seinem Dornröschenschlaf erwacht, könnte aber auch Probleme mit sich bringen. Da neue Filme und Serien schnell produziert werden müssen, könnte es zu Engpässen kommen, wenn die Nachfrage nach Schauspielern, Kameraleuten, Cuttern und Kostümbildnern das Angebot übersteigt. Aber das wäre ein geringer Preis für die Wiederbelebung der Traumfabrik. Vor allem die Filmstudios wollen unbedingt noch in diesem Jahr zu einer Einigung kommen, um einen Teil ihres Fernsehprogramms zu retten und noch vor dem nächsten Sommer genügend Filme produzieren zu können.

Streikende Schauspieler in LA halten Schilder in die Luft.
Fast fünf Monate dauerte der Streik in Hollywood anBild: MediaPunch/IMAGO

Gewerkschaften konnten Lohnerhöhungen aushandeln

Wie bei jeder Vertragsverhandlung ging es auch diesmal um die Gagen, und mit dem neuen Vertrag hat die SAG-AFTRA für ihre Mitglieder eine beträchtliche Erhöhung der Mindestsätze, das heißt der täglichen Gagen eines gewerkschaftlich organisierten Schauspielers bei Film- und Fernsehaufnahmen, durchgesetzt.

Doch das eigentliche Schlachtfeld war die Zukunft der Branche: Der richtige Umgang mit neuen Technologien wie Streaming und künstlicher Intelligenz hing wie eine dunkle Wolke über den Verhandlungen. Hollywoods Kreative fühlten sich von den globalen Streaminganbietern für ihre Arbeit nicht angemessen entlohnt. Ein Schauspieler oder Drehbuchautor, der an einer Fernsehserie mitwirkt, erhält in der Regel eine Vorabvergütung sowie einen Ausgleich oder eine Restvergütung, wenn die Serie wiederholt, an einen Kabelsender oder einen internationalen Sender verkauft wird.

Szene aus der Netflix-Serie "Emily in Paris"
Was treibt Emily als Nächstes in Paris? Die Netflix-Serie "Emily in Paris" konnte wegen des Streiks nicht fortgesetzt werdenBild: Netflix/AP Photo/picture-alliance

Netflix und Co. haben dieses Modell durchbrochen, indem sie Buy-out-Deals abgeschlossen haben, bei denen sie ihren Talenten einen einmaligen Pauschalbetrag zahlen, um eine Serie dauerhaft auf ihrer Plattform anzubieten. Im Rahmen der neuen SAG-AFTRA-Vereinbarung erhalten diejenigen, die an großen Streaming-Serien und -Filmen arbeiten, eine 100-prozentige Erhöhung ihrer Leistungszulage, wenn ihre Arbeit ein Erfolg wird, also wenn sie eine bestimmte Zuschauerzahl überschreitet. Auch wenn dies für die meisten Gewerkschaftsmitglieder wahrscheinlich nicht viel bedeuten wird - nur wenige Netflix-Serien werden ein Hit -, stellt es doch eine große Veränderung dar, da Streaminganbieter verpflichtet werden, ihre Gewinne mit den Menschen zu teilen, die ihre Shows produzieren.

Künstliche Intelligenz war Streitthema in Hollywood

Künstliche Intelligenz (KI) war ein noch größerer Streitpunkt, da die Gewerkschaften entschlossen waren, die Nutzung der neuen KI-Technologie durch Studios und Streaminganbieter einzuschränken. Insbesondere Schauspielerinnen und Schauspieler waren besorgt, dass Studios und Streaminganbieter KI-Scans ihrer Gesichter oder Stimmen für ihre Produktionen verwenden könnten, ohne sie dafür zu entschädigen. Sie halten die KI für eine reale Bedrohung.

Scarlett Johansson vor einem Trümmerfeld in dem Film "Black Widow"
In "Black Widow" spielte die echte Scarlett Johansson - doch sie fürchtet sich davor, dass eine KI sie ersetzen könnteBild: Marvel Studios/Disney/AP/picture alliance

"Black Widow"-Star Scarlett Johansson hat kürzlich eine KI-Anwendung verklagt, die ihren Namen und ihr Bild ohne ihre Zustimmung in einer Online-Werbung verwendet hat. Im Oktober warnte Tom Hanks seine Fans auf Instagram vor einer möglichen Machtverschiebung in Hollywood. Die Studios haben Grund zur Sorge. Ihr Vertrag mit der International Alliance of Theatrical Stage Employees, der Gewerkschaft der Techniker und Handwerker, läuft im November 2024 aus. Ein weiterer Streik, der Hollywood in die Knie zwingen könnte, zeichnet sich bereits ab.

Dies ist eine aktualisierte Fassung des Artikels vom 9.11.2023.

Adaption aus dem Englischen: Sabine Oelze